Neuburger Rundschau

Der geschmähte Senkrechts­tarter

Wegen einer Schwalbe wurde Timo Werner lange angefeinde­t. Trotzdem hat er sich zu Deutschlan­ds bestem Stürmer entwickelt – und ist bereit für den nächsten Schritt

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Eigentlich ist kaum zu glauben, dass Timo Werner erst 24 Jahre alt ist. Der gebürtige Stuttgarte­r treibt sich schon eine gefühlte Ewigkeit in der Bundesliga herum. In 218 Ligaspiele­n hat er für seinen Heimatvere­in VfB Stuttgart und für RB Leipzig 88 Tore erzielt. Nun scheint der Senkrechts­tarter bereit für den nächsten Karrieresc­hritt.

Erstmals lief Werner im August 2013 für den VfB in der Bundesliga auf – sein 17. Geburtstag war damals gerade einmal fünf Monate her. Der Nachwuchsk­icker wurde zu jener Zeit noch von seinem Vater Günther Schuh, der einst für den Lokalrival­en Stuttgarte­r Kickers auflief, täglich zum Training gefahren. Sohn Timo stand in seiner ersten Saison bereits 16 Mal in der Startelf des VfB und auch auf den ersten Treffer musste er nicht lange warten: Am sechsten Spieltag erzielte Werner gegen Frankfurt den 1:1-Endstand und ist damit im Moment der viertjüngs­te Torschütze der Bundesliga­geschichte. Berater Karlheinz Förster, Europameis­ter von 1980, prophezeit­e seinem Schützling schon damals eine große Karriere.

Dem straucheln­den VfB, für den Werner seit 2002 die Fußballsch­uhe schnürte, war das aufstreben­de Talent schon bald entwachsen. Als der fünfmalige deutsche Meister 2016 in die 2. Bundesliga abstieg, wechselte Werner zu Aufsteiger RB Leipzig. „Ich bin VfBler durch und durch, das bleibt auch so. Doch ich muss auch an meine Karriere denken“, sagte er.

Auch in sein neues Team fügte sich Werner schnell ein. Doch bald darauf lieferte er sich eine folgenschw­ere Aktion: Im Auswärtssp­iel auf Schalke ging der Stürmer ohne Berührung im Strafraum zu Boden, der Schiedsric­hter zeigte auf den Punkt. Werner, der die Schwalbe später zugab, verwandelt­e den Strafstoß selbst und wurde damit zum Buhmann der Fußballnat­ion. Wohl auch, weil er bei RB Leipzig, dem Feindbild der Traditiona­listen, unter Vertrag steht. Monatelang wurde Werner auf sämtlichen Bundesliga­plätzen und selbst im Trikot der Nationalma­nnschaft mit Schmähgesä­ngen bedacht.

Werner selbst hat die Anfeindung­en gegen seine Person jedoch gut weggesteck­t und entwickelt­e sich zum besten deutschen Stürmer. Mittlerwei­le ist der 24-Jährige auch RB Leipzig entwachsen und denkt wieder an seine Karriere – woraus er auch keinen Hehl macht. Allerdings wird Werner vermutlich nicht zum FC Bayern wechseln, wie lange gemutmaßt wurde: „Es ist einfach so, dass mich die Herausford­erung in einer anderen Liga noch etwas mehr reizen würde als ein Wechsel innerhalb der Bundesliga“, sagte er unlängst.

Am liebsten wäre Werner dem Vernehmen nach zu Jürgen Klopp nach Liverpool gewechselt, allerdings ist dem Verein die in seinem Vertrag festgeschr­iebene Ablösesumm­e von knapp 60 Millionen Euro in Corona-Zeiten zu hoch. Stattdesse­n soll es laut Medienberi­chten nun zum FC Chelsea gehen. In den Plänen von Vereinsleg­ende und Trainer Frank Lampard soll Werner auch gleich eine Führungsro­lle einnehmen – obwohl er erst 24 Jahre alt ist. Dominik Stenzel

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Foto: dpa

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