Es wäre ein gutes Exempel
Bier fließt in Strömen, Betrunkene tanzen auf den Tischen und grölen zur Partymusik. Die Rede ist von Volksfesten. Mancher wird bei dem Gedanken an sie wehmütig, bedenkt man, dass sie wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit nicht mehr stattfinden. Dennoch wird derzeit über ein Bierzeltlied besonders heftig diskutiert: das Donaulied. Und das zu Recht.
Seit Jahrzehnten werden die Zeilen, die die offensichtliche Vergewaltigung einer schlafenden Frau thematisieren, lauthals mitgesungen. Für die meisten Bierzeltbesucher besteht die Passage nur aus leeren Worten, die gar nicht so gemeint sind. Für alle Frauen, die bereits Opfer eines sexuellen Übergriffs wurden, sind sie aber ein Schlag ins Gesicht.
Dass solche Texte von der Mehrheit einfach hingenommen und als „bayerische Tradition“abgestempelt werden, ist ein Armutszeugnis für die Emanzipation. Und dass nicht mal eine sachliche Diskussion über das Thema möglich ist, macht die Angelegenheit noch schlimmer. Hinzu kommt, dass viele der sexuellen Übergriffe gerade in Bierzelten stattfinden. Genau dort wäre es also wichtig, ein so streitbares Liedgut aus den Zelten zu verbannen. Ist das wirklich zu viel verlangt? Natürlich ist das Donaulied nicht das einzige Bierzeltlied, das gewaltverherrlichende und chauvinistische Zeilen hat. Und es sollen ja auch nicht alle streitbaren Lieder zensiert werden. Aber mit dem Verbot des Donaulieds würde ein strahlendes Exempel statuiert und Leute zum Nachdenken angeregt werden. Übrigens, im betrunkenen Zustand würde es sowieso den wenigsten auffallen, wenn dieser eine Song nicht mehr gespielt werden würde. Und wer das Lied dann doch vermisst und unbedingt hören muss, kann sich die Zeilen über eine Vergewaltigung gerne daheim anhören.