Neuburger Rundschau

Kein Lockdown trotz 96 Corona-Fällen

Auf einem Spargelhof im Landkreis Aichach-Friedberg wurden viele Mitarbeite­r positiv auf Covid-19 getestet. Dennoch müssen die Bürger im Landkreis keine Auflagen fürchten

- VON NICOLE SIMÜLLER

Inchenhofe­n/Aichach-Friedberg 96 von 525 Mitarbeite­rn eines Spargelhof­s in Inchenhofe­n (Kreis AichachFri­edberg) sind in den vergangene­n zwei Wochen positiv auf Covid-19 getestet worden. Am Montag stellte das Landratsam­t die Testergebn­isse vor. Betroffen ist die Lohner Agrar GmbH. Wie die positiv Getesteten sind auch 28 Kontaktper­sonen in Quarantäne: Sie werden in den nächsten Tagen erneut getestet. Alle anderen haben die Rückreise nach Rumänien und Polen angetreten.

Für die Bewohner Inchenhofe­ns und des Landkreise­s haben die Testergebn­isse keine negativen Folgen. Das unterstric­hen sowohl Landrat Klaus Metzger als auch der Leiter des Gesundheit­samts, Dr. Friedrich Pürner, selbst Epidemiolo­ge. In den vergangene­n Tagen war im Landkreis und in den sozialen Netzwerken vielfach spekuliert worden, Kontaktbes­chränkunge­n könnten wieder verschärft oder gar der Schulbetri­eb eingestell­t werden, nachdem erst an diesem Montag wieder der Präsenzunt­erricht für alle Schüler begonnen hatte. Die Sorge gründete darauf, dass der Landkreis laut Bayerische­m Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it mit 75 Fällen in den vergangene­n sieben Tagen als einziger in Deutschlan­d den bundesweit­en Grenzwert von 50 und den bayerische­n Grenzwert von 35 Fällen je 100 000 Einwohner reißt.

Als Infektions­herd sieht das Gesundheit­samt den Ort und den Spargelhof dennoch nicht. Pürner hält es für wahrschein­lich, dass die Arbeiter die Erkrankung schon vor einiger Zeit durchgemac­ht haben – möglicherw­eise bereits vor der Einreise. Beweisen lasse sich das nicht, doch vieles spreche dafür. Denn der Abstrichte­st schlägt auf aktive und auf abgestorbe­ne Viren an. Die 96 Arbeiter im Alter von 18 bis 58 Jahren seien zwar positiv getestet, aber nicht krank, so Pürner. Nach wie vor zeige kein einziger Symptome von Covid-19. Damit wäre die anstrengen­de Arbeit auf den Feldern auch niemals leistbar.

Knapp die Hälfte der positiv Getesteten komme aus zwei benachbart­en Landkreise­n in Rumänien. Einige unter ihnen hätten berichtet, in den Wochen oder Monaten vor ihrer Einreise grippeähnl­iche Symptome gehabt zu haben. Unter den positiv Getesteten sei auch eine Verwaltung­smitarbeit­erin, die aber nicht im Landkreis Aichach-Friedberg wohne. Sie habe berichtet, im Februar krank gewesen zu sein.

Pürner nannte das Hygienekon­zept des Betriebs vor und nach den ersten positiven Tests „hervorrage­nd“. Die Mitarbeite­r seien in vielen Containern untergebra­cht gewesen, in denen es abgetrennt­e Bereiche mit Zwei-Bett-Zimmern gebe. Sie seien nach Zimmern getrennt in die Waschräume gegangen. Nach den ersten positiven Tests habe die Firma die meisten Arbeiter alleine untergebra­cht. Zum Essen wurden sie Pürner zufolge in kleinen Gruppen gebracht, am Tisch saßen sie zu dritt mit Mindestabs­tänden.

Positiv Getestete und enge Kontaktper­sonen seien in sechs getrennten Wohnblöcke­n unter Quarantäne gestellt worden. Bei ihnen wurden zweimal täglich die Temperatur gemessen und Krankheits­symptome abgefragt. Das Essen sei zu ihren Containern gebracht worden, wo sie es – nach Zimmern getrennt – holten. Der Betrieb habe heuer mehr Busse gekauft, um die Arbeiter in kleinen Gruppen und mit Schutzmask­en auf die Felder zu fahren. Im Betrieb sei ein Supermarkt eingericht­et worden. Auf dem Gelände gab es private Sicherheit­sleute. Die

Arbeiter hätten keinen Anlass gehabt, das Betriebsge­lände zu verlassen. Doch selbst wenn sie außerhalb einkaufen gegangen wären, wäre das nach Ansicht Pürners aufgrund von Maskenpfli­cht und Sicherheit­sabständen unproblema­tisch gewesen.

Aus seiner Sicht spreche viel dafür, dass die Maßnahmen vor Ort eingehalte­n wurden, auch wenn die Kontrollen seines Amtes zwar mehrfach, aber freilich nur punktuell stattfande­n. Die erste Kontrolle sei unangemeld­et gewesen. Wie berichtet, hat der Betrieb die Spargelsai­son freiwillig vorzeitig beendet.

Landrat Metzger sagte an die Landespoli­tik gerichtet: „Wir wünschen uns dringend, dass die Gesundheit­sämter konstant mit mehr Personal ausgestatt­et werden.“Die vergangene­n Wochen hätten gezeigt, dass es höchste Zeit sei, die chronische Unterbeset­zung zu beenden. Auch die Diskussion über den Wert kommunaler Krankenhäu­ser habe sich „hoffentlic­h ein für allemal erledigt“. Der Landkreis sei mit seinen Kliniken in Aichach und Friedberg „deutlich besser aufgestell­t“als andere. Während in Aichach Covid-19-Patienten behandelt wurden, wurden alle anderen in Friedberg aufgenomme­n.

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Symbolfoto: Silas Stein, dpa
Auf einem Spargelhof in Inchenhofe­n (Kreis Aichach-Friedberg) wurden 96 Mitarbeite­r positiv auf Covid-19 getestet. Symbolfoto: Silas Stein, dpa

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