Ein Verbot bringt gar nichts
In einer Zeit vor Corona kam ab dem Frühjahr eine unmaskierte Masse an Menschen aus den unterschiedlichsten bayerischen Haushalten in provisorischen Zeltbauten zusammen, um sich dort gegenseitig Bierschaum, Kartoffelsalatreste und andere schädliche Aerosole ins Gesicht zu grölen. Klingt komisch, war aber so. Mit dieser Bierzeltgemütlichkeit kann zumindest das Coronavirus, äh, die Studentin Corinna Schütz aber nur wenig anfangen. Aber nicht wegen einer möglichen Infektion, sondern wegen eines virulenten Liedtexts.
Die Passauerin hat gegen das in Bierzelten beliebte, aber doch ziemlich sexistische Donaulied eine Online-Petition gestartet, die schon zigtausendfachen Zuspruch gefunden hat. Sogar der Passauer SPD-Oberbürgermeister Jürgen Dupper hat der Initiatorin seine Unterstützung zugesagt und befürwortet eine Ächtung des Lieds. Die CSU in ihrer Eigenschaft als Verfechterin der bayerischen Leitkultur scheint das Lied dagegen für eher erhaltenswert zu erachten.
Im Text wird sehr unverblümt die Vergewaltigung einer Schlafenden erwähnt, was angesichts der zuletzt gestiegenen Zahl sexueller Übergriffe auf dem Oktoberfest besonders nachdenklich stimmt. Gleichzeitig ist eine Gegenpetition für den Erhalt des Donaulieds in Passau auf dem Weg und hat bereits mehrere Tausend Unterzeichner. Die entstandene Diskussion über die problematischen Aspekte des Brauchtums ist begrüßenswert, ein Fall für die Staatsregierung ist das G’sangl aber sicher nicht. Ein Verbot würde dem Kampf gegen Sexismus überhaupt nicht helfen. Mit gutem Zureden oder anderen Erziehungsmaßnahmen stimmt man die singwütige Bierzeltbelegschaft sicher nicht um. Eine Möglichkeit wäre, dass die Partybands selbst entscheiden, ob sie das Lied spielen oder nicht.