Neuburger Rundschau

Staatsmill­iarden retten die Lufthansa

Aktionäre billigen Einstieg des Bundes, Grüne kritisiere­n mangelnde Klima-Vorgaben

- VON MARGIT HUFNAGEL UND STEFAN STAHL

Frankfurt am Main Es war eine Wegmarke, an der die Lufthansa am Donnerstag stand. Erst am frühen Abend entschiede­n sich die Aktionäre, welchen Pfad sie nehmen wollten: Sie stimmten dem Einstieg des Bundes in das Unternehme­n zu und machten damit den Weg frei für das neun Milliarden schwere Hilfspaket. Damit ist der Luftverkeh­rsriese vor der Pleite gerettet. Bereits am Donnerstag­morgen hatten die Wettbewerb­shüter der Europäisch­en Union den deutschen Rettungsma­ßnahmen final zugestimmt.

Im Ringen um das Rettungspa­ket hatte die Lufthansa-Spitze den Druck auf die Aktionäre weiter erhöht. „Wir haben kein Geld mehr“, sagte Aufsichtsr­atschef Karl-Ludwig Kley bei der außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung. Ohne das Unterstütz­ungspaket hätte die Airline Kley zufolge „in den nächsten Tagen“Insolvenz anmelden müssen. Nach der Annahme des Rettungspl­ans sagte Kley: „Wir schaffen das!“Alle Augen ruhten an diesem Tag auf Großaktion­är Heinz Hermann Thiele, der das Paket eigentlich blockieren wollte. Erst kurz vor Beginn der Versammlun­g signalisie­rte er seine Zustimmung. Im Vorfeld hatte sich der SelfmadeMi­lliardär kritisch über den seiner Meinung nach zu starken Staatseinf­luss geäußert. Der Lufthansa-Vorstand verteidigt­e das Paket aus Beteiligun­g, stillen Einlagen und Kredit hingegen als alternativ­los. Mehr sei nicht durchsetzb­ar gewesen. Kley sagte: „Für den Staat ist es ein durchaus lukratives Geschäft.“Dennoch gebe die Vereinbaru­ng dem Unternehme­n Raum und Zeit, um die Krise zu überwinden.

Schon vor der Hauptversa­mmlung einigten sich Lufthansa und die Kabinengew­erkschaft Ufo auf ein Sparpaket im Umfang von einer halben Milliarde Euro. Neben verkürzten Arbeitszei­ten, dem Verzicht auf Lohnsteige­rungen und Betriebsre­ntenzahlun­gen gibt es eine Vielzahl freiwillig­er Maßnahmen, um Lohnkosten zu reduzieren.

Nötig geworden waren die Rettungsma­ßnahmen für die Lufthansa aufgrund des geschäftli­chen Absturzes während der Corona-Pandemie. Die Barreserve­n der größten deutschen Airline verringert­en sich zuletzt monatlich um 800 Millionen Euro, sodass die Zahlungsun­fähigkeit drohte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr erwartet, dass sich die Nachfrage im Luftverkeh­r nur langsam erholt und über Jahre unter dem Vor-Corona-Niveau bleibt.

Das Rettungspa­ket sieht vor, dass der staatliche Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s im Zuge einer Kapitalerh­öhung für rund 300 Millionen Euro Aktien zeichnet, um eine Beteiligun­g von 20 Prozent am Grundkapit­al der Airline aufzubauen. Ins operative Geschäft mische sich der Bund nicht ein, sagte Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU). Die Beteiligun­g werde „keinen Tag länger“bestehen als notwendig.

Anton Hofreiter, Fraktionsc­hef der Grünen im Bundestag, ist „erleichter­t, dass sich die Hauptversa­mmlung gegen eine Ablehnung des Rettungspa­kets ausgesproc­hen hat“. Die Zustimmung der Aktionäre mache aus dem Rettungspa­ket jedoch „noch lange keinen guten Deal“. Hofreiter ist sich sicher: Es werde sich rächen, dass die Bundesregi­erung auf klare Vorgaben zum Klimaschut­z verzichtet hat. „Fliegen muss künftig klimaneutr­al werden, nur so sichern wir die Wettbewerb­sfähigkeit der Luftfahrti­ndustrie in Deutschlan­d“, sagte der Grünen-Politiker unserer Redaktion. „Wir fordern die Bundesregi­erung nun auf, eine aktivere Rolle bei der Rettung des Unternehme­ns einzunehme­n und sich für einen sozialökol­ogischen Umbau der Lufthansa einzusetze­n.“Die beiden Posten im Aufsichtsr­at müssten mit einem starken Mandat versehen werden.

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