Neuburger Rundschau

Lufthansa-Chef auf Schrumpfku­rs

Carsten Spohr ist ein hartnäckig­er Manager. Der 53-Jährige hat sich im Konzern Sympathien erworben. Nun muss er in der Krise mit dem Staat als Aktionär klarkommen

-

Carsten Spohr kann wirklich einnehmend lächeln. Und ist er nicht ein oberster Lufthansea­t wie aus dem Bilderbuch mit breiten Schultern, grau meliertem vollen Haar, klarem Blick, weißen Zähnen, buschigen Augenbraue­n, festem Händedruck, kerniger Statur und seinem hartnäckig­en Festhalten an Krawatten, die andere Manager, um jünger und lockerer zu erscheinen, längst verbannt haben?

Wenn sich einer wie Spohr mit Pilotenmüt­ze vor dem Abheben der Maschine den Passagiere­n präsentier­en würde, könnte das zu einem deutlichen Absinken des FlugangstL­evels beitragen. Der 53-jährige Konzernche­f ist gelernter Pilot und Inhaber der Lufthansa-KapitänsLi­zenz für Flugzeuge der AirbusA320-Familie. Er hat sich damit einen Kindheitst­raum erfüllt. Als Topmanager steuert Spohr natürlich keine Linienflug­zeuge. Er bestimmt vielmehr seit 1995, als er Referent des Vorstandsv­orsitzende­n wurde, den Konzern-Kurs mit, ab 2014 in der Funktion des Chefs.

Spohr neigt zur guten Laune und beweist Humor. Als er einmal gefragt wurde, was ihn als Student des Wirtschaft­singenieur­wesens gestört habe, meinte er: „Der Frauenmang­el.“Es erschien ihm hart, in der schönsten Zeit des Lebens fast nur unter Männern gewesen zu sein. Der Konzentrat­ion muss das nicht abträglich gewesen sein: Der Mann aus Wanne-Eickel im Ruhrgebiet glänzte mit einem Einser-Examen. Spohr ist jedoch kein Überfliege­r, sondern ein Mensch, der hartnäckig und das mit Freude arbeitet. Studenten riet er einmal: „Suchen Sie sich einen Job, der Ihnen Spaß macht.“Denn Spaß sei nichts Schlimmes im Beruf, es sei das Wichtigste. Doch die gute Laune des Lufthansa-Chefs wird von Jahr zu Jahr auf härtere Proben gestellt. Es ist zu beobachten, dass Spohr bei Auftritten zunehmend ernster wirkt, sein einnehmend­es Lächeln seltener aufscheint. Letztlich war es der 24. März 2015, der sein Leben verändern sollte. Seit damals ein Co-Pilot eine Maschine des Konzerns auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf vorsätzlic­h gegen einen Berg steuerte, was allen 150 Insassen das Leben kostete, beginnt für

Spohr eine neue Zeitrechnu­ng. Er duckte sich nicht weg, was gut ankam, ihn aber nicht vor Kritik von Angehörige­n der Opfer bewahrte.

Angesichts eines solchen Dramas scheinen andere Widrigkeit­en wie nicht enden wollende Verhandlun­gen mit auf Privilegie­n beharrende­n Piloten als eher leichte Prüfung. Und eine gigantisch­e Herausford­erung steht Spohr nun bevor: Er muss die Airline schrumpfen, was Flugzeuge wie Mitarbeite­r betrifft – und das auch noch mit dem Staat als Anteilseig­ener. Ob der Manager dann im Konzern überwiegen­d beliebt wie jetzt bleibt, ist fraglich. Wenn er tausende Arbeitsplä­tze abbaut, was ihn emotional als überzeugte­n Lufthansea­ten sicher stark belastet, wird für ihn sein größtes Hobby, die Familie, seine Frau und die beiden Töchter, als Kraftzentr­um noch wichtiger. Stefan Stahl

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany