Au Backe, die Weisheitszähne müssen raus
Der Neuburger Oralchirurg Dr. Elia Bokhobza entfernt in seiner Praxis bis zu 1000 Weisheitszähne pro Jahr. Warum die Zähne bei vielen Patienten gezogen werden müssen und wie zwei junge Männer den Eingriff erlebt haben
Neuburg Manche haben gar keine, andere sogar sechs statt nur vier Stück: Die Rede ist von Weisheitszähnen. Bei dem Wort läuft vielen ein Schauder über den Rücken. Zwangsläufig kommen einem geschwollene Backen und flüssiges Essen per Strohhalm in den Sinn. K!ar.Text hat mit dem Oralchirurgen Dr. Elia Bokhobza und zwei Jugendlichen über Weisheitszähne und deren Entfernung gesprochen.
Mit bis zu 1000 Weisheitszahnentfernungen jährlich bemerkt Dr. Bokhobza in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg der Eingriffe. Das habe verschiedene Gründe, sagt der Oralchirurg aus Neuburg. „Gerade in der Kieferorthopädie wird darauf geachtet, dass die Weisheitszähne die Ergebnisse einer Spangenbehandlung nicht wieder kaputt machen“, erklärt der Chef einer Neuburger Praxis. „Im jungen Alter zwischen 15 und 20 Jahren sind die Zähne noch nicht so fest verwachsen wie etwa mit 30 Jahren. Außerdem schafft man den Backenzähnen mehr Platz“, fährt er fort. Daher empfiehlt er allen Jugendlichen auch ohne Beschwerden beim Zahnarzt eine Röntgenaufnahme machen zu lassen, um so die Anzahl und Position der Weisheitszähne festzustellen.
Wie gefährlich sind aber die Röntgenstrahlen? „Die Strahlung, die ein Patient in seinem gesamten Leben durch Röntgenaufnahmen im Zahnbereich hat, gleicht einer Flugdauer von dreieinhalb Stunden“, sagt der Mediziner. Es bestehe also kein Grund zur Sorge. Sollte es zur OP kommen, rät Dr. Bokhobza zur Online-Recherche, um für sich persönlich die beste Praxis zu finden.
Erst vor wenigen Wochen saß der Neuburger Markus Obermaier auf einem Behandlungsstuhl in einer Ingolstädter Arztpraxis. „Einer meiner vier Weisheitszähne hatte schon herausgeschaut und wehgetan“, erinnert er sich. Daher entschloss sich der 19-Jährige nach der Beratung durch seinen Zahnarzt und einem Vorgespräch mit dem Chirurgen, sie entfernen zu lassen. „Ich durfte während der Entfernung Musik hören, das hat das Ganze angenehmer gemacht“, erzählt er von dem routinemäßigen Eingriff. Wie den meisten Jugendlichen ging es Markus nach der Entfernung gut. Er hielt sich an die Empfehlungen. Er kühlte fleißig die Backen und verzichtete auf Sport. Seine Backen waren enorm angeschwollen. Doch durch Schmerzmittel und frühes Schlafengehen konnte er sich gut erholen. „Meine Familie und ich haben sehr viel gelacht, weil mich niemand ernst nehmen konnte. Ich aß Brei wie ein kleines Kind“, erinnert er sich und lacht. Das Schwierigste sei das Zähneputzen und das Trinken gewesen, sagt er heute.
Komplizierter gestaltete sich die bei Anton Engel. Auf der ersten Röntgenaufnahme des 19-Jährigen entdeckte man nicht etwa vier Weisheitszähne, sondern vermutete sogar sechs Stück. Erst ein moderneres Röntgenbild mit 3D-Ansicht hat Klarheit gebracht. Anton hatte fünf Weisheitszähne. Bereits die hohe Anzahl sei eine absolute Ausnahme, sagt er. Da aber einer der Weisheitszähne seinen Unterlippennerv berührte, war der Eingriff noch schmerzhafter. „Vor der OP war ich sehr nervös und bekam eine Beruhigungstablette“, sagt Anton offen. Seine Ärztin aus Ingolstadt empfahl ihm nur eine örtliche Betäubung. „Ich habe es gespürt, wie der Zahn am Unterlippennerv gezogen wurde. Das war absolut die oberste Schmerzgrenze“, erinnert sich der Neuburger. Zu seinem Glück dauerte die Entfernung aller fünf Zähne nur 25 Minuten. Das Pech holte ihn jedoch im Anschluss wieder ein: Am Folgetag klagte Anton über starke Kopfschmerzen. Eine Wunde entzündete sich.
Dr. Bokhobza arbeitet nun seit über 30 Jahren als Oralchirurg. Patienten mit über vier Weisheitszähnen habe er höchstens zwei pro Jahr. „Die höchste Anzahl an Weisheitszähnen, die ich je entfernt habe, waren sechs Stück auf einmal“, überlegt er zurück. Der Job eines OralOP chirurgen sei wie die eines Künstlers, beschreibt er seine Arbeit. „Ich zähle mich zu den Oralchirurgen, die mit möglichst kleinen Schnitten arbeiten. Das dauert zwar etwas länger, dafür hat der Patient im Nachhinein weniger Schmerzen.“Die Schwellung seiner Patienten, die meistens 15 bis 20 Jahre alt sind, sei häufig schon nach zwei bis drei Tagen wieder verschwunden.
All denjenigen, die demnächst eine Weisheitszahnentfernung planen, gibt Anton folgenden Tipp: „Geht am Tag davor gut essen, bestellt euer Lieblingsgericht und genießt euer vorerst letztes Gericht ohne Strohhalm.“