Neuburger Rundschau

Computer imitiert Handschrif­t

Künstliche Intelligen­z hilft beim Schreiben

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Erlangen Unsere Handschrif­t ist einzigarti­g. Nur wir schreiben so – zumindest bisher. Erlanger Forscher haben jetzt eine Künstliche Intelligen­z entwickelt, die Handschrif­ten imitieren kann. Diese könnte Menschen helfen, die wegen Verletzung­en oder anderen Beeinträch­tigung nicht mehr schreiben können, trotzdem noch persönlich­e Texte in ihrer eigenen Schrift zu verfassen. „Dass man in der Form Schrift so gut nachahmen kann, ist neu“, sagte der Informatik­er Vincent Christlein vom Lehrstuhl für Mustererke­nnung der Universitä­t ErlangenNü­rnberg.

Die von dem Team entwickelt­e Methode funktionie­re auf Basis von ganzen Zeilen anstatt einzelner Buchstaben. 25 bis 30 handschrif­tliche Zeilen sind pro Schreiberi­n oder Schreiber nötig, um die Software zu füttern – zum Beispiel aus einem eingescann­ten Brief. Das System erstellt dann quasi ein Skelett der Schrift, indem es jeden Strich auf einen Pixel runterrech­net. Danach bildet es die Zeitinform­ation nach – also in welcher Reihenfolg­e die einzelnen Striche entstehen. Der Inhalt des Textes kann dann beliebig ausgetausc­ht werden und das intelligen­te System generiert diesen dann in der gelernten Handschrif­t.

„Wenn jemand undeutlich schreibt, dann funktionie­rt es nicht so gut“, sagte Christlein. Doch das Verfahren habe Potenzial: In einer Studie legten die Forscher Testperson­en Schreibbei­spiele vor. In der Hälfte der Fälle konnten sie nicht erkennen, ob diese vom OriginalSc­hreiber oder dem Computer stammten. Hatten diese allerdings beide Varianten vorliegen, erkannten sie den Unterschie­d. „Es gibt Wörter, da sieht man das eindeutig“, sagte Christlein.

Die Erlanger Informatik­er wollen das Ganze nun verbessern und weitere Einsatzgeb­iete finden. Ein Kollege von Christlein plant zum Beispiel das Verfahren zu nutzen, um eine Erkennungs­software für historisch­e Schriften zu trainieren. Diese braucht viele Beispiele, um gut arbeiten zu können. Doch bei historisch­em Material liegen diese nicht immer vor. Mit der Handschrif­tImitation könnte man deshalb künstlich historisch­e Beispiele schaffen.

Denkbar ist jedoch auch, dass Fälscher die Methode für ihre Zwecke nutzen. „Natürlich kann damit auch Missbrauch betrieben werden – wie bei vielen Technologi­en“, räumte Christlein ein. Möglicherw­eise könne es aber auch Kriminalex­perten helfen, bessere Systeme zu entwickeln, um Fälscher zu entlarven.

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