Ein Schuss wie ein Hammer
Elfmeter-Kunst im Museum Penzberg
Penzberg Am Anfang war die Münze: Kopf oder Zahl entschied bei Unentschieden. Blieb sie beim Wurf senkrecht stehen, dann hatten alle ein Problem, der Schiedsrichter ebenso wie die Fußballspieler. Bis der Penzberger Karl Wald (19612011) das Elfmeterschießen entwickelte – und damit den Weltfußball revolutionierte.
Längst ist es eine Kunst für sich, bei der es nicht nur um Glück, sondern auch um Psychologie und subtile Tricks der „Elfmetertöter“geht. Jedes Jahr wird ein Ranking der Meister veröffentlicht; einer von ihnen war der unvergessene Robert Enke auf Platz zwei. So manches Elfmeterschießen war aufregender als das ganze Spiel zuvor. Man erinnere sich nur an den Halbfinale-Krimi der WM 1982, den Deutschland mit 8:7 gegen Frankreich gewann ...
Genau 50 Jahre ist es nun her, dass der Bayerische Fußballverband nach kurzem Zögern seine Einwilligung zu dieser Neuerung gab. Aus diesem Grund organisierte das Museum Penzberg die höchst animierende Ausstellung „Rasenglück. Die Erfindung des Elfmeterschießens“auf drei Ebenen des Museumsaltbaus. Animierend für Fußballfans, aber auch für Kunstliebhaber, werden doch auch Arbeiten hochrangiger Fotokünstler wie Regina Schmeken und Andreas Gursky, zwei Installationen des „Naglers“Günther Uecker oder Blätter des
Cartoonisten Christoph Niemann präsentiert, die sich alle leidenschaftlich mit dem Phänomen Fußball auseinandersetzen.
Der erste Raum entfaltet veritables Stadion-Feeling: Ein originales Tor, ein Kicker auf grünem Rasen, im Hintergrund eine bis auf den letzten Platz gefüllte Tribüne – nur die Sound-Kulisse der Fans fehlt. Vorbei an Devotionalien wie der Sportjacke des „Erfinders“Karl Wald und Erinnerungen an das hundertjährige Bestehen des traditionsreichen Kicker-Vereins der oberbayerischen Bergarbeiterstadt (darunter ein Lederball, der mit einer Schweinsblase gefüllt war) geht es nach oben zur Kunst.
Dort manifestiert sich Ueckers Hommage an den Sport in einem benagelten Keramik-Fußballschuh sowie einer Serie von weiß gelacktem Sportschuhwerk. Janina Stübler hat eigens für diese Schau einen „Teppich“aus alten Penzberger Fußballresten geschaffen, während Andreas Gursky den Blick in verschiedene Stadien ermöglicht, darunter die Arena Amsterdam. Regina Schmeken hält in ihrem Projekt „Unter Spielern“schwarz-weiß und in grobkörniger Vergrößerung die strammen Waden der deutschen Nationalmannschaft fest, etwa Thomas Müllers behaarte und bepflasterte Beine. Unter den Blättern von Christoph Niemanns humorvoller Serie „Nachspielzeit“sticht der hammerharte Super-Spieler hervor: Ein Fußballer, dessen Bein zum eisenharten Hammer mutiert ist. Laufzeit Bis 4. Oktober im Museum Penzberg, Di-So von 10 bis 17 Uhr