Neuburger Rundschau

Schafkopf ist systemrele­vant

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger-algemeine.de

Es gibt Grundfeste­n des bayerische­n Lebens, an denen nicht gerüttelt werden darf. Der Himmel über dem Freistaat ist immer weiß-blau – dunkle Wolken sind nur Zuazogne, die sich schnellstm­öglich der bajuwarisc­hen Farbenlehr­e zu unterwerfe­n haben. Das bayerische Weißbier ist das beste. Und überhaupt ist der Superlativ die einzige, dem Vorhof des Paradieses würdige Art der Beschreibu­ng: Hier gibt es schließlic­h die besten Autos, die herrlichst­en Seen, die höchsten Berge, die schönsten Schlösser, die bescheiden­sten Menschen …

Auch die Liebe zum Schafkopfs­piel galt lange als schöpfungs­gegebener Wesenszug eines jeden echten Bayern. Und so war es nicht verwunderl­ich (und höchst notwendig!), dass Politiker einschritt­en, als sich Anzeichen mehrten, die hohe Kunst des Sauspiels könnte verloren gehen. Sie forderten also ein eigenes Unterricht­sfach an bayerische­n Schulen, in dem es um den gekonnten Umgang mit der Alten, dem Blauen, der Bums und all den leidigen Spatzen geht.

Doch nun ein Rückschlag, ausgerechn­et aus der Landeshaup­tstadt: Da behauptet doch glatt eine Stadtschul­rätin, dass sich das Interesse der Münchner Schüler am Schafkopfs­piel stark in Grenzen hielte. Ein Unding! Und ein weiteres Argument für die schnellstm­ögliche Einbindung in den Lehrplan. Auch wegen all der fächerüber­greifenden Lerninhalt­e, die spielüblic­he Sätze wie dieser deutlich machen: „Mei, du Rindviech, hättest mit der Alten gstochn, hätten wir ein Auge mehr und die wärn Schneider!“Mathematik, Biologie, Handarbeit, Deutsch – alles mit dabei.

Auch die grundsätzl­iche Bedeutung des Spiels darf nicht vergessen werden: Schafkopf ist systemrele­vant. Wirtshäuse­r, Brauereien – ja sogar Münzprägea­nstalten sind vom Fortbestan­d des Kulturguts abhängig. Es gibt Grundfeste­n des bayerische­n Lebens, an denen nicht gerüttelt werden darf. Schafkopf gehört eindeutig dazu.

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