So wirkt sich die Krise auf Azubis aus
Viele Betriebe sind durch Corona in Schwierigkeiten geraten. Die Ausbildungsplätze sollen dadurch aber nicht gefährdet werden. Wie der Staat Firmen unterstützt und was sich auch dauerhaft ändern könnte
Augsburg Zwei von drei Auszubildenden sind in ihrer Arbeit direkt von der Corona-Krise betroffen, jeder dritte Lehrling könne zudem nicht mehr in seinem Beruf arbeiten, weil das Infektionsrisiko zu hoch sei. Und 16 Prozent sind in Kurzarbeit. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage des Ausbildungsportals ausbildung.de. Besonders betroffen sind Azubis aus der Gastronomie und Tourismus sowie Gesundheit und Pflege. Ein Blick in die Region stimmt hingegen optimistisch: Viele Branchen wollen weiterhin in die Ausbildung investieren.
Einige Unternehmen würden aktuell mit „Handbremse“Ausbildungsverträge unterzeichnen, sagte Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, in einem Podcast der „Initiative neue Qualität der Arbeit“. Um dies zu verhindern, hat die Bundesregierung ein Förderprogramm beschlossen. Kleine und mittelständische Unternehmen bekommen Prämien, wenn sie Ausbildungsplätze erhalten oder neue schaffen. Rund 2000 bis 3000
Euro sind dafür geplant. In den Eckpunkten des Bundesprogramms heißt es, damit solle verhindert werden, dass die „Covid-19-Krise zu einer Krise für die berufliche Zukunft junger Menschen und der Fachkräftesicherung wird“.
Die Förderung gilt branchenübergreifend. Besonders der krisengebeutelte Hotel- und Gastronomiebereich, in dem auch viele Geflüchtete angestellt sind, sei für die Arbeitsmarktintegration besonders wichtig und dürfe nicht zurückgeworfen werden, sagte Integrationsstaatsministerin Annette WidmannMauz.
Bislang habe die Corona-Krise die bayerischen Ausbildungsplätze weitgehend verschont und nur „sehr begrenzte Auswirkungen“gehabt, heißt es von der Bundesagentur für Arbeit. Zwar seien die Zahlen der Bewerber und der Ausbildungsstellen geringer als im Vorjahr. Dabei handle es sich aber um einen Trend, der schon vorher zu spüren gewesen sei. Dieser habe sich „nur geringfügig verstärkt“.
Besonders viele offene Lehrstellen gibt es nach Auskunft der Bundesagentur unter anderem im Verkauf, der Mechatronik, in Energieund Elektroberufen, im Vertriebsund im Handelsbereich. Für Jugendliche scheint sich der Markt derzeit, so zeigen es die Zahlen im Mai, sogar gut zu entwickeln: Rund 62000 Bewerber haben über die Agentur eine Stelle gesucht, während im selben Zeitraum rund 92000 Ausbildungsplätze von den Unternehmen gemeldet wurden.
Ein ähnliches Bild ergibt sich für Schwaben, wie eine Sprecherin der Arbeitsagentur bestätigt: „Die Firmen,
die uns vor der Corona-Pandemie ihre Ausbildungsstellen gemeldet haben, wollen und werden daran festhalten.“Das Interesse der Betriebe an der Nachwuchsförderung sei weiterhin stark ausgeprägt. Es gebe sogar Anfragen von Betrieben, die sich derzeit in Kurzarbeit befinden und trotzdem weiter Ausbildungsplätze anbieten wollen.
Erschwert habe sich durch die
Corona-Krise allerdings die Kommunikation zwischen den Unternehmen und den Bewerbern, sagt Volker Zimmermann. Er ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben. Denn durch ausgefallene Berufsmessen oder andere Lehrstellenbörsen und abgesagte Schulpraktika fielen wichtige Plattformen der Unternehmen weg, um potenzielle Bewerber zu finden. Die jungen Menschen, so Zimmermann, stehen vor den gleichen Problemen wie die Betriebe und müssten sich aktiv in Lehrstellenbörsen und anderen Online-Portalen informieren.
Allzu große Auswirkungen auf die Ausbildungsplätze erwartet die Kammer aber nicht. Denn die meisten Unternehmen der Handwerksbranche durften auch während der Corona-Beschränkungen weiter arbeiten. Und so werden auch die Ausbildungen „bis auf wenige Ausnahmen ganz normal weitergeführt“, sagt Zimmermann. Ebenso dürften die meisten Betriebe im Herbst neue Azubis einstellen. Allerdings, räumt er ein, gebe es auch Firmen, die wegen wirtschaftlicher
Probleme „eine Saison“aussetzen müssten.
Auch in anderen Branchen gibt es nach Auskunft von Wolfgang Haschner, Leiter des Fachbereichs Ausbildung der Industrie- und Handelskammer Schwaben, noch rund 1000 offene Lehrstellen, die ihnen gemeldet wurden – und bisher seien noch keine gestrichen worden. Ob letztlich auch alle Plätze besetzt werden können, sei noch nicht sichergestellt. Die Bereitschaft der Unternehmen sei jedenfalls vorhanden, betont Haschner. Trotz aller Unsicherheiten, die dazu führten, dass Bewerbungen mitunter lange ruhten, sei das Interesse der Betriebe an dem Förderprogramm zum Erhalt der Lehrstellen groß.
Wie vor der Pandemie wird die Ausbildung in vielen Berufen aber wohl nicht mehr sein: Etwa könne sich die Methodik verändern oder Ausbildungsinhalte würden hinzugefügt, sagt der Experte. Und eine direkte Folge der Corona-Krise sieht man schon jetzt: Mit sieben Wochen Verspätung starten heute 6300 Lehrlinge in ihre IHK-Abschlussprüfungen.
Die Unternehmen wollen weiter ausbilden