Ist der Landkreis bald coronafrei?
Nur noch sieben Personen sind mit dem Corona-Virus infiziert. Die Notfalleinrichtungen werden abgebaut und ein Stückchen Normalität kehrt zurück. Landratsamt und Polizei berichten von einer harten Zeit
Nur noch sieben Personen sind mit dem Corona-Virus infiziert. Landratsamt und Polizei berichten von einer harten Zeit.
Neuburg-Schrobenhausen Die Zahl ist überschaubar. Nur noch sieben Personen im Landkreis NeuburgSchrobenhausen sind mit dem neuartigen Corona-Virus infiziert. Seit knapp einer Woche kam kein neu Erkrankter mehr hinzu. Auch alle Personen, mit denen die sieben Infizierten Kontakt hatten und ermittelt werden konnten, sind laut Landratsamt bereits durchgetestet – und negativ. Sind wir also bald coronafrei?
Um eine Region als coronafrei bezeichnen zu können, gibt es eine eindeutige Definition. Und die besagt unter anderem, dass alle Menschen genesen und aus der verordneten Quarantäne entlassen sein müssen. Sollte dann kein neuer Fall hinzu kommen, gilt die Region 14 Tage später – so lange ist die angenommene Inkubationszeit – als coronafrei. Doch so weit, sagt Katharina Huber, seien wir im Landkreis noch nicht. Sie leitet die „Führungsgruppe Katastrophenschutz“und ist seit über vier Monaten im Dauereinsatz. Aber sie sagt auch: „Wir sind auf einem guten Weg.“
Die sieben Infizierten verteilen sich auf die Gemeinden Brunnen, Weichering, Königsmoos sowie Neuburg und Schrobenhausen. 309 gelten als genesen, 17 sind gestorben, darunter auch Neuburgs Stadtrat Josef Götzenberger (siehe Artikel
Seite 25). Während es Gemeinden gibt, die noch keinen einzigen Fall hatten, wie zum Beispiel Berg im Gau, gibt es auch Kommunen, in denen es ungewöhnlich viele Fälle gab, wie zum Beispiel in Karlskron (26), Königsmoos (21) oder Burgheim (25). Dort war jedoch ein Seniorenheim betroffen. Mit 114 Fällen ist Schrobenhausen Spitzenreiter in der Region, unter anderem weil das Virus hier in zwei Asylunterkünften um sich griff. Die Gemeinschaftsunterkunft in Neuburg blieb bisher verschont. 78 Fälle verzeichnete die Große Kreisstadt 78. In Relation zur Einwohnerzahl nicht viel, wie Katharina Huber findet.
335 Fälle gab es im Landkreis bisher. 335 Personen, deren Kontaktpersonen herausgefiltert, informiert und getestet werden mussten. Mit den normalen Kapazitäten hätte das das Gesundheitsamt niemals stemmen können. Deswegen schickte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Beamtenanwärter in die Gesundheitsämter, so auch nach Neuburg. Rund 14 waren im Einsatz, Ende Juni werden sie wieder abgezogen. Dazu kamen Personen aus anderen Behörden und solche, die in ihren Jobs in Kurzarbeit geschickt worden waren, sich aber nützlich machen wollten. Mitarbeiter der Bundeswehr leisteten Amtshilfe und Helfer der Feuerwehren, des THW, des BRK und der Polizei halfen punktuell aus, zum Beispiel bei der Drive-In-Aktion zur Massentestung. „Wir waren extrem dankbar für diese Unterstützung, hätten zur Hochzeit aber noch viele, viele mehr brauchen können“, zieht Katharina Huber Bilanz. Inwieweit die am Dienstag erschienene Corona-App die Gesundheitsämter entlasten kann, weiß noch niemand so genau.
Fest steht jedenfalls, dass nicht nur das normale Leben immer mehr zurückkehrt, sondern dass auch die Notfallinstitutionen, die im März und April in Windeseile aus dem Boden gestampft wurden, langsam wieder zurückgebaut werden. Das Notkrankenhaus ist schon abgebaut, könne aber innerhalb von 48 Stunden reaktiviert werden, versichert Katharina Huber. Wie es mit der
weitergeht, werde gerade geprüft. Die Nachfrage sei jedenfalls stark sinkend.
Auch bei der Polizei in Neuburg kehrt schön langsam wieder etwas mehr Normalität ein. Die Zeit des Lock-downs sei fordernd gewesen, wie der Leiter der Neuburger Polizeidienststelle Norbert Bachmaier, sagt, und ohne die Hilfe der Bereitschaftspolizisten nicht möglich gewesen. Ein Großteil der Hinweise über Verstöße gegen die Kontaktbeschränkung, die Maskenpflicht im Einzelhandel oder gegen die Abstandsregeln hätte die Polizei aus der Bevölkerung bekommen. „Das waren nicht wenige, aber machbar für die Kollegen“, resümiert Bachmaier. Weil die Zahl anderer Delikte, wie zum Beispiel Verkehrsunfällen, stark zurückgegangen ist, hatten die Beamten mehr Kapazitäten für coronabedingte Einsätze. Inzwischen sei die Zahl der Anzeigen wesentlich zurückgegangen. Man könne schon von Einzelfällen sprechen,
so der Polizeichef. Vermehrte Einsätze wegen häuslicher Gewalt, wie von vielen befürchtet wurde, konnte die Polizei laut Bachmaier im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen nicht verzeichnen.
Ist der Landkreis also bisher mit einem blauen Auge davon gekommen? Dazu hat die Leiterin der „Führungsgruppe Katastrophenschutz“, Katharina Huber, eine klare Meinung: „Ich bin mir sicher, dass alle Beteiligten alles MenschenFieberambulanz
mögliche getan haben, um Schlimmeres zu verhindern. Aber wir sehen Menschen, deren Existenzen Corona zerstört hat, wir sehen Menschen, die persönlich durch eine sehr schwere Zeit gegangen sind, und wir haben 17 Menschen, die gestorben sind. Deswegen tue ich mich schwer zu sagen, dass wir mit einem blauen Auge davon gekommen sind. Aber es stimmt, Corona hätte uns auch noch härter treffen können.“