Auf der Spur des berühmten Jakob Balde
Pfarrei und Bauamt öffnen die Jesuitengruft in der Hofkirche. In der Rückwand tauchen Gebeine aus dem 17. Jahrhundert auf. Anfang Oktober schließt die Kirche für zwei Monate
Neuburg „Wer geht als Erster hinunter?“Die Öffnung der Jesuitengruft in der Hofkirche am Montag war zweifelsohne ein besonderes Ereignis, zumal man an eine etwa hundertjährige Premiere gedacht hatte. Als aber der Steinmetz meinte, „jetzt schauen wir mal, wie viel Sauerstoff da drunten ist“, hielt sich der Andrang zunächst in Grenzen.
Ein Ventilator blies Luft in die Gruft und Stadtpfarrer Herbert Kohler stieg als Erster nach unten. Auf Särge oder komplette Skelette stieß er in dem etwa zehn Meter langen, mit Ziegel gemauerten Gewölbegang gleich am Eingang der Hofkirche nicht. Auch die letzte Begehung liegt noch nicht so lange zurück. „Geöffnet am 19. November 1998“, steht dort eingeritzt in neuem Putz. Pfarrer Vitus Wengert war damals mit Administratorin Anni Basel zur Stelle gewesen. Im grellen Licht der Baustrahler eröffnet sich ein Blick auf Neuburger Kirchengeschichte. Ein wichtiges Stück davon schrieben die Jesuiten, die 1614 von Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm zur Rekatholisierung ins Fürstentum geholt worden waren. Der Orden hinterließ bis zu seinem Verbot 1773 nachhaltige Spuren in der Stadt. Seine Verstorbenen bestattete er bescheiden in der Gruft der Hofkirche direkt neben dem Kolleg.
Auch Jakob Balde (1604-1668), berühmter Kirchenlehrer, Dichter und Jesuitenpater, liegt in der Gruft - keineswegs besonders hervorgehoben unter seinen Ordenskollegen. „Die Jesuiten haben alle gleich bestattet, egal ob Direktor oder Pförtner“, weiß Heimatpfleger Manfred Veit. Und nachdem die Gruft wohl nur sechs bis acht Grabnischen bietet, sind sie seinerzeit immer wieder „leergeräumt“und neu belegt worden. Nur ganz hinten gibt ein Loch in der Rückwand den Blick auf menschliche Knochen frei, sozusagen im „Karner“. Ganz anonym sind die Bestattungen nicht, Inschriften weisen auf verstorbene Patres in den Jahren 1632, 1664, 1677 und 1688 hin. Etwa 50 Bestattungen seien nachgewiesen, „und möglicherweise sind auch einige Benediktiner dabei“, so Ulrike BullerLörsch vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt.
Die Jesuitengruft wird vermessen, statisch geprüft und bleibt ansonsten unberührt. Anlass für die Öffnung war die statische Frage, ob eine Hebebühne gefahrlos über die Steinplatten fahren kann. Die Innensanierung der Hofkirche hat nämlich gestern begonnen. Handwerker ziehen neue Elektroleitungen ein, montieren bessere Beleuchtung und erneuern die Heizung. Rund 650.000 Euro sind von der Pfarrei und dem Hofkirchenfonds aufzubringen. Die Diözese Augsburg unterstützt die Sanierung mit einem erheblichen Zuschuss, so Pfarrer Herbert Kohler. Vorerst bleiben Gottesdienste in der Kirche möglich, aber nach dem Erntedankfest am 4. Oktober muss für zwei Monate geschlossen werden. In der Adventszeit will der Pfarrer dann wieder zurück – und zwar in Hofund Peterskirche.