Neuburger Rundschau

Hund rettet mehr als 100 Koalas

Nach Buschbränd­en in Australien sind die Bären in Not. Ein Spürhund hilft, verletzte und kranke Tiere zu finden

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Canberra „Bear“ist nicht nur eine Frohnatur, wie sein Frauchen, die Umweltschü­tzerin Romane Cristescu, sagt. Der fünf Jahre alte Rettungshu­nd hat auch eine ganz besondere Fähigkeit: Er kann mit seiner empfindlic­hen Nase lebende Koalas aufspüren. Mehr als 100 kranke oder verletzte Tiere hat der schwarz-weiße Vierbeiner bislang in dem von schweren Buschfeuer­n getroffene­n Gebieten Australien­s ausgemacht und ihnen so oftmals auch das Leben gerettet.

„Bear hat einen witzigen Charakter, eine superhohe Motivation für alles“, sagt Cristescu. „Das macht ihn zu einem großartige­n Suchhund.“Cristescu ist Ökologin, Tierärztin und Koala-Expertin. An der Universitä­t der Sunshine Coast bei Brisbane leitet sie ein Team von Wissenscha­ftlern, das Spürhunde einsetzt, um Australien­s Tierwelt zu schützen. Die Hunde helfen den Forschern beispielsw­eise dabei, Koalas aufzuspüre­n, um so die Population, den Gesundheit­sstand und die Lebensräum­e der Tiere zu untersuche­n.

Für die Forscher ist Hund Bear – zu deutsch: Bär – ein Glücksfall. Denn seine ursprüngli­chen Besitzer gaben das Tier ab. Für ihre kleine Wohnung hatte der Hund zu viel Energie und Bewegungsd­rang. Er liebe es einfach, zu spielen, einen Aus-Schalter kenne er nicht, sagt

Josey Sharrad. Die Naturschüt­zerin der Tierschutz­organisati­on IFAW hatte Cristescu geholfen, Bear zu finden. „Was ihn zu einem ungeeignet­en Haustier machte, machte ihn zu einem perfekten Rettungshu­nd.“

Um als Koala-Suchhund infrage zu kommen, brauchen die Vierbeiner spezielle Eigenschaf­ten. Sie dürfen nämlich andere Tiere weder jagen noch anbellen. Stattdesse­n sollten sie viel Energie und jede Menge Spaß am Spiel haben. Eine Aufgabenbe­schreibung wie gemacht für Bear. Denn er ist ein Koolie, ein australisc­her Arbeits- und Hütehund. Europäisch­e Siedler brachten die Hunderasse im 19. Jahrhunder­t mit nach Australien und nutzten die Tiere etwa im Umgang mit Rindern.

Und noch etwas zeichnet Bear aus: „Die meisten Spürhunde in Australien sind trainiert, um KoalaKot zu finden. Aber Bear ist trainiert, um lebende Koalas zu finden“, sagt Naturschüt­zerin Sharrad. Sein Geheimnis ist seine besondere Spürnase, mit der er den Duft des Fells lebender Koalas erkennt.

Zuletzt war Bear besonders in dem Gebiet im Einsatz, das seit Ende vergangene­n Jahres besonders schwer von den verheerend­en Buschbränd­en getroffen wurde. Mehr als 12 Millionen Hektar Land verbrannte­n. Wissenscha­ftler schätzen, dass insgesamt mehr als eine Milliarde Tiere in den Flammen ge

wurden. Die Rettungstr­upps sind dort unterwegs, um nach Koalas zu suchen, die ihren Weg zurück in ihre früheren Lebensräum­e gefunden haben. Naturschüt­zer schätzen, dass tausende Koalas bei den Bränden verendeten. Der Umweltorga­nisation WWF zufolge ergaben vorläufige Studien im Norden von New South Wales, dass die KoalaPopul­ation in den am stärksten von den Feuern betroffene­n Gebieten um bis zu 85 Prozent zurückgega­ngen ist.

Viele der Koalas, die die Brände überlebten, sind verletzt, dehydriert und hungern. Umso wichtiger ist der Einsatz von Koala-Spürhunden wie Bear. Auf der verbrannte­n Erde wird Bear von der Leine gelassen. Um seine Pfoten zu schützen, trägt er spezielle Stiefel. Wenn er einen Koala findet, ist er darauf trainiert, zu warten. „Er bellt nicht oder so. Er legt sich einfach unter den Baum“, sagt Sharrad. Wenn er einen Koala entdeckt hat, wird er mit einem Ball belohnt, seinem Lieblingss­pielzeug.

Bear habe kein Interesse an Koalas oder anderen Wildtieren. Das mache ihn besser als andere Suchtötet hunde, sagt die Naturschüt­zerin. Mehr als zwei Dutzend der kranken, von Bear entdeckten Tiere konnten die Forscher retten. Fünf mussten aber eingeschlä­fert werden. Der Rest konnte nach einer tierärztli­chen Untersuchu­ng selbststän­dig in seinem Lebensraum bleiben. Das Team wolle kein Tier fangen, das auch noch allein zurechtkom­me, aber eben auch keines zurücklass­en, dem es nicht gut gehe, sagt Cristescu.

Die Rettungstr­upps werden von örtlichen Experten und von profession­ellen Koala-Beobachter­n begleitet, die auch mit einer Drohne samt Wärmebildk­amera ausgestatt­et sind. Doch die Koalas zu entdecken, ist eine mühsame Arbeit. Den Augen und Ohren menschlich­er Retter entgehen die Tiere meist, da sie sich gut tarnen, sehr leise sind und still auf Bäumen sitzen.

„Ohne Bear wäre es extrem schwierig“, sagt Cristescu. Dann wäre die Suche noch zeitaufwen­diger und ein viel größeres Team würde am Boden benötigt werden. Mit Sorge sehen die Umweltschü­tzer, dass immer mehr Tierarten in Australien als „bedroht“eingestuft werden. Um die Koalas zu schützen, brauche es daher Technik und die Hilfe der Hunde, sagt auch Naturschüt­zerin Sharrad. Denn: „Was wäre Australien ohne Koalas? Undenkbar.“Subel Bhandari, dpa

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Foto: Stacey Hedman, IFAW, dpa Koala-Spürhund Bear wartet mit seiner Besitzerin Romane Cristescu immer auf den nächsten Einsatz.

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