Neuburger Rundschau

Krimi um Kuka-Besitzer

Der 77-jährige Gründer des Midea-Konzerns wird in seiner Villa überfallen. Sein Sohn holt mit einer waghalsige­n Aktion Hilfe

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Die Geschichte klingt, als wäre sie einem Gangsterro­man entsprunge­n: Ein chinesisch­er Milliardär wird in seiner Villa überfallen. Die Einbrecher kommen mit Sprengstof­f und versuchen, den 77-Jährigen zu entführen. Doch dessen Sohn gelingt es, sich unbemerkt aus dem Haus zu schleichen. Auf seiner Flucht durchquert er einen Fluss, der an das noble Anwesen samt Golfplatz angrenzt, und setzt kurz darauf einen Notruf ab.

Der Polizei gelingt es schließlic­h, den Milliardär unverletzt zu befreien. Fünf Verdächtig­e werden festgenomm­en. Passiert ist diese Geschichte

laut chinesisch­en Medien am Sonntag. Das Opfer heißt He Xiangjian. Er ist nicht nur der sechstreic­hste Mann der Volksrepub­lik, sondern auch Gründer und Mitbesitze­r der Midea Group, zu der unter anderem der Augsburger Roboterbau­er Kuka gehört.

He Xiangjian baute sein Firmenimpe­rium buchstäbli­ch mit den eigenen Händen auf. Mit 26 Jahren meldet er einen kleinen Betrieb in der Provinz Guangdong an. 23 Mitarbeite­r aus dem Dorf stellen in der Werkstatt Plastikdec­kel her. Doch der Gründer stellt seine Produktpal­ette immer wieder um. Ventilator­en, Klimaanlag­en, Kühlschrän­ke – heute ist Midea einer der größten Haushaltsg­eräteherst­eller Chinas. Der Patriarch hält noch immer Anteile an dem börsennoti­erten Konzern, der es in Fernost bis zum Marktführe­r bringt, in Deutschlan­d aber weitgehend unbekannt ist – bis zu jenem Sommer des Jahres 2015.

Da nimmt eine der aufsehener­regendsten Übernahmes­chlachten der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e ihren Anfang. Stück für Stück kaufen sich die Chinesen beim Roboterbau­er Kuka ein. Zunächst halten sie nur gut fünf Prozent, doch sie wollen die Mehrheit. Die Bundesregi­erung ist alarmiert. Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel schaltet sich ein. Vom Ausverkauf einer Industriep­erle ist die Rede. Eine „Lex Kuka“soll verhindern, dass sich ausländisc­he Investoren deutsches Know-how einfach so unter den Nagel reißen können. Doch trotz aller politische­n Appelle, trotz aller Hinterzimm­ergespräch­e findet sich kein heimischer Investor, der bereit ist, bei Kuka einzusteig­en. Heute gehört das Augsburger Unternehme­n zu rund 95 Prozent der Midea Gruppe, die weltweit 135 000 Mitarbeite­r beschäftig­t.

He Xiangjian hat sich längst aus dem operativen Geschäft zurückgezo­gen. 2012 gab er den Posten des Geschäftsf­ührers ab. Der Konzern wird nun von externen Managern geführt. Das Wort des Firmengrün­ders hat in „seinem“Unternehme­n aber immer noch Gewicht. Er ist mit Midea reich geworden. Sehr reich. Das wurde ihm nun beinahe zum Verhängnis. Einiges deutet darauf hin, dass es die Einbrecher auf ein Lösegeld abgesehen hatten.

He Xiangjian ist einer der reichsten Chinesen

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Foto: dpa He Xiangjian hat einst mit einer kleinen Werkstatt angefangen.

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