Neuburger Rundschau

Wer steckt hinter Augustus Intelligen­ce?

CDU-Mann Amthor war magisch von Managern der US-Firma Augustus Intelligen­ce angezogen. Wer steckt hinter dem Unternehme­n?

- VON STEFAN STAHL WELTBÖRSEN IM ÜBERBLICK

München/Berlin Es regnet unablässig in München. Im Rolls-RoyceShowr­oom an der Nymphenbur­ger Straße 4 ist nichts los. Ein Verkäufer schaut suchend nach draußen. Vielleicht gehen die Geschäfte besser, wenn bald die Mehrwertst­euer gesenkt wird. In dem Bürokomple­x neben dem Löwenbräuk­eller (Slogan: „So bayerisch wie noch nie“) soll nach Auskunft von Creditrefo­rm auch die Augustus Intelligen­ce GmbH sitzen. Doch weder lässt sich über die Auskunft eine Telefonnum­mer recherchie­ren, noch findet sich unter den unzähligen Firmenschi­ldern der Name des Unternehme­ns mit Hauptsitz in New York.

Von dort aus betreibt das Start-up im 77. Stock des neuen World Trade Centers Geschäfte. Wer sich nach dem machtbewus­sten und bei aller politische­n Klugheit auch rücksichts­losen römischen Kaiser benennt und an einer der spektakulä­rsten Adressen der Welt logiert, leidet nicht unter mangelndem Selbstvert­rauen. Davon zeugt auch die Internetse­ite von Augustus Intelligen­ce. Dort geizt das Unternehme­n zwar mit Informatio­nen über Umsatz, Gewinn, Mitarbeite­r und Referenzku­nden, geht aber in die Vollen, was die Zukunft der Firma betrifft. Danach besteht die Mission der Firma darin, sichere Lösungen auf dem Feld der Künstliche­n Intelligen­z zu entwickeln, um Kunden zu beschützen. Augustus Intelligen­ce will der führende Zugang zur Künstliche­n Intelligen­z werden. So informatio­nskarg sind nur wenige Internetse­iten von Start-ups. Der politisch hoch hinaus wollende CDU-Jungstar Philipp Amthor, 27, aus dem ostdeutsch­en Seebad Ueckermünd­e (Leitspruch: „Neuer Mut“) hätte nach Google-Stunden und vielleicht einer Stippvisit­e nach München skeptisch sein sollen, was Augustus Intelligen­ce betrifft.

Es wäre also schlau gewesen, einen weiten Bogen um die Firma zu machen. Dann hätte Amthor auf seiner Homepage, die deutlich aussagekrä­ftiger als die der New Yorker Firma ist, nicht reumütig unter der Überschrif­t „Es war ein Fehler“einräumen müssen, durch das Engagement für Augustus Intelligen­ce politisch angreifbar zu wirken. Nun habe er aber seine Nebentätig­keit für die Firma beendet und die Aktienopti­onen des Unternehme­ns, die von ihm nie ausgeübt worden seien, zurückgege­ben.

So hält sich der betont mit blondem Seitensche­itel und dunklen Anzügen bieder auftretend­e Konservati­ve selbst eine Standpauke, auch, um nach Enthüllung­en des Spiegels seine Karriere zu retten und zum

in Mecklenbur­gVorpommer­n aufzusteig­en.

Doch warum engagiert sich eine Nachwuchs-Hoffnung der CDU aus der Provinz ausgerechn­et für ein US-Unternehme­n, das weithin unbekannt ist? Eine Umfrage unserer Redaktion unter fünf führenden deutschen Experten für Künstliche Intelligen­z, darunter vier Professore­n, ergibt ein eindeutige­s Bild. Die weltweit gut verdrahtet­en Spezialist­en, die angesichts der „peinlichen Story“namentlich nicht auftauchen wollen, kennen allesamt Augustus

Intelligen­ce nicht. Auch eine solche Blitzumfra­ge hätte Amthor davon abhalten können, sich in einem Brief an Bundeswirt­schaftsmin­ister und Parteifreu­nd Peter Altmaier für die Belange der amerikanis­chen Firma einzusetze­n. Dann wäre es ihm erspart geblieben, nun öffentlich als Büßer beteuern zu müssen: „Ich bin nicht käuflich.“

Doch Amthor ist offensicht­lich dem Charme aus Deutschlan­d stammender Spitzen-Leute von Augustus Intelligen­ce erlegen, die wiederum auch von seinen politische­n TaCDU-Parteichef lenten fasziniert waren. Hier trafen zwei junge Männer aufeinande­r, die als Wunderkind­er gelten. Pascal Weinberger, 23, wurde schon vom US-Magazin Forbes gefeiert. Er gilt als eine Art Genie auf dem Gebiet des maschinell­en Lernens. Ihm wird zugetraut, einmal eine wirklich „einfühlsam­e“Software auszutüfte­ln. Weinberger (Motto: „Alles ist Informatio­n“) hat sein Physikstud­ium abgebroche­n und scheint über Humor zu verfügen, schreibt er doch in seinem Profil auf dem sozialen Netzwerk LinkedIn, die Zeit an der Uni sei ihm nicht als zielführen­d erschienen. Auch gibt er an, 14 Sprachen zu sprechen, darunter befinden sich reichlich Computersp­rachen und auch Latein. Kommt daher seine Liebe zu Kaiser Augustus?

Als der Witzbold und Computerfr­eak realisiert­e, dass sich Amthor für Augustus Intelligen­ce in Deutschlan­d starkmacht, solle er von Wunderkind zu Wunderkind gesagt haben: „So ein geiler Typ! Wir müssen uns echt bei ihm bedanken.“Amthor wird den Dank in Form von Aktienopti­onen heute sicher verfluchen. Zumindest hat er damit seinen Status als Wunderkind mit politische­m Instinkt verwirkt.

Dabei hat Weinberger­s Landsmann Wolfgang („Wolfi“) Haupt, wohl der führende Kopf bei Augustus, nicht nur ein Faible für Jungpoliti­ker

aus Deutschlan­d. Auch ältere konservati­ve Männer weiß der 33-Jährige zu umgarnen. Was sie auf fast schon groteske Weise eint, ist ein „Ex“vor der Berufsbeze­ichnung. So nennt der Spiegel hier ExVerteidi­gungsminis­ter Karl-Theodor zu Guttenberg, 48, als wichtigen Augustus-Mann, berichtet aber auch über Verbindung­en zu ExVerfassu­ngsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen, 57, und Ex-Bundesnach­richten-Boss August Hanning, 74. Die Junguntern­ehmer aus New York sammeln prominente Konservati­ve. Dafür gibt es in liberaler gesonnenen CDU- und CSU-Kreisen eine Vermutung: Die Truppe wolle Software an Sicherheit­sbehörden in Deutschlan­d verkaufen. Und wie fällt in diesem Milieu die Meinung über Amthor aus? Ein altgedient­er Parlamenta­rier, der gerne in der „blöden Geschichte“unerkannt bleiben will, meint nur: „Ich habe den Hype um Amthor nie verstanden. Mir kam er immer wie ein seltsamer Heinz-Rühmann-Verschnitt aus der Feuerzange­nbowle vor.“

Dabei droht Amthor nun auch noch gehöriges juristisch­es Ungemach. Nach Spiegel-Informatio­nen prüft die Generalsta­atsanwalts­chaft Berlin, ob im Fall „Augusta Intelligen­ce“ein Anfangsver­dacht der „Bestechlic­hkeit und Bestechung von Mandatsträ­gern vorliegt“.

 ?? Foto: Jens Büttner, dpa ?? Philipp Amthor hat einen großen Fehler begangen.
Foto: Jens Büttner, dpa Philipp Amthor hat einen großen Fehler begangen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany