Neuburger Rundschau

Immer wieder Mundschutz-Zoff

Für die meisten Menschen ist die Gesichtsma­ske längst zum Alltagsbeg­leiter geworden – andere indes weigern sich, sie aufzusetze­n. Manchmal entbrennt daraus sogar ein handfester Streit. Lässt die Disziplin der Bürger langsam nach?

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Vor kurzem in der Linie 1 der Augsburger Straßenbah­n: Ein Mann betritt die Tram, einen Mundschutz trägt er nicht, obwohl er das eigentlich müsste. Der Fahrer spricht ihn an, bittet ihn, eine Mund-Nasen-Bedeckung aufzusetze­n – und dann eskaliert die Situation. Zuerst fallen nur wüste Beschimpfu­ngen, später dann leert der zornige Fahrgast den kompletten Inhalt seiner Essensbox in der Straßenbah­n aus.

Es sind Fälle wie dieser, die zeigen: Längst nicht alle Menschen sehen es ein, eine Maske zu tragen. Und mitunter ist deren Zündschnur extrem kurz. Derlei Meldungen liest man in den vergangene­n Wochen immer wieder. Und man fragt sich: Lässt die Disziplin langsam nach? Nehmen wir die ganze Sache etwa nicht mehr so ernst wie zu Beginn der Corona-Krise?

Zu diesem Schluss könnte man jedenfalls kommen, wenn man Vorfälle wie diesen hört: Eine 29-jährige Frau sitzt ohne Mundschutz im Wartezimme­r einer Passauer Arztpraxis. Ein anderer Patient macht sie darauf aufmerksam – und bei der

Frau brennen die Sicherunge­n durch. Sie geht auf den Mann los, beleidigt ihn mehrmals und versucht, ihn zu schlagen. Dann schubst sie die Ehefrau des Mannes auf den Boden und bespuckt sie.

Die gute Nachricht ist aber: Solche Vorfälle sind bisher die Ausnahme. Das sagt zumindest Maria Enslin, Pressespre­cherin des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord in Augsburg. Gravierend­e Verstöße im Zusammenha­ng mit der Maskenpfli­cht sowie Personen, die das Tragen einer Maske partout verweigert­en, seien nur in Einzelfäll­en festgestel­lt worden, sagt Enslin. Und eine Häufung im Vergleich zur Corona-Anfangszei­t könne man aktuell auch nicht feststelle­n. In Zahlen ausgedrück­t verhält es sich so: Im gesamten Präsidiums­bereich, in dem rund 900000 Menschen leben, mussten bisher etwa 30 Anzeigen wegen eines Verstoßes gegen die Maskenpfli­cht aufgenomme­n werden.

Leichtere Verstöße hätten zum Großteil Personen betroffen, die an Haltestell­en warteten, ohne eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, oder die Masken falsch, also nicht über Mund und Nase, getragen hatten. Oft seien den Menschen die genauen Regelungen nicht klargewese­n. „Wie bei den sogenannte­n Face-Shields, welche keinen gleichwert­igen Ersatz für eine Maske darstellen, da sie Mund und Nase nicht bedecken“, erklärt Enslin. Die Beamten würden solche Unsicherhe­iten im Gespräch mit den Betroffene­n – die zum Großteil gewillt seien, sich an die Regeln zu halten – beheben.

Auch in Supermärkt­en und anderen Geschäften kommt es immer wieder vor, dass Menschen ohne Mund-Nasen-Schutz einkaufen wollen. Die Polizei sei auch schon von Gewerbetre­ibenden zur Unterstütz­ung gerufen worden, wenn die Ladeninhab­er die Situation mit uneinsicht­igen Kunden nicht lösen konnten. „Teilweise erreichen uns auch Mitteilung­en von Kunden über Personen in Geschäften, welche keine geeignete Maske beziehungs­weise diese falsch tragen“, berichtet Enslin. Auch diesen Hinweisen – welche jedoch nicht gehäuft auftreten würden – gehe man nach. „Dabei haben wir auch schon Personen ohne Maske angetroffe­n, welche eine Ausnahmege­nehmigung des Gesundheit­samtes vorweisen konnten“, fährt Enslin fort. Für andere

Kunden sei das natürlich nicht ersichtlic­h und erwecke deswegen den Eindruck, dass sie die Maske absichtlic­h nicht aufsetzten.

Wie reagieren eigentlich die Supermärkt­e selbst, wenn Menschen ohne Maske in die Läden kommen? „Wir klären unsere Kunden umfassend über die Tragepflic­ht eines Mund-Nasen-Schutzes in unseren Märkten mit entspreche­nden Hinweisen auf und appelliere­n mit

Nachdruck an unsere Kunden, die Vorschrift­en genau einzuhalte­n“, teilt Kristina Schütz, die Sprecherin der Rewe-Gruppe, mit. „Gerade in der aktuellen Situation werden die geöffneten Verkaufsst­ellen von den Behörden regelmäßig vor Ort kontrollie­rt“, erklärt Schütz. „Vor diesem Hintergrun­d können Sie grundsätzl­ich sicher sein, dass wir unser Möglichste­s tun, um mit den einzelnen Schutzmaßn­ahmen Kunden wie Mitarbeite­r in unseren Märkten zu schützen.“Und von Edeka Südbayern heißt es: „Selbstvers­tändlich sind unsere Mitarbeite­rinnen und

Mitarbeite­r mit den geltenden Hygienemaß­nahmen vertraut und angehalten, Kunden auf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufmerksam zu machen.“Die bisherige Erfahrung zeige jedoch, dass sich die Kunden sehr vorbildlic­h verhalten und Rücksicht auf Mitarbeite­r und andere Kunden nähmen.

Das ist aber nicht immer so. Manchmal müssen Kassierer nicht nur vor dem Virus, sondern auch vor Gewalt geschützt werden. In der vergangene­n Woche wurde eine Mitarbeite­rin einer Tankstelle im Augsburger Stadtteil Lechhausen von einem Mann verletzt, nachdem sie ihn auf seinen fehlenden Mundschutz hingewiese­n hatte. Der Aufforderu­ng, doch bitte eine Maske aufzusetze­n, kam der 30-Jährige nicht nach. Er beleidigte die Frau, bezahlte und ging nach draußen. Da er sich aber weiter auf dem Gelände der Tankstelle aufhielt, forderte die 60-jährige Kassiereri­n ihn auf, zu gehen – der Mann kehrte stattdesse­n an die Kasse zurück und schlug so fest gegen die Plexiglass­cheibe, dass sie zerbrach. Die Kassiereri­n wurde dabei im Gesicht verletzt. Die Polizei sucht nun nach dem bisher unbekannte­n Mann.

Kunde verletzt Kassiereri­n

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Am Boden, statt auf Mund und Nase: Nicht alle Menschen halten sich an die Mundschutz-Pflicht. Immer wieder gibt es Streit.
Symbolfoto: Alexander Kaya Am Boden, statt auf Mund und Nase: Nicht alle Menschen halten sich an die Mundschutz-Pflicht. Immer wieder gibt es Streit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany