Wer steckt hinter Augustus Intelligence?
CDU-Mann Amthor war magisch von Managern der US-Firma Augustus Intelligence angezogen. Wer steckt hinter dem Unternehmen?
München/Berlin Es regnet unablässig in München. Im Rolls-RoyceShowroom an der Nymphenburger Straße 4 ist nichts los. Ein Verkäufer schaut suchend nach draußen. Vielleicht gehen die Geschäfte besser, wenn bald die Mehrwertsteuer gesenkt wird. In dem Bürokomplex neben dem Löwenbräukeller (Slogan: „So bayerisch wie noch nie“) soll nach Auskunft von Creditreform auch die Augustus Intelligence GmbH sitzen. Doch weder lässt sich über die Auskunft eine Telefonnummer recherchieren, noch findet sich unter den unzähligen Firmenschildern der Name des Unternehmens mit Hauptsitz in New York.
Von dort aus betreibt das Start-up im 77. Stock des neuen World Trade Centers Geschäfte. Wer sich nach dem machtbewussten und bei aller politischen Klugheit auch rücksichtslosen römischen Kaiser benennt und an einer der spektakulärsten Adressen der Welt logiert, leidet nicht unter mangelndem Selbstvertrauen. Davon zeugt auch die Internetseite von Augustus Intelligence. Dort geizt das Unternehmen zwar mit Informationen über Umsatz, Gewinn, Mitarbeiter und Referenzkunden, geht aber in die Vollen, was die Zukunft der Firma betrifft. Danach besteht die Mission der Firma darin, sichere Lösungen auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz zu entwickeln, um Kunden zu beschützen. Augustus Intelligence will der führende Zugang zur Künstlichen Intelligenz werden. So informationskarg sind nur wenige Internetseiten von Start-ups. Der politisch hoch hinaus wollende CDU-Jungstar Philipp Amthor, 27, aus dem ostdeutschen Seebad Ueckermünde (Leitspruch: „Neuer Mut“) hätte nach Google-Stunden und vielleicht einer Stippvisite nach München skeptisch sein sollen, was Augustus Intelligence betrifft.
Es wäre also schlau gewesen, einen weiten Bogen um die Firma zu machen. Dann hätte Amthor auf seiner Homepage, die deutlich aussagekräftiger als die der New Yorker Firma ist, nicht reumütig unter der Überschrift „Es war ein Fehler“einräumen müssen, durch das Engagement für Augustus Intelligence politisch angreifbar zu wirken. Nun habe er aber seine Nebentätigkeit für die Firma beendet und die Aktienoptionen des Unternehmens, die von ihm nie ausgeübt worden seien, zurückgegeben.
So hält sich der betont mit blondem Seitenscheitel und dunklen Anzügen bieder auftretende Konservative selbst eine Standpauke, auch, um nach Enthüllungen des Spiegels seine Karriere zu retten und zum
in MecklenburgVorpommern aufzusteigen.
Doch warum engagiert sich eine Nachwuchs-Hoffnung der CDU aus der Provinz ausgerechnet für ein US-Unternehmen, das weithin unbekannt ist? Eine Umfrage unserer Redaktion unter fünf führenden deutschen Experten für Künstliche Intelligenz, darunter vier Professoren, ergibt ein eindeutiges Bild. Die weltweit gut verdrahteten Spezialisten, die angesichts der „peinlichen Story“namentlich nicht auftauchen wollen, kennen allesamt Augustus
Intelligence nicht. Auch eine solche Blitzumfrage hätte Amthor davon abhalten können, sich in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister und Parteifreund Peter Altmaier für die Belange der amerikanischen Firma einzusetzen. Dann wäre es ihm erspart geblieben, nun öffentlich als Büßer beteuern zu müssen: „Ich bin nicht käuflich.“
Doch Amthor ist offensichtlich dem Charme aus Deutschland stammender Spitzen-Leute von Augustus Intelligence erlegen, die wiederum auch von seinen politischen TaCDU-Parteichef lenten fasziniert waren. Hier trafen zwei junge Männer aufeinander, die als Wunderkinder gelten. Pascal Weinberger, 23, wurde schon vom US-Magazin Forbes gefeiert. Er gilt als eine Art Genie auf dem Gebiet des maschinellen Lernens. Ihm wird zugetraut, einmal eine wirklich „einfühlsame“Software auszutüfteln. Weinberger (Motto: „Alles ist Information“) hat sein Physikstudium abgebrochen und scheint über Humor zu verfügen, schreibt er doch in seinem Profil auf dem sozialen Netzwerk LinkedIn, die Zeit an der Uni sei ihm nicht als zielführend erschienen. Auch gibt er an, 14 Sprachen zu sprechen, darunter befinden sich reichlich Computersprachen und auch Latein. Kommt daher seine Liebe zu Kaiser Augustus?
Als der Witzbold und Computerfreak realisierte, dass sich Amthor für Augustus Intelligence in Deutschland starkmacht, solle er von Wunderkind zu Wunderkind gesagt haben: „So ein geiler Typ! Wir müssen uns echt bei ihm bedanken.“Amthor wird den Dank in Form von Aktienoptionen heute sicher verfluchen. Zumindest hat er damit seinen Status als Wunderkind mit politischem Instinkt verwirkt.
Dabei hat Weinbergers Landsmann Wolfgang („Wolfi“) Haupt, wohl der führende Kopf bei Augustus, nicht nur ein Faible für Jungpolitiker
aus Deutschland. Auch ältere konservative Männer weiß der 33-Jährige zu umgarnen. Was sie auf fast schon groteske Weise eint, ist ein „Ex“vor der Berufsbezeichnung. So nennt der Spiegel hier ExVerteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, 48, als wichtigen Augustus-Mann, berichtet aber auch über Verbindungen zu ExVerfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen, 57, und Ex-Bundesnachrichten-Boss August Hanning, 74. Die Jungunternehmer aus New York sammeln prominente Konservative. Dafür gibt es in liberaler gesonnenen CDU- und CSU-Kreisen eine Vermutung: Die Truppe wolle Software an Sicherheitsbehörden in Deutschland verkaufen. Und wie fällt in diesem Milieu die Meinung über Amthor aus? Ein altgedienter Parlamentarier, der gerne in der „blöden Geschichte“unerkannt bleiben will, meint nur: „Ich habe den Hype um Amthor nie verstanden. Mir kam er immer wie ein seltsamer Heinz-Rühmann-Verschnitt aus der Feuerzangenbowle vor.“
Dabei droht Amthor nun auch noch gehöriges juristisches Ungemach. Nach Spiegel-Informationen prüft die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, ob im Fall „Augusta Intelligence“ein Anfangsverdacht der „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern vorliegt“.