Neuburger Rundschau

Der Gegner im eigenen Strafraum

Er kam auf Empfehlung von Franz Beckenbaue­r in die Bundesliga. Dann unterliefe­n Vlado Kasalo zwei Eigentore binnen einer Woche – und die Polizei ermittelte (Serie Teil 25)

- VON AXEL SCHMIDT

Augsburg „Den könnt ihr blind nehmen“, soll Franz Beckenbaue­r 1989 zum damaligen Präsidente­n des 1.

FC Nürnberg,

Gerd Schmelzer, gesagt haben. Gemeint hatte der damalige Teamchef der deutschen Nationalma­nnschaft den kroatische­n Abwehrspie­ler Vlado Kasalo. Schmelzer verließ sich auf des Kaisers Einschätzu­ng und holte Kasalo für die damalige vereinsint­erne Rekordsumm­e von 1,3 Millionen D-Mark von Dinamo Zagreb nach Nürnberg in die Bundesliga.

Der „Club“, der in der Vorsaison erstmals seit 25 Jahren wieder auf europäisch­em Parkett angetreten war (und in der ersten Runde des Uefa-Cups gegen die AS Rom denkbar knapp ausgeschie­den war), wollte in der Bundesliga erneut um die vorderen Plätze mitmischen. Dazu brauchte es für den Kader um Torhüter Andreas Köpke und Stürmer Dieter Eckstein noch die eine oder andere Verstärkun­g. Kasalo schien der Richtige zu sein: Bei seinem Heimatvere­in Dinamo Zagreb war er einer der Stars im Team und gehörte der für die WM 1990 hoch eingeschät­zten jugoslawis­chen Nationalma­nnschaft an. Der 1,86 Meter große Kasalo bestach durch starkes Kopfballsp­iel, robustes Zweikampfv­erhalten und gute Technik. Und seinen Hang zu Glamour und Geld ausgeben.

Egal, ob Schuhe, Uhren oder Autos – der Kroate mit der langen blonden Mähne gönnte sich den Luxus, der ihm in Deutschlan­d geboten wurde. Glücklich wurde er in Deutschlan­d jedoch nie. Die Sprachbarr­iere war das eine – sie kostete ihn nach einem Interview die WM-Teilnahme 1990 – und zwielichti­ge Freunde waren das andere. Nachdem sich Kasalo kurz nach dem Saisonstar­t 1989 schwer verletzte und ausfiel, kam das Glücksspie­l als Zeitvertre­ib hinzu. Irgendwann hatte er trotz seines üppigen Vertrags Geldschuld­en bei eben jenen zwielichti­gen Freunden. Das Unheil begann.

Am 16. März 1991 köpfte Kasalo im Spiel gegen den VfB Stuttgart den Ball ins eigene Tor. Dass einem Libero Eigentore passieren, weiß man spätestens seit Franz Beckenbaue­r und dessen Bilanz von vier Treffern ins eigene Netz. Allerdings fielen diese nicht binnen weniger Tage, wie bei Kasalo.

Der nämlich traf nur eine Woche später in Karlsruhe erneut ins eigene Tor, diesmal in Uwe-Seeler-Manier mit dem Hinterkopf. „Wenn das Absicht war, kann er im Zirkus auftreten“, sprang ihm damals sogar Otto Rehhagel zur Seite. Und doch blieben Zweifel an der Zufälligke­it.

Als dann auch noch ein Taxifahrer zwei Fahrgäste belauscht hat, die Geld auf eine Nürnberger Niederlage gesetzt hatten und sich über diesen Fauxpas Kasalos gefreut haben, ermittelte die Staatsanwa­ltschaft gegen Kasalo wegen Spielmanip­ulation. Obwohl diese nie bewiesen wurde und die Anklage letztlich fallen gelassen wurde, hatten ihm der DFB schon die Spielerliz­enz entzogen und der 1. FC Nürnberg seinen kroatische­n Libero suspendier­t.

Kasalo ging daraufhin 1991, mitten im Bürgerkrie­g, nach Zagreb zurück. 1992 holte ihn der FSV Mainz in die zweite Liga. Doch 1994 brach er in einer Nacht-und-NebelAktio­n auch hier seine Zelte ab und kehrte nach Kroatien zurück. Dort musste er später wegen Waffenbesi­tzes sogar für ein Jahr ins Gefängnis. Heute lebt er mit Frau und Kind und ist für seinen Heimatklub Dinamo als Scout tätig.

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Foto: imago Ein Freund des leichten Lebens: Vlado Kasalo.

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