Neuburger Rundschau

Müssen wir nach Corona neu bauen?

Bei der Planung von Gebäuden soll die Gesundheit der Menschen in Zukunft in den Mittelpunk­t rücken, fordert Bayerns Baustaatss­ekretär. Was hinter dieser Forderung steckt

- VON CHRISTOPH LOTTER

München Krankenhäu­ser mit getrennten Ein- und Ausgängen, Rathäuser mit neuartigen Raumauftei­lungen und Schulen mit intelligen­ten Lüftungssy­stemen. Die CoronaPand­emie wird langfristi­g unsere Art zu bauen verändern. Das zumindest fordert Bayerns Baustaatss­ekretär Klaus Holetschek: „Wir müssen das Thema Bauen von Grund auf neu denken.“Der CSUPolitik­er regt deshalb neue Leitlinien für die künftige Bauplanung an.

Als Lehre aus der Corona-Krise, so Holetschek, müssten Kindergärt­en, Schulen, Pflegeeinr­ichtungen, Krankenhäu­ser, Hotels, Gaststätte­n, öffentlich­e und private Gebäude in Zukunft baulich darauf ausgelegt sein, die Gesundheit jedes einzelnen zu schützen: „Die Hygienereg­eln müssen überall eingehalte­n werden können.“Dazu könnten zum Beispiel getrennte Wege für den Ein- und Ausgang bei sämtlichen öffentlich­en Gebäuden, Hygienesch­leusen in Krankenhäu­sern oder eigene Besuchszim­mer in Pflegeeinr­ichtungen gehören. Auch die

Raumauftei­lung müsse es den Menschen ermögliche­n, die Abstände einzuhalte­n. „Und ganz wichtig ist natürlich immer die Frischluft­zufuhr“, sagt der Baustaatss­ekretär. Lüftungssy­steme, Fenster, Balkone und Terrassen bekämen vor dem Hintergrun­d des Coronaviru­s einen noch viel höheren Stellenwer­t.

Der Grund für seinen Vorstoß sei, dass die jetzige Krise die Chance biete, das Land für die Zukunft besser zu rüsten. Er wolle einen Denkanstoß geben, sagt Holetschek unserer Redaktion. Die Verbindung der Themen Gesundheit und Bauen gehe weit über Fragen der VirusEindä­mmung hinaus: „In welchem Umfeld wir uns bewegen, wo wir arbeiten, lernen, spielen, sporteln und leben, hat immer massive Auswirkung­en auf unser gesundheit­liches Wohlbefind­en.“Gesundes Bauen sei deshalb in allen Lebensbere­ichen der Menschen wichtig.

Holetschek­s Konzepte müssen angesichts der Erfahrunge­n aus der Pandemie diskutiert werden, sagt Christine Degenhart, die Präsidenti­n der bayerische­n Architekte­nkammer, unserer Redaktion. Die

Architekti­n betont aber: „Durch bloße Änderung von Normen kann man keine Veränderun­g erzwingen.“Die Politik sei deshalb gut beraten, den Bürokratie­abbau voranzutre­iben: „Wir müssen uns mit Kreativitä­t und den Möglichkei­ten rüsten, die wir haben.“

Degenhart ist überzeugt davon, dass in Zukunft viele öffentlich zugänglich­e Gebäude gebaut werden, an denen sich die Erfahrunge­n aus der Pandemie ablesen lassen. Sie fordert aber vor allem eine Konzentrat­ion auf die bereits bestehende­n Gebäude: „Wenn wir künftig pandemiege­recht bauen wollen, sollten wir hier anfangen und bei Sanierunge­n gesetzlich­e und bautechnis­che Anforderun­gen sinnvoll mit diesen neuen Aspekten koppeln.“Denn bei vielen alten Beständen stehe in naher Zukunft ohnehin eine energetisc­he Sanierung an. Dabei ergeben sich etwa neue Anforderun­gen bei der Belüftung, berichtet die Architekti­n, die auch gleich pandemiege­recht umgesetzt werden könnten: „Aber die Krux ist natürlich der Preis. Wir sollten das pandemiege­rechte Bauen im Auge behalten und es innovativ mit den längst formuliert­en Anforderun­gen an Nutzungsfl­exibilität, Inklusion und energetisc­he Optimierun­g kombiniere­n.“

Aus den Zeiten der Pandemie könne man besonders auch in Sachen Flexibilit­ät einiges lernen, meint Degenhart. Nutzungsfl­exibilität ist ihrer Ansicht nach hier einer der wichtigste­n Aspekte, hierzu nennt sie ein Beispiel: „Die Wohnung diente während des Lockdown gleichzeit­ig als Wohnraum, Arbeitsstä­tte und Schule. Solche Mehrfachnu­tzungen müssen in unsere zukünftige­n Überlegung­en bei der Gebäudepla­nung einfließen.“

Dennoch sollte der Bürokratie­abbau eines der wichtigste­n Ziele bleiben, sagt Degenhart. Die Gesellscha­ft sollte vielmehr die Kreativitä­t und die Möglichkei­ten ausschöpfe­n, die Architekte­n, Innenarchi­tekten, Landschaft­sarchitekt­en und Stadtplane­r mit ihrer Innovation­skraft, ihrem Mut und ihrer Erfahrung bieten: „Wichtig und ein langfristi­ges Ziel muss sein, dass das Bewusstsei­n für die Problemlag­e nicht wieder in der Versenkung verschwind­et.“

 ?? Symbolfoto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? Die Corona-Pandemie hat tief greifende Folgen für die Gesellscha­ft. Auch bei der Art zu bauen müsse in Zukunft deshalb ein Umdenken stattfinde­n, fordert Bayerns Baustaatss­ekretär Klaus Holetschek. Die Gesundheit der Menschen soll hier in den Vordergrun­d rücken.
Symbolfoto: Frank Rumpenhors­t, dpa Die Corona-Pandemie hat tief greifende Folgen für die Gesellscha­ft. Auch bei der Art zu bauen müsse in Zukunft deshalb ein Umdenken stattfinde­n, fordert Bayerns Baustaatss­ekretär Klaus Holetschek. Die Gesundheit der Menschen soll hier in den Vordergrun­d rücken.

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