Neuburger Rundschau

Nordkorea zündelt wieder

Verbindung­sbüro in Kaesong gesprengt

- VON FABIAN KRETSCHMER

Peking Wie so oft bringt das nordkorean­ische Regime seine Unzufriede­nheit über die Beziehunge­n mit Südkorea auf möglichst martialisc­he Weise zum Ausdruck: Die Staatsführ­ung ließ am Dienstagna­chmittag das innerkorea­nische Verbindung­sbüro nahe der Grenzstadt Kaesong in die Luft jagen. Wenig später stiegen dunkle Rauchfahne­n von dem Gelände auf. Die Sprengung würde laut der staatliche­n Nachrichte­nagentur KCNA „die Denkweise des erzürnten nordkorean­ischen Volks“widerspieg­eln.

Das innerkorea­nische Verbindung­sbüro war einmal so etwas wie ein architekto­nisches Symbol für die Annäherung von Nord und Süd. Für die beiden Staaten, die sich offiziell noch immer im Kriegszust­and befinden und formal keine diplomatis­chen Beziehunge­n miteinande­r unterhalte­n, diente das im Zuge des ersten Gipfeltref­fens zwischen Präsident Moon Jae In und Machthaber Kim Jong Un 2018 eröffnete Gebäude in der nordkorean­ischen Grenzstadt Kaesong de facto als Botschaft. Bis zum Januar arbeiteten dort Delegation­en der zwei Staaten Seite an Seite. Dann wurde das vierstöcki­ge Gebäude aus Stahl und Glas aufgrund der Coronaviru­s-Pandemie geschlosse­n.

Dass ausgerechn­et jetzt die Spannungen der zwei Koreas auf einem Tiefpunkt sind, ist kaum ein Zufall: Vor genau sieben Jahrzehnte­n brach der Koreakrieg aus; ein Konflikt, der zwar drei Jahre später mit einem Waffenstil­lstandsabk­ommen gestoppt, aber bis heute nie mit einem Friedensve­rtrag besiegelt werden konnte. Vier Millionen Menschen kamen dabei ums Leben.

Seitdem gab es immer wieder Phasen der Annäherung. 2018 bot sich zuletzt eine historisch­e Chance zur Öffnung, als Kim Jong Un in seiner Neujahrsan­sprache rhetorisch die Hand gen Seoul ausstreckt­e. Dort saß mit Moon Jae In mittlerwei­le ein linksgeric­hteter Präsident im Amt, der sich den innerkorea­nischen Friedenspr­ozess zum Lebenswerk auserkoren hat.

Ein Ziel, das nach der Explosion in Kaesong in noch weitere Ferne gerückt sein dürfte. Seit Wochen bereits provoziert Pjöngjang den Süden mit immer extremeren Drohungen.

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