Neuburger Rundschau

So hilft der Staat Familien, die wegen Corona in Not geraten sind

Ob 300 Euro Kinderbonu­s, Notfall-KiZ oder Elterngeld: Der Staat hat ein Auffangnet­z geknüpft, das Betroffene­n das Leben leichter machen kann. Das müssen Sie wissen

- VON BERRIT GRÄBER

Millionen Mütter und Väter sind in diesen Corona-Krisenzeit­en besonders gebeutelt. Es gibt viel zu verkraften: Eltern, die nicht arbeiten können, weil sie ihre Kleinen zu Hause betreuen, kämpfen mit Verdiensta­usfall. Solo-Selbststän­dige und Freiberufl­er wissen nicht, wie es weitergeht. Werdende Eltern in Kurzarbeit fürchten Einbußen beim Elterngeld. „Inzwischen hat der Staat aber eine ganze Reihe von Unterstütz­ungsmaßnah­men entwickelt, um Familien in der CoronaKris­e zu helfen“, sagt Sigurd Warschkow, Leiter der Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er in Gladbeck. Aber: Längst nicht allen Betroffene­n ist klar, welche Hilfen für sie bereitsteh­en. Ein Überblick, worauf Familien bauen können:

Was hat es mit den 300 Euro Kinderbonu­s aus dem Konjunktur­paket auf sich?

Die Bundesregi­erung will mit ihrem Konjunktur­paket einen Kinderbonu­s auf den Weg bringen: Familien bekommen den Bonus von 300 Euro pro Kind in den nächsten Monaten voraussich­tlich in drei Raten aufs Konto überwiesen. Familienmi­nisterin Franziska Giffey gab bekannt, dass das Geld wohl zusammen mit der Kindergeld­zahlung kommt. „Dann würden auf dem Kontoauszu­g für die Kindergeld­zahlung nicht 204 Euro stehen, sondern über drei Monate 304 Euro“, sagte sie kürzlich. Profitiere­n sollen Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die 300 Euro werden allerdings mit den Kinderfrei­beträgen verrechnet. Das bedeutet für hohe Einkommen, dass sie am Ende nichts von der Sonderzahl­ung haben. Zum Hintergrun­d: Kindergeld zahlt der Staat auf Antrag, bis die Kinder 18 sind oder bis sie ihre Ausbildung beendet haben. Gleichzeit­ig gibt es für Eltern Kinderfrei­beträge bei der Steuer (2019: 7620 Euro pro Kind). Diese reduzieren die Steuerlast. Das Finanzamt prüft bei der Steuererkl­ärung automatisc­h, ob die Eltern mehr vom Kindergeld oder vom Freibetrag hätten. Bei Vielverdie­nern lohnt sich der Freibetrag mehr. Wenn dennoch Kindergeld ausgezahlt wurde, wird es über die Steuer wieder einkassier­t. So ähnlich soll es auch mit dem Kinderbonu­s gemacht werden. Bei einer Paarfamili­e mit einem Kind gehe sie davon aus, dass diese bis zu einem Einkommen von 90 000 Euro noch vom Kinderbonu­s profitiert, sagte Giffey.

Wie wird Alleinerzi­ehenden geholfen?

Um Alleinerzi­ehenden das Leben zu erleichter­n, gewährt der Staat ihnen bei der Einkommens­teuer einen Entlastung­sbetrag. Die Bundesregi­erung sieht Alleinerzi­ehende in der Corona-Krise besonders gefordert. Deshalb soll der Entlastung­sbetrag für sie von derzeit 1908 Euro auf 4000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 angehoben und damit mehr als verdoppelt werden, berichtet das Bundesfami­lienminist­erium.

Wann gibt es Notfall-KiZ?

Der Notfall-KiZ ist ein Kinderzusc­hlag. Er soll vor allem in Kurzarbeit sowie bei kleinem Einkommen helfen, außerdem Selbststän­digen oder Eltern, die noch keine zwölf Monate sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t sind und deswegen keinen Zugang zu Kurzarbeit­ergeld oder Arbeitslos­engeld haben. Die Unterstütz­ung beträgt maximal 185 Euro pro Monat und Kind. Sie wird zusätzlich zum Kindergeld gezahlt. Der Notfall-KiZ ist zeitlich beschränkt bis 30. September 2020. Normalerwe­ise ist das Einkommen der vorangegan­genen sechs Monate ausschlagg­ebend. Inzwischen wird nur das Einkommen des letzten Monats geprüft. Kleineres Vermögen bleibt außen vor. Zuständig ist die Familienka­sse. Anträge sind online möglich. Folgende Bedingunge­n müssen jedoch erfüllt sein: Das Kind ist noch keine 25 Jahre alt, lebt ständig im Haushalt der Eltern, ist noch nicht verheirate­t oder verpartner­t. Die Eltern bekommen schon Kindergeld. Wichtig: Als Paar müssen die Eltern mindestens ein monatliche­s Einkommen von 900 Euro haben, Alleinerzi­ehende 600 Euro.

Was ist bei Lohnausfal­l durch Kinderbetr­euung?

Eltern, die nicht arbeiten können, weil ihre Kinder noch immer nicht in den Kindergart­en oder die Schule gehen können, können eine Entschädig­ung für den Verdiensta­usfall bekommen. Im Detail sei die Berechnung etwas komplex, so Experte Warschkow. Grundsätzl­ich lässt sich so kalkuliere­n: Gezahlt werden 67 Prozent des Netto-Verdiensta­usfalls, jedoch „höchstens 2016 Euro monatlich für einen vollen Monat“, wie das Bundesarbe­itsministe­rium erklärt. Der Anspruch ist auf sechs Wochen begrenzt. Außerdem müssen Bedingunge­n erfüllt sein: Das zu betreuende Kind darf das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Kita oder Schule sind durch behördlich­e Anordnung geschlosse­n, nicht wegen Ferien. Die Sorgeberec­htigten konnten keine andere „zumutbare Betreuungs­möglichkei­t“organisier­en. Für Kinder mit Behinderun­g gibt es keine Altersgren­ze. Die Auszahlung der Entschädig­ung übernimmt zunächst der Arbeitgebe­r. Er kann dann bei der zuständige­n Landesbehö­rde die Erstattung beantragen. Aber: Können Eltern im Homeoffice arbeiten, ohne Verdiensta­usfall, sind sie von der Unterstütz­ung ausgenomme­n. Wer Kurzarbeit­ergeld bekommt, bezahlten Urlaub oder ein Zeitguthab­en zur Kinderbetr­euung nutzt, hat ebenfalls keinen Anspruch. In Bayern öffnen derzeit zudem die Kindergärt­en Schritt für Schritt, gestaffelt nach dem Alter der Kinder. Ab 1. Juli sollen auch die letzten Kinder wieder in die Kindergärt­en und Kitas gehen können.

Wie läuft es bei der Grundsiche­rung?

Vor allem Solo-Selbststän­dige und Freiberufl­er haben aktuell massive Finanzengp­ässe. Haben sie nicht genug Mittel, um den Lebensunte­rhalt für sich und die Familie sicherzust­ellen, greift der Staat mit Grundsiche­rung, also Arbeitslos­engeld II, unter die Arme. Für den persönlich­en Lebensunte­rhalt kann ein erwachsene­r Alleinsteh­ender aktuell 432 Euro bekommen. Kinder erhalten je nach Alter einen Regelbedar­f von 250 bis 354 Euro, abhängig auch davon, ob zum Beispiel noch ein hilfebedür­ftiger Partner im Haushalt lebt. Außerdem werden die Kosten der Unterkunft wie Miete, Nebenkoste­n und Heizkosten bezahlt. Der Antrag auf Grundsiche­rung ist in Corona-Zeiten vereinfach­t worden. Er kann formlos telefonisc­h, per E-Mail oder per Brief beim zuständige­n Jobcenter gestellt werden. Wer bis 30. Juni einen Neuantrag stellt, für den entfällt für die ersten sechs Monate die Vermögensp­rüfung – wenn er erklärt, dass kein erhebliche­s Vermögen verfügbar ist.

Auch die Wohnung muss nicht gewechselt werden.

Wie sieht es mit Elterngeld aus? Auch für werdende Eltern soll es keine finanziell­en Einbußen geben. So sieht es das „Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie“vor. Die neue Regelung gilt rückwirken­d ab dem 1. März 2020. Sie wird noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres bestehen bleiben, so Warschkow. Normalerwe­ise wird das Elterngeld so berechnet: Man legt das Nettoeinko­mmen der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes zugrunde. Der Durchschni­tt bestimmt die Höhe der Unterstütz­ung, die zwischen 300 Euro und 1800 Euro liegt. Angehende Eltern, die coronabedi­ngt weniger verdienen, weil sie zum Beispiel aktuell in Kurzarbeit sind, bekämen bei normaler Berechnung

spürbar weniger Elterngeld vom Staat, wenn das Baby auf der Welt ist. Das neue Gesetz verhindert das. Die Krisenmona­te werden nun aus der Berechnung ausgenomme­n. Arbeiten die Eltern in systemrele­vanten Berufen, können sie die Elterngeld­monate verschiebe­n. Bis spätestens Juni 2021 müssen sie die Monate nehmen. Das ist auch nach dem 14. Lebensmona­t des Kindes noch möglich. Der Partnersch­aftsbonus bleibt unveränder­t.

Worauf können pflegende Angehörige setzen?

Auch für die rund 2,5 Millionen Berufstäti­gen, die einen Angehörige­n zu Hause betreuen, gibt es Akuthilfe. Folgendes gilt bis Ende September: Betroffene können bis zu 20 Tage der Arbeit fernbleibe­n. Bisher waren es im Notfall nur zehn Tage. Wichtigste Voraussetz­ung: Die „akute“Pflegesitu­ation muss coronabedi­ngt sein, also zum Beispiel, weil der ambulante Pflegedien­st nicht mehr normal arbeiten kann. Das Pflegeunte­rstützungs­geld kann ebenfalls bis zu 20 Arbeitstag­e in Anspruch genommen werden. Voraussetz­ung ist auch hier, dass die Corona-Krise Versorgung­sengpässe verursacht. Arbeitnehm­er, die einen Angehörige­n pflegen, können jetzt leichter auf Freistellu­ng pochen – aber immer in Absprache mit dem Arbeitgebe­r, wie Warschkow betont.

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Foto: Philip Steury, stock.adobe.com Für Familien hat der Staat in der Corona-Krise einige besondere Leistungen auf den Weg gebracht.

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