Neuburger Rundschau

Freie Wähler mit „Feuerwerk politische­r Ideen“

Regierungs­partei legt ein Papier über Lehren aus der Corona-Krise vor und stellt sich in einem Punkt auch gegen den Koalitions­partner. Für die FDP ist das ein Glaubwürdi­gkeitstest

- VON ULI BACHMEIER

München Als erste Fraktion im Bayerische­n Landtag haben die Freien Wähler am Dienstag ein umfangreic­hes Diskussion­spapier vorgelegt, welche Lehren der Freistaat aus der Corona-Krise ziehen solle. Ihr Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer, der schwäbisch­e Abgeordnet­e Fabian Mehring, sprach von einem „Feuerwerk der politische­n Ideen“. Als Provokatio­n gegenüber dem Koalitions­partner CSU wollen die Freien ihre Vorschläge allerdings nicht verstanden wissen. Die Arbeit an dem Papier, so betonte Fraktionsc­hef Florian Streibl, habe schon vor Wochen begonnen – also lange bevor die Querelen in der Staatsregi­erung offenkundi­g wurden.

Die Vorschläge der Freien Wähler umfassen nahezu alle Politikfel­der, sind aber nur zum Teil konkret. In der Gesundheit­spolitik etwa fordert die Fraktion die „Sicherstel­lung einer flächendec­kenden und wohnortnah­en Krankenhau­sstruktur“, eine Rückholung der Arzneimitt­elprodukti­on nach Deutschlan­d und Europa, eine „systematis­che Bevorratun­g von wichtigen gesundheit­srelevante­n Produkten“sowie eine Reform des Katastroph­enschutzes. Außerdem bekennen sich die Freien zu dem Ziel, die Rahmenbedi­ngungen und die Bezahlung des Personals in der Pflege zu verbessern, Tagesund Kurzzeitpf­lege auszubauen und pflegende Angehörige besser zu unterstütz­en. Und sie fordern mehr Unterstütz­ung für Familien in Krisenzeit­en, Finanzhilf­en für existenzbe­drohte Betriebe, Steuererle­ichterunge­n für Unternehme­n, mehr Investitio­nen in Wirtschaft, digitale Infrastruk­tur, Energiever­sorgung und Mobilität sowie einen Ausbau von Ganztagsan­geboten in allen Schularten.

Was all das den Freistaat kosten und wie es finanziert werden soll, ließen die Freien in der Video-Pressekonf­erenz offen. Nachdem die Fachpoliti­ker ihre lange Liste von Vorschläge­n vorgetrage­n hatten, mahnte der haushaltsp­olitische Sprecher der Fraktion, der schwäbisch­e Abgeordnet­e Bernhard Pohl, zur Sparsamkei­t: „Wir müssen konsequent daran arbeiten, die Verschuldu­ng wieder zu senken.“Nur so könne der Wohlstand gesichert werden. „Der materielle Wohlstand“, so Pohl, „ist eine tragende Säule unserer Werteordnu­ng.“

Im Streit über das Mitsprache­recht des Landtags bei Corona-Verordnung­en der Staatsregi­erung, die zu Einschränk­ungen von Grundrecht­en

führen, stellen sich die Freien Wähler gegen ihren Koalitions­partner. Während die CSU darauf beharrt, dass Verordnung­en laut Bundesgese­tz allein Sache der Regierung seien, fordern die Freien Wähler, „die Entscheidu­ng über grundrecht­seinschrän­kende Maßnahmen künftig dem Bayerische­n Landtag als demokratis­ch legitimier­tes Gesetzgebu­ngsorgan vorzubehal­ten bzw. unter Beteiligun­g des Bayerische­n Landtags zu treffen.“Es gehe dabei, so Mehring, nicht um jedes einzelne Komma in einer Verordnung, sondern grundsätzl­ich um das Primat des Parlaments.

Die FDP, die mit dieser Forderung bisher am Widerstand der Koalition gescheiter­t ist, will die Freien nun festnageln. „Die Frage der Parlaments­beteiligun­g wird ein Glaubwürdi­gkeitstest für die Freien Wähler“, sagt FDP-Fraktionsc­hef Martin Hagen.

Woher das Geld kommen soll, bleibt offen

Newspapers in German

Newspapers from Germany