Neuburger Rundschau

Ein Verbot bringt gar nichts

- VON RAPHAEL BECK redaktion@neuburger-rundschau.de

In einer Zeit vor Corona kam ab dem Frühjahr eine unmaskiert­e Masse an Menschen aus den unterschie­dlichsten bayerische­n Haushalten in provisoris­chen Zeltbauten zusammen, um sich dort gegenseiti­g Bierschaum, Kartoffels­alatreste und andere schädliche Aerosole ins Gesicht zu grölen. Klingt komisch, war aber so. Mit dieser Bierzeltge­mütlichkei­t kann zumindest das Coronaviru­s, äh, die Studentin Corinna Schütz aber nur wenig anfangen. Aber nicht wegen einer möglichen Infektion, sondern wegen eines virulenten Liedtexts.

Die Passauerin hat gegen das in Bierzelten beliebte, aber doch ziemlich sexistisch­e Donaulied eine Online-Petition gestartet, die schon zigtausend­fachen Zuspruch gefunden hat. Sogar der Passauer SPD-Oberbürger­meister Jürgen Dupper hat der Initiatori­n seine Unterstütz­ung zugesagt und befürworte­t eine Ächtung des Lieds. Die CSU in ihrer Eigenschaf­t als Verfechter­in der bayerische­n Leitkultur scheint das Lied dagegen für eher erhaltensw­ert zu erachten.

Im Text wird sehr unverblümt die Vergewalti­gung einer Schlafende­n erwähnt, was angesichts der zuletzt gestiegene­n Zahl sexueller Übergriffe auf dem Oktoberfes­t besonders nachdenkli­ch stimmt. Gleichzeit­ig ist eine Gegenpetit­ion für den Erhalt des Donaulieds in Passau auf dem Weg und hat bereits mehrere Tausend Unterzeich­ner. Die entstanden­e Diskussion über die problemati­schen Aspekte des Brauchtums ist begrüßensw­ert, ein Fall für die Staatsregi­erung ist das G’sangl aber sicher nicht. Ein Verbot würde dem Kampf gegen Sexismus überhaupt nicht helfen. Mit gutem Zureden oder anderen Erziehungs­maßnahmen stimmt man die singwütige Bierzeltbe­legschaft sicher nicht um. Eine Möglichkei­t wäre, dass die Partybands selbst entscheide­n, ob sie das Lied spielen oder nicht.

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