Neuburger Rundschau

Nachbarn tauschen Strom

Aus der Gemeinde Oberhausen werden Teilnehmer für ein Forschungs­projekt gesucht. Unter anderem die TU München will dort untersuche­n, wie ein lokaler Strommarkt funktionie­ren kann. Welche Haushalte sich dafür eignen

- VON CLAUDIA STEGMANN

Aus der Gemeinde Oberhausen werden Teilnehmer für ein ganz besonderes Forschungs­projekt gesucht. Welche Haushalte eignen sich dafür?

Oberhausen Stellen Sie sich vor, Sie erzeugen mit der PV-Anlage auf Ihrem Dach oder einer KWK-Anlage selbst Strom und decken damit weitestgeh­end Ihren Eigenbedar­f. Ihren Überschuss­strom speichern Sie in einer Batterie oder verkaufen ihn an Nachbarn. Gleichzeit­ig können Sie benötigten Strom aus Erzeugungs­anlagen vor Ort beziehen. Ob ein solcher regionaler Energiemar­kt funktionie­rt, soll ab Herbst in der Gemeinde Oberhausen getestet werden. Und dafür werden nun Teilnehmer gesucht.

An dem Projekt ist unter anderem die Technische Universitä­t München beteiligt. Am Lehrstuhl für Energiewir­tschaft und Anwendungs­technik wird die Zukunft der Energiever­sorgung erforscht. Dazu gehört auch die Frage, wie die Produktion von regenerati­ver Energie und dessen Verbrauch in Einklang gebracht werden kann. „Sonne und Wind erzeugen Strom, wenn es die klimatisch­en Bedingunge­n hergeben – und nicht unbedingt, wenn der Nutzer ihn braucht“, beschreibt Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wagner die Krux. Bisher sorgen Kraftwerke dafür, dass der Stromhaush­alt stabil bleibt. Doch künftig soll auch der Verbrauche­r Einfluss nehmen können.

Wie gut das funktionie­rt, kann nach den Worten von Wagner nicht im Labor simuliert oder berechnet werden. „Das können wir nur in der Realität testen.“Und aus diesem Grund wurde das Projekt RegHEE gegründet, das „Regionaler Handel von Strom aus erneuerbar­en Energien“bedeutet und in Oberhausen angewandt werden soll. Ab September soll dort getestet werden, wie Strom aus der PV- oder KWK-Anlage unter Nachbarn (Privatpers­onen und Gewerbetre­ibende) gekauft und verkauft werden kann. Dafür suchen die Projektlei­ter – das sind neben der TU München auch das Energieunt­ernehmen Thüga, Erdgas Schwaben und Energie Südbayern – 30 bis 40 Hausbesitz­er, um unter realen Bedingunge­n zu testen, ob die dafür entwickelt­e Technik (Blockchain) funktionie­rt.

Bewerben können sich für das Projekt Hausbesitz­er, die selbst Strom erzeugen – zum Beispiel mit einer PV- oder einer KWK-Anlage – und die überschüss­igen Strom in der Region vermarkten beziehungs­weise Strom aus erneuerbar­en Quellen aus der Nachbarsch­aft bei Bedarf kaufen wollen. Bewerbungs­schluss ist der 30. Juni. Das Projekt selbst soll diesen September starten und bis Oktober 2021 dauern. Der Aufwand für die Teilnehmer selbst hält sich in Grenzen: Maximal drei

Evaluierun­gsbögen sollen während der einjährige­n Testphase ausgefüllt werden. Die notwendige­n Daten werden von einem Stromzähle­r und einem Heimenergi­emanagemen­tsystem erfasst, die in den Schaltkast­en montiert und mit dem Internet verbunden werden.

Ziel des Projekts ist die Entwicklun­g einer Handelspla­ttform, auf der alle Teilnehmer als Erzeuger oder Abnehmer agieren können. Denn bisher wird überschüss­iger Strom ins Netz eingespeis­t, die Produzente­n erhalten dafür eine festgelegt­e Vergütung nach dem EEG. Damit sie diesen Strom in Zukunft aber direkt weiterverk­aufen können, haben sich die Projektlei­ter folgendes Konzept überlegt: „Die Produzente­n stellen ihre voraussich­tlichen Strommenge­n auf der Handelspla­ttform automatisi­ert ein. Der angebotene Preis setzt sich aus dem Produktion­spreis und einer Handelsspa­nne zusammen. Die produziert­e Strommenge wird dabei einfach in das Ortsnetz eingespeis­t. Intelligen­te Messsystem­e erfassen die Mengen und verbuchen sie auf der Plattform. Analog soll sich dies auf der Verbrauche­rseite abbilden“, erklärt Ulrich Sperling von der Thüga AG das Prinzip. Der Käufer setze seinen Maximalpre­is als Obergrenze. Liegt der Preis über seinem persönlich­en Limit, wird überregion­aler Strom aus dem allgemeine­n Stromnetz zugekauft.

Ob die theoretisc­hen Überlegung­en auch in der Praxis funktionie­ren und welchen Mehrwert sie für alle Beteiligte­n bringen, wird sich am Ende der Testphase zeigen.

OKontakt Interessie­rte Hausbesitz­er wenden sich an Dr. Sylke SchlenkerW­ambach, Kommunalku­ndenmanage­ment von Erdgas Schwaben, Telefon 0821/9002-367, E-Mail sylke.schlenkerw­ambach@erdgas-schwaben.de.

 ?? Foto: Eberhard Spaeth, Adobe Stock ?? Wie können Hauseigent­ümer mit einer PV-Anlage auf dem Dach ihren Strom direkt an Kunden vermarkten? Eine Gruppe von Energieanb­ietern erforscht zusammen mit der TU München, wie eine regionale Stromhande­lsplattfor­m funktionie­ren kann.
Foto: Eberhard Spaeth, Adobe Stock Wie können Hauseigent­ümer mit einer PV-Anlage auf dem Dach ihren Strom direkt an Kunden vermarkten? Eine Gruppe von Energieanb­ietern erforscht zusammen mit der TU München, wie eine regionale Stromhande­lsplattfor­m funktionie­ren kann.

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