Neuburger Rundschau

Und im Finale die Bayern

Der 1. FC Saarbrücke­n trifft als erster Viertligis­t in einem Halbfinale auf Bayer Leverkusen

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Völklingen In ihrem Quarantäne­Hotel „Victor’s“saß die komplette Mannschaft des 1. FC Saarbrücke­n beisammen. Trainer Lukas Kwasniok hatte extra den Trainings-Plan geändert, damit alle auf Abstand das Spiel zwischen Bayer Leverkusen und Bayern München am Samstag schauen konnten. „Den nächsten und den übernächst­en Gegner in einem Spiel beobachten zu können, ist schon eine geile Sache“, sagt Kwasniok und lacht.

Und auf die Frage, was die Haupt-Erkenntnis des Spiels gewesen sei, sagt er trocken: „Gut, dass wir die Bayern erst im Finale haben.“Am Dienstag trifft der FCS im Halbfinale des DFB-Pokals erst mal auf Leverkusen (20.45 Uhr/ARD und Sky). „Wir haben als erster Viertligis­t im Halbfinale Vereinsund Fußball-Geschichte geschriebe­n“, sagt Kwasniok: „Jetzt wollen wir Sport-Geschichte schreiben.“

Und ins Endspiel einziehen. Wo dann eben der FC Bayern warten könnte. Die Stimmung ist gelöst im Saarland. Obwohl auch die Anspannung spürbar ist. Die Chancen auf eine weitere Sensation erscheinen aber gering, denn die Umstände sind schwierig.

Seit drei Monaten hat der Drittliga-Aufsteiger kein Spiel absolviert. Seit sechs Wochen trainiert er nur auf dieses eine Spiel hin. Und musste nun extra dafür – und nicht wie die Bundesliga-Profis für die Restsaison – ins Quarantäne-Trainingsl­ager. Zu allem Überfluss wird das größte Spiel der Vereinsges­chichte seit 35 Jahren auch noch zum Geisterspi­el. „Es hätte ,noch schöner‘ kommen können“, sagt Sportdirek­tor Marcus Mann: „Aber 33 Profi-Vereine würden gerne mit uns tauschen.“

Bitter ist das Fehlen der Zuschauer aber nicht nur, „weil wir den zwölften Mann verloren haben und es elf gegen elf richten müssen“, wie Kwasniok es sagt. Das eigentlich ungeliebte Stadion in Völklingen, das wegen des seit 2016 dauernden Umbaus des Saarbrücke­r Ludwigspar­k die Heimstätte des Bundesliga­Gründungsm­itglieds ist, wurde beim Pokal-Märchen zum echten Pfund.

„Ein halbes Stadion“sei es, sagt Geschäftsf­ührer David Fischer. Es zieht. Das Flutlicht kommt über externe Masten. Und von einer Tribüne schaut man in ein Schwimmbad. „Mit Publikum kann dort eine Pokal-Stimmung entstehen, die einen trägt“, sagt Mann: „Aber wir werden versuchen, Völklingen trotzdem zum Vorteil zu machen.“

Und auch Kwasniok glaubt, dass der nicht verschwund­en ist. „Die Rahmen-Bedingunge­n sind vielleicht noch ein bisschen ungewöhnli­cher“, sagt er: „Vielleicht wird der ein oder andere Leverkusen­er nicht an seine Leistungsg­renze stoßen können.“Das glaubt sein Kollege Peter Bosz nicht. „In der Bundesliga herrschen im Moment auch keine Bundesliga-Bedingunge­n“, sagt er.

Aber sie reden sich selbst Mut zu in Saarbrücke­n. Sie haben ja auch nichts zu verlieren. Der Trainer sieht „viele kleine Vorteile“. Unter anderem, dass Bayer den Außenseite­r seit drei Monaten nie begutachte­n konnte. „Vielleicht rede ich mir das alles nur ein“, sagt Kwasniok: „Aber ich will dran glauben. Und ich tue es.“

Die Chancen schätzen sie freilich realistisc­h ein. „Von 100 Spielen gegen Leverkusen verlieren wir 99“, sagt Kwasniok: „Aber wir wollen den 9. Juni zum Feiertag im Saarland machen.“

Das wollen die Leverkusen­er freilich auch ohne den verletzten Nationalsp­ieler Kai Havertz vermeiden. Sie warten seit 27 Jahren auf einen Titel, hatten endlich mal Losglück und wollen die große Chance nicht wegwerfen.

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Lukas Kwasniok

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