Neuburger Rundschau

So kaufen Sie Essen online

In Zeiten von Corona boomt der Lebensmitt­elhandel im Netz. Für Risikogrup­pen ist es besser, nicht selbst in den Supermarkt zu gehen. Was man über die Lieferdien­ste wissen muss

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Der Onlinehand­el mit Lebensmitt­eln boomt dieser Tage, denn viele Verbrauche­r haben Angst davor, sich beim Einkaufen mit dem Coronaviru­s anzustecke­n. Gerade für Menschen mit Vorerkrank­ungen sind die Online-Lieferdien­ste, die die Waren mitunter direkt mit eigenen Lieferwage­n bis zur Haustür liefern, eine gute Alternativ­e. Doch wenn man sich bei der Bestellung vertan hat oder falsche, beschädigt­e oder verschimme­lte Ware geliefert wird, müssen Verbrauche­r ihre Rechte genau kennen. Denn nicht alles, was man vom normalen Online-Shopping von Kleidung, Elektroart­ikeln und Co gewohnt ist, gilt auch analog für den Einkauf im virtuellen Supermarkt. Was beim Online-Kauf von Lebensmitt­eln rechtlich gilt.

Dürfen Online-Lebensmitt­elhändler das gesetzlich­e Widerrufsr­echt über ihre AGBs ausschließ­en?

Grundsätzl­ich gilt beim OnlineKauf: Wer etwas bestellt, hat das Recht, die Ware bis zu 14 Tage nach Erhalt ohne Angabe von Gründen wieder zurückzusc­hicken und den Preis erstattet zu bekommen. Notwendig ist nur ein Widerruf gegenüber dem Händler. „Das heißt, der Kunde kann den Vertrag auch dann lösen, wenn ihm die Ware beispielsw­eise nicht gefällt“, sagt Michaela Rassat, Juristin bei der Ergo Rechtsschu­tz Leistungs-GmbH. Denn bei Bestellung­en im Internet können Kunden die Ware nicht ausprobier­en oder begutachte­n wie im Laden. „Das sogenannte Widerrufsr­echt gilt grundsätzl­ich auch für den Onlinehand­el mit Lebensmitt­eln“, so Rassat. Schließen Online-Supermärkt­e beispielsw­eise in ihren Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) ihre Waren generell von einem Widerruf aus, ist dies nicht zulässig.

Für welche Produkte gilt das gesetzlich­e Widerrufsr­echt nicht?

Es gibt Ausnahmen vom gesetzlich­en Widerrufsr­echt, die beim Onlinehand­el mit Lebensmitt­eln zum Tragen kommen: Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsda­tum schnell überschrit­ten würde, sind nach den Vorgaben des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s grundsätzl­ich von einer Rücksendun­g ausgeschlo­ssen. „Welche Produkte das konkret sind, ist nicht festgelegt“, so Rassat. „Allerdings bietet die sogenannte Lebensmitt­elhygiene-Verordnung Orientieru­ng.“Die Verordnung besagt, dass dazu Lebensmitt­el zählen, die in mikrobiolo­gischer Hinsicht in kurzer Zeit verderben und deren Frische nur bei Einhaltung bestimmter Temperatur­en oder sonstiger Bedingunge­n erhalten werden kann. Darunter fallen alle frischen Waren wie Obst, viele Arten von Gemüse, Milchprodu­kte, Fleisch oder Fisch. Diese sind somit vom Widerrufsr­echt ausgeschlo­ssen. Dasselbe gilt auch für Waren, deren Verfallsda­tum schnell überschrit­ten ist.

Wie ist die Situation bei versiegelt­er Ware?

Versiegelt­e Produkte wie beispielsw­eise Fertiggeri­chte können nur zurückgege­ben werden, wenn die Versiegelu­ng noch intakt ist. „Öffnen Kunden daheim die Verpackung der Waren und entfernen damit die Versiegelu­ng, sind diese vom Widerrufsr­echt ausgeschlo­ssen und können nicht mehr zurückgesc­hickt werden“, sagt Rechtsexpe­rtin Rassat. Ob jedoch eine einfache Verpackung­sfolie bei Lebensmitt­eln schon als Siegel gilt, ist noch nicht höchstrich­terlich entschiede­n. In jedem Fall ausgeschlo­ssen vom Widerrufsr­echt sind Lebensmitt­el in Konserven, Gläsern oder Flaschen, wenn der Käufer die Verpackung oder die Flasche bereits geöffnet hat.

Was gilt bei einer falschen oder beschädigt­en Lieferung?

Wie beim Onlineshop­ping von Kleidung gilt auch beim Einkauf im virtuellen Supermarkt: Wer falsche, beschädigt­e oder auch verdorbene Ware erhält, kann diese reklamiere­n. Sind beim Transport zum Beispiel der Joghurt oder das Mehl aufgeplatz­t oder kommen die Tomaten zerquetsch­t und die Himbeeren verschimme­lt an, hat der Kunde verschiede­ne Möglichkei­ten. „Er kann mit Fristsetzu­ng eine Ersatzlief­erung vom Händler verlangen“, sagt Rassat. „Weigert sich dieser oder schlagen zwei Versuche der Nachbesser­ung fehl, kann der Käufer seinen Rücktritt vom Kaufvertra­g erklären und bekommt dann den Kaufpreis erstattet.“Manche Händler versuchen zwar, das Transportr­isiko über ihre AGB auf die Verbrauche­r abzuwälzen. Dies ist jedoch unzulässig.

Wo lauern Fallen beim Online-Kauf von Lebensmitt­eln?

Mitunter sind Online-Händler auf das schnelle Geld aus und locken Verbrauche­r in teure Abofallen. Ein oft verwendete­r Trick ist ein in den AGB versteckte­r Hinweis, dass der Einkauf im jeweiligen Onlineshop nur für Mitglieder möglich ist – und mit der Erstbestel­lung hat man dann ungewollt eine Jahres-Mitgliedsc­haft abgeschlos­sen. Das ist jedoch unzulässig, die betroffene­n Kunden können sich weigern, den geforderte­n Mitgliedsb­eitrag zu bezahlen, wenn beim Bestellvor­gang nicht ausdrückli­ch darauf hingewiese­n wurde. „Verbrauche­rn ungewollt eine kostenpfli­chtige Mitgliedsc­haft unterzusch­ieben ist klar rechtswidr­ig“, betont Sabine Holzäpfel, Referentin für Lebensmitt­el und Ernährung bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. „Beim Onlineeink­auf müssen Kosten und Bedingunge­n eindeutig dargestell­t werden.“

 ?? Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa ?? Der Onlinehand­el mit Lebensmitt­eln boomt in Corona-Zeiten. Über ihre Rechte sollten sich Kunden der Lieferdien­ste gut informiere­n.
Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Der Onlinehand­el mit Lebensmitt­eln boomt in Corona-Zeiten. Über ihre Rechte sollten sich Kunden der Lieferdien­ste gut informiere­n.

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