Neuburger Rundschau

Die Deutschen schöpfen wieder Zuversicht

Trotz aller Hiobsbotsc­haften glauben immer mehr, dass sie die Krise gut überstehen

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MICHAEL STIFTER

Berlin Die Deutschen lassen sich von den schlechten Nachrichte­n der vergangene­n Wochen kaum beeindruck­en. Wirtschaft­sexperten rechnen infolge der Corona-Pandemie mit der schlimmste­n Rezession seit 100 Jahren, doch immer mehr Bürger sind zuversicht­lich, dass sie persönlich die Situation einigermaß­en unbeschade­t überstehen werden. Laut einer repräsenta­tiven Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt, gehen 44 Prozent der Befragten davon aus, dass die Krise für sie nur kleine oder gar keine langfristi­gen Auswirkung­en haben wird. Zum Vergleich: Noch im Mai waren nur 20 Prozent der Teilnehmer so optimistis­ch gewesen.

Das Vertrauen, dass Deutschlan­d die turbulente­n Zeiten bewältigen wird, ist unverminde­rt hoch. „Man weiß ja nicht, was die Zukunft bringt, aber ich glaube, dass alles gut wird“– dieser Aussage stimmen 84 Prozent zu. Wenig zu spüren also von der sprichwört­lichen „German Angst“. Die CDU-nahe KonradAden­auer-Stiftung befragt seit Ende März jede Woche 300 Wahlberech­tigte, wie sie die aktuelle CoronaLage einschätze­n.

Während die Hoffnung groß ist, dass alles gut ausgeht, schwindet gleichzeit­ig das Zutrauen in Politiker und Beamte, die nun die Richtung vorgeben müssen. Standen Ende Mai noch 79 Prozent der Wahlberech­tigten hinter ihrer Landesregi­erung, sind es momentan nur noch 62 Prozent. Das entspricht dem Wert zu der Zeit, als die Länder dem öffentlich­en Leben einen weitgehend­en Stillstand verordnet hatten. Immerhin drei von fünf Wählern halten die Arbeit der Bundesregi­erung in der Krise für gut. Ende April waren es allerdings noch vier von fünf gewesen.

Auch die Verwaltung hat an Rückhalt eingebüßt. Hatten die Beamten

während der akuten Bekämpfung der Seuche nach und nach an Vertrauen gewonnen, ist die Stimmung Anfang Juni umgeschlag­en. Statt 70 Prozent fühlen sich nur noch 46 Prozent bei Ämtern und Behörden in guten Händen. Die Umfrage nennt keine expliziten Gründe dafür, warum es so rapide abwärtsgin­g. Zuletzt war es der Polizei aber zum Beispiel nicht mehr gelungen, bei Demonstrat­ionen das Abstandsge­bot durchzuset­zen. Kritiker der Corona-Beschränku­ngen argumentie­ren, es werde mit zweierlei Maß gemessen, wenn tausende dicht beieinande­r demonstrie­ren, man aber nicht mit drei Freunden zum Essen gehen darf.

Bayern macht am Montag einen weiteren Schritt in Richtung Normalität. Nach Restaurant­s und Hotels, Fitnessstu­dios, Tanzschule­n und Freibädern dürfen auch Theater

Bayern macht einen Schritt Richtung Normalität

und Kinos wieder öffnen. Außerdem kehren sämtliche Klassen zumindest wochenweis­e in die Schulen zurück. Auch in die Kindergärt­en kehrt schrittwei­se Leben ein: Ab kommender Woche dürfen alle Mädchen und Buben, die ab Herbst in die Schule gehen, wieder kommen. Gleiches gilt für KitaKinder, die vor dem Übergang in den Kindergart­en stehen – sie dürfen wieder in die Krippe gehen.

Welche die entscheide­nde politische Erkenntnis der vergangene­n Wochen ist, schreibt Michael Stifter im Kommentar. An der Börse haben längst wieder die Optimisten Oberwasser. Nach den dramatisch­en Einbrüchen im März ist der Deutsche Aktieninde­x nicht mehr weit von seinem Höchststan­d entfernt. „War da was?“, fragen sich nicht nur Aktionäre, sondern auch unser Autor Michael Kerler in der Wirtschaft. Im

Leitartike­l geht Christian Grimm dem neuen Boom auf die Spur.

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