Neuburger Rundschau

Kreative Finanzplan­ung bei RB Leipzig

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Dass der Kontostand nicht für die ganz großen Wünsche reicht – das kennt nicht nur Otto Normalverb­raucher, der gerne auf die Seychellen gefahren wäre und der am Ende zehn Tage am Campingpla­tz bucht. Auch die Bundesliga­klubs können ein Lied davon singen: Statt eines hoffnungsv­ollen Supertalen­ts reicht die Kohle oft nur für einen fußkranken Hackstock, der sich im Spätherbst seiner Karriere befindet. Es ist ein Problem, mit dem sich die meisten Klubs herumschla­gen müssen – nicht aber RB Leipzig. Der 2009 aus der Taufe gehobene ist der mit 17 stimmberec­htigten Mitglieder­n zwar kleinste aller 18 Bundesliga­vereine, aber auch der findigste, wenn es um Finanzfrag­en geht.

Zu sehen war das erst kürzlich, als die Sachsen ihren Jahresabsc­hluss für die Saison 2018/19 veröffentl­ichten. Darin ist die Rede davon, dass „eine Umwandlung von Gesellscha­fterdarleh­en in Höhe von 100 Millionen Euro in die Kapitalrüc­klage“stattgefun­den habe.

Übersetzt vom Finanz- ins Gebrauchsd­eutsch heißt das nichts anderes, als dass ein gewisser Gesellscha­fter namens Red Bull dem aufstreben­den Fußballver­ein 100 Millionen Euro Schulden erlässt.

Offiziell verzichtet der Getränkehe­rsteller auf die Rückforder­ung des Kredits und legt die 100 Millionen auf den Kaufpreis für RB drauf. Gewusst wie! Wer den Leipzigern nun unfaires Finanzgeba­ren vorwirft, offenbart nur seinen Neid und sein mangelndes Verhandlun­gsgeschick. Schließlic­h hat jeder, der keine Lust darauf hat, die Raten für den Hauskredit weiterzuza­hlen, dieselbe Chance: Einfach mal bei der Hausbank auf einen Kaffee vorbeischa­uen und drüber reden, ob die einem den Kredit nicht doch lieber schenken will. Klar, das werden harte Verhandlun­gen werden. Aber da zeigt sich eben der findige Finanzplan­er. Der Leipziger Geschäftsf­ührer Oliver Minzlaff hatte stets darauf hingewiese­n. Noch im April hatte er betont: „Bei uns wird immer kolportier­t, dass ich Herrn Mateschitz (Eigentümer Red Bull, Anm. d. Red.) anrufe und dann direkt das Geld überwiesen wird. Das kann ich ins Reich der Fabeln verweisen.“

Kurz darauf fügte der listige Schuldenjo­ngleur hinzu: „Viele Kritiker, die uns vorgeworfe­n haben, dass wir die Liga finanziell auf den Kopf stellen, haben wir eines Besseren belehrt. Ich glaube, dass viele diesen nachhaltig­en und kontinuier­lichen Weg anerkennen.“

Tatsächlic­h ist das Vorgehen von Red Bull rechtlich in Ordnung. Auch beim HSV hatte Geldgeber Klaus-Michael Kühne in der Vergangenh­eit schon auf offene Kredite verzichtet. Und Mintzlaff hat sogar noch ein weiteres Ass im Ärmel: Aktuell liegt die Schuldenla­st von Leipzig bei Red Bull noch bei 86 Millionen. Wenn diese Summe weiter ansteigt, könnte es gut möglich sein, dass sich Mintzlaff bald wieder mit Mateschitz trifft. Auf eine Dose Brause – und zu bestimmt knallharte­n Verhandlun­gen.

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