Kein Lockdown trotz 96 Corona-Fällen
Auf einem Spargelhof im Landkreis Aichach-Friedberg wurden viele Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet. Dennoch müssen die Bürger im Landkreis keine Auflagen fürchten
Inchenhofen/Aichach-Friedberg 96 von 525 Mitarbeitern eines Spargelhofs in Inchenhofen (Kreis AichachFriedberg) sind in den vergangenen zwei Wochen positiv auf Covid-19 getestet worden. Am Montag stellte das Landratsamt die Testergebnisse vor. Betroffen ist die Lohner Agrar GmbH. Wie die positiv Getesteten sind auch 28 Kontaktpersonen in Quarantäne: Sie werden in den nächsten Tagen erneut getestet. Alle anderen haben die Rückreise nach Rumänien und Polen angetreten.
Für die Bewohner Inchenhofens und des Landkreises haben die Testergebnisse keine negativen Folgen. Das unterstrichen sowohl Landrat Klaus Metzger als auch der Leiter des Gesundheitsamts, Dr. Friedrich Pürner, selbst Epidemiologe. In den vergangenen Tagen war im Landkreis und in den sozialen Netzwerken vielfach spekuliert worden, Kontaktbeschränkungen könnten wieder verschärft oder gar der Schulbetrieb eingestellt werden, nachdem erst an diesem Montag wieder der Präsenzunterricht für alle Schüler begonnen hatte. Die Sorge gründete darauf, dass der Landkreis laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mit 75 Fällen in den vergangenen sieben Tagen als einziger in Deutschland den bundesweiten Grenzwert von 50 und den bayerischen Grenzwert von 35 Fällen je 100 000 Einwohner reißt.
Als Infektionsherd sieht das Gesundheitsamt den Ort und den Spargelhof dennoch nicht. Pürner hält es für wahrscheinlich, dass die Arbeiter die Erkrankung schon vor einiger Zeit durchgemacht haben – möglicherweise bereits vor der Einreise. Beweisen lasse sich das nicht, doch vieles spreche dafür. Denn der Abstrichtest schlägt auf aktive und auf abgestorbene Viren an. Die 96 Arbeiter im Alter von 18 bis 58 Jahren seien zwar positiv getestet, aber nicht krank, so Pürner. Nach wie vor zeige kein einziger Symptome von Covid-19. Damit wäre die anstrengende Arbeit auf den Feldern auch niemals leistbar.
Knapp die Hälfte der positiv Getesteten komme aus zwei benachbarten Landkreisen in Rumänien. Einige unter ihnen hätten berichtet, in den Wochen oder Monaten vor ihrer Einreise grippeähnliche Symptome gehabt zu haben. Unter den positiv Getesteten sei auch eine Verwaltungsmitarbeiterin, die aber nicht im Landkreis Aichach-Friedberg wohne. Sie habe berichtet, im Februar krank gewesen zu sein.
Pürner nannte das Hygienekonzept des Betriebs vor und nach den ersten positiven Tests „hervorragend“. Die Mitarbeiter seien in vielen Containern untergebracht gewesen, in denen es abgetrennte Bereiche mit Zwei-Bett-Zimmern gebe. Sie seien nach Zimmern getrennt in die Waschräume gegangen. Nach den ersten positiven Tests habe die Firma die meisten Arbeiter alleine untergebracht. Zum Essen wurden sie Pürner zufolge in kleinen Gruppen gebracht, am Tisch saßen sie zu dritt mit Mindestabständen.
Positiv Getestete und enge Kontaktpersonen seien in sechs getrennten Wohnblöcken unter Quarantäne gestellt worden. Bei ihnen wurden zweimal täglich die Temperatur gemessen und Krankheitssymptome abgefragt. Das Essen sei zu ihren Containern gebracht worden, wo sie es – nach Zimmern getrennt – holten. Der Betrieb habe heuer mehr Busse gekauft, um die Arbeiter in kleinen Gruppen und mit Schutzmasken auf die Felder zu fahren. Im Betrieb sei ein Supermarkt eingerichtet worden. Auf dem Gelände gab es private Sicherheitsleute. Die
Arbeiter hätten keinen Anlass gehabt, das Betriebsgelände zu verlassen. Doch selbst wenn sie außerhalb einkaufen gegangen wären, wäre das nach Ansicht Pürners aufgrund von Maskenpflicht und Sicherheitsabständen unproblematisch gewesen.
Aus seiner Sicht spreche viel dafür, dass die Maßnahmen vor Ort eingehalten wurden, auch wenn die Kontrollen seines Amtes zwar mehrfach, aber freilich nur punktuell stattfanden. Die erste Kontrolle sei unangemeldet gewesen. Wie berichtet, hat der Betrieb die Spargelsaison freiwillig vorzeitig beendet.
Landrat Metzger sagte an die Landespolitik gerichtet: „Wir wünschen uns dringend, dass die Gesundheitsämter konstant mit mehr Personal ausgestattet werden.“Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass es höchste Zeit sei, die chronische Unterbesetzung zu beenden. Auch die Diskussion über den Wert kommunaler Krankenhäuser habe sich „hoffentlich ein für allemal erledigt“. Der Landkreis sei mit seinen Kliniken in Aichach und Friedberg „deutlich besser aufgestellt“als andere. Während in Aichach Covid-19-Patienten behandelt wurden, wurden alle anderen in Friedberg aufgenommen.