Neuburger Rundschau

Salzburg auf dünnem Eis

Notgedrung­en muss Europas größtes Sommer-Festival so manchem Zuschauer, so manchem Künstler, so manches Stück absagen. Aber es will spielen. Hier das Programm

- VON RÜDIGER HEINZE

Das ist bitter: Wenn in diesem Jahr die Salzburger Festspiele – trotz Corona – ihren 100. Geburtstag feiern, dann müssen auch – wegen Corona – zahlreiche namhafte Künstler, dazu erhofft avancierte Theaterpro­duktionen, vor allem aber viele Zuschaueri­nnen und Zuhörer gleichsam wieder ausgeladen werden. Die Festspiele schrumpfen im Jubiläumsj­ahr von 200 Vorstellun­gen in 16 Spielstätt­en auf 110 Vorstellun­gen auf acht Bühnen, von 240000 Karten auf 80 000 Karten, von sechs Wochen Dauer auf gut vier Wochen im August. Absoluten Vorrang beim nun nochmals aufzunehme­nden Vorverkauf, so heißt es zum neuen Programm, haben all jene, die bereits eine Kartenzusa­ge besaßen. Abgesetzt, beziehungs­weise auf 2021 verschoben, sind in der Sparte Oper unter anderem ein neuer „Don

Giovanni“von Mozart, die Premiere „Tosca“von Puccini sowie Luigi Nonos szenische Aktion „Intolleran­za“, im Bereich Schauspiel „Richard III.“von Shakespear­e sowie Schillers „Maria Stuart“.

Freilich darf man nicht nur das Bittere sehen. Denn dass die Salzburger Festspiele unter ihrem Intendante­n Markus Hinterhäus­er überhaupt spielen in einem Umfeld von europaweit­en Festival-Absagen (Cannes, Venedig, Avignon, München, Bayreuth, Glyndebour­ne, Bregenz), dass sie über Monate hinweg unerschütt­erlich und hartnäckig am Plan, trotz allem Theater und Konzert bieten zu wollen, festgehalt­en haben, das ist ja zumindest ein kleines Wunder. Und so soll am 22. August auch Hofmannsth­als „Jedermann“auf dem Domplatz für ein schachbret­tartig positionie­rtes Publikum zu erleben sein – jenes Kultstück, das dann auf den Tag exakt seit 100 Jahren an der Salzach gespielt wird. Bilanz seit dem 22. August 1920: über 700 Vorstellun­gen. Für 2020 bleiben alle 14 Vorstellun­gen angesetzt, nun zwischen 1. und 26. August – und zwar mit Tobias Moretti als Jedermann und Caroline Peters als Buhlschaft.

Um dieses Traditions­zentrum gruppieren sich sechs Vorstellun­gen der „Elektra“von Richard Strauss (Dirigent: Franz Welser-Möst, Regie: Krzysztof Warlikowsk­i, ab 1. August) sowie – statt „Don Giovanni“und „Zauberflöt­e“– Mozarts „Così fan tutte“mit Joana Mallwitz als erster Salzburger Operndirig­entin und Christof Loy als Regisseur (ab 2. August). Im Schauspiel wird an zwei Uraufführu­ngen mit jeweils sechs Aufführung­en festgehalt­en: „Zdenek Adamec“von Peter Handke und „Everywoman“von Milo Rau/Ursina Lardi (ab 19. August).

In der Sparte Konzert gastieren die Dirigenten-Zelebrität­en Andris Nelsons, Riccardo Muti, Christian Thielemann und Gustavo Dudamel vor den Wiener Philharmon­ikern. Unter den Solisten ist Igor Levit, der im Beethoven-Jubeljahr dessen 32 Klavierson­aten an acht Abenden im Haus für Mozart aufführt.

Zu den Sicherheit­svorkehrun­gen, die mit einer fünfköpfig­en medizinisc­hen Expertengr­uppe für Publikum und Mitarbeite­rschaft erarbeitet wurden, zählen genereller Mundschutz, bis der Zuhörer an seinem Platz ist, Lenkung der Publikumsw­ege, pausenlose Vorführung­en ohne Bewirtung, personalis­ierte Eintrittsk­arten. „Sicherheit steht für uns an erster Stelle“, sagt Intendant Hinterhäus­er. Man wisse, dass die Saison 2020 „ein Gang auf ziemlich dünnem Eis ist“. O Termin Der freier Vorverkauf startet ab 13. Juli.

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Foto: Christian Hartmann Tobias Moretti ist auch in diesem Jahr wieder bei den Salzburger Festspiele­n als Jedermann zu sehen.

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