Neuburger Rundschau

Warten auf die Münchner Corona-Studie

Der Massentest soll Erkenntnis­se über die Dunkelziff­er liefern. Wann mit ersten Ergebnisse­n zu rechnen ist

- VON CHRISTINA HELLER-BESCHNITT

München Fast genau zwei Monate ist es nun her, dass Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder auf einer Pressekonf­erenz eine Art bayerische Wissenscha­ftsoffensi­ve angekündig­t hat. Ein Bestandtei­l: Der Freistaat unterstütz­t eine Corona-Massenstud­ie, die herausfind­en möchte, wie hoch die Dunkelziff­er bei Infektione­n mit dem Coronaviru­s ist. Erste Ergebnisse werde es schon in wenigen Tagen geben, sagte Söder damals. Diese Ankündigun­g war wohl etwas vorschnell. Denn die Studie läuft zwar seit dem 5. April, doch noch sind keine Ergebnisse da. Das ist auch nicht verwunderl­ich, da das Projekt ziemlich umfassend ist. Die Forscher des Instituts für Infektions­und Tropenmedi­zin am Unikliniku­m der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät wollen die Bewohner von 3000 zufällig ausgewählt­en Münchner Haushalten testen. Und zwar darauf, ob sie gerade mit dem Coronaviru­s infiziert sind und ob sie Antikörper gegen das Virus in sich tragen. Bis zum 3. Juni hatte das Team 2900 Haushalte besucht und bei etwas über 5000 Personen Blutproben entnommen. Zusätzlich zu den Blutproben, die in Abständen von einigen Wochen immer wieder von denselben Personen genommen werden, füllen die Teilnehmer auch einen Online-Fragebogen aus. Grund für die Untersuchu­ng ist die Feststellu­ng, dass ein Großteil der Infizierte­n gar keine Symptome aufweist – also nie zum Arzt geht und auch nicht auf das Virus getestet wird. Wie hoch diese Dunkelziff­er ist, lässt sich bisher nur schätzen. Die Forscher in München gehen davon aus, dass sie zwischen einem und zehn Prozent liegt. Genauere Zahlen erhoffen sie sich von der Massenunte­rsuchung.

Wie hoch die Dunkelziff­er ist, hat einen großen Einfluss auf das Infektions­geschehen. Um eine Herdenimmu­nität gegen das Virus auch ohne Impfstoff zu erreichen, müssten etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerun­g Antikörper aufweisen. Je nachdem, wie hoch die Dunkelziff­er ist, würde diese Zahl früher oder später erreicht. Beispiel München: Nach Daten der Stadt haben sich dort 6543 Personen mit dem Coronaviru­s infiziert. Das sind 0,42 Prozent der Münchner Gesamtbevö­lkerung. Je nachdem, wie hoch die Dunkelziff­er ist, könnte die Zahl der Infizierte­n aber schon höher liegen.

Die Forscher gehen davon aus, dass sie Mitte Juni von etwas mehr als 6000 Personen Blutproben genommen haben werden. Ergebnisse könnten Ende Juni oder Anfang Juli vorliegen, heißt es vom Tropeninst­itut. Allerdings ist noch nicht ganz klar, wie aussagekrä­ftig diese Ergebnisse sein werden. Denn gerade wenn es darum geht, Antikörper gegen das Coronaviru­s im Blut nachzuweis­en, gibt es noch keine Tests, die hundertpro­zentig zuverlässi­g funktionie­ren. Deshalb wollen die Forscher die Blutproben aufbewahre­n und – sobald ein zuverlässi­ger Test entwickelt worden ist – erneut untersuche­n.

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