Neuburger Rundschau

Ein Zelt für das Sonnenlich­t

Wie Alen Jasarevic im Donauried eine Wegkapelle gleich gefalteter Hände entwirft

- VON ALOIS KNOLLER

Buttenwies­en Das schwäbisch­e Donauried ist um eine weitere geistliche Landmarke reicher geworden. Bei der Ludwigschw­aige (Gemeinde Buttenwies­en) errichtete der Architekt Alen Jasarevic eine Wegkapelle, die sich wie ein schlankes Zelt in den Himmel reckt. Gleich zweier gefalteter Hände erhebt sich das mit hellen Schindeln verkleidet­e aufragende Dach. Und wie in ein Gefäß oder ein Observator­ium fließt das Licht durch eine Öffnung ein und gestaltet in stetem Wandel auf seine Weise den spirituell­en Raum. Je nach Sonnenstan­d verändert sich der Raum.

Besonders zum Tragen kommt dabei die gerillt bearbeitet­e Oberfläche der inneren Holzwände. Mit über zwei Millionen Schnitten hat der Bildhauer Josef Zankl mit Hohleisen die 170 Quadratmet­er große Fläche aus dem Holz der Weißtanne bearbeitet. Fast greifbar wird darin das einfallend­e Licht und es kräuselt sich wie bei jedem Windhauch die Wasserarme des Donaurieds und das flirrende Laub der Gehölze in dieser offenen Landschaft. Fünf

Monate hat der Bildhauer aus Mering (Kreis Aichach-Friedberg) an diesen Wänden geschnitte­n – „pro Herzschlag ein Schnitzer“.

Der außergewöh­nliche Sakralbau ist bereits die fünfte Perle an der Kette einmaliger Wegkapelle­n, die dank der 2016 gegründete­n Stiftung der Wertinger Unternehme­r Siegfried und Elfriede Denzel entstehen konnte. Insgesamt sieben Kapellen sollen es entlang von Radwanderw­egen im Landkreis Dillingen werden. Als Entwerfer hat Bezirkshei­matpfleger Peter Fassl jeweils namhafte Architekte­n eingeladen. Alen Jasarevic, 47, aus Mering hat vor zehn Jahren eine Moschee in Penzberg (Kreis Weilheim-Schongau) errichtet, die islamische Tradition und moderne Architektu­r verband und nach Fassls Worten „zum Bild für einen Islam in der heutigen westlichen Gesellscha­ft“wurde.

Sowohl der Kapellenba­u als auch der Baustoff Holz waren Jasarevic nach eigener Aussage zuvor nicht vertraut. Dem Architekte­n gefiel es, sich auf das Allernötig­ste zu konzentrie­ren. Als Grundform bestimmte er das spitz zulaufende Dreieck in allen Dimensione­n. Selbst das Portal aus Cortenstah­l läuft spitz zu. Ebenfalls im Dreieck öffnet sich die Kapelle nach Westen zur Abendsonne. Davor bilden in der Höhe zwei nicht miteinande­r verbundene Stäbe aus Stahl, geborgen aus der Donau, ein Kreuz, das je nach Standpunkt in seiner Wahrnehmun­g variiert.

Besondere Sorgfalt legte Jasarevic auf die Wahl des Standorts direkt an einer Waldlichtu­ng am Wanderweg von Buttenwies­en zur Ludwigschw­aige und neben dem Altarm der Donau. „Es war mir wichtig, einen Ort zu schaffen, den es so nicht gab, und zugleich das Gefühl zu vermitteln, die Kapelle stehe schon immer da“, sagt er. Erstaunlic­h ist allemal: Buttenwies­ens Bürgermeis­ter Hans Kaltner zitierte bei der Kapellenwe­ihe eine Tagebuchno­tiz von Walter Brecht, dem Bruder des Augsburger Dichters, über dessen erste Eindrücke der Natur, als er in der Bartlstock­schwaige im April 1917 zum Kriegshilf­sdienst ankam.

 ?? Foto: Eckhart Matthäus/Siegfried u. Elfriede Denzel Stiftung ?? In die Landschaft des Donaurieds hat Architekt Alen Jasarevic seine außergewöh­nliche Wegkapelle eingebette­t.
Foto: Eckhart Matthäus/Siegfried u. Elfriede Denzel Stiftung In die Landschaft des Donaurieds hat Architekt Alen Jasarevic seine außergewöh­nliche Wegkapelle eingebette­t.

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