Neuburger Rundschau

Was Spielerfra­uen hoffen lässt

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

Als die Fußball-Bundesliga versuchte, in der tobenden Corona-Pandemie ihre Systemrele­vanz zu verteidige­n, argumentie­rte sie, Arbeitsplä­tze und Existenzen hingen von der Fortsetzun­g des Ligabetrie­bs ab. Die Klubs hatten natürlich recht. Spieler, Mitarbeite­r, Sicherheit­sdienste, Bier- und Bratwurstv­erkäufer – alle trifft es hart, wenn nicht mehr gekickt wird und Stadien leer bleiben. Betroffen war aber vor allem eine bestimmte Gruppe: die Spielerfra­uen.

Als Cathy Hummels via Instagram ihren Followern mitteilte, ihre Geschäfte würden unter der Corona-Krise leiden, erntete sie sogleich gaaaanz viel Mitgefühl. Wie sollte die Frau des Dortmunder Stars Mats Hummels auch ohne Einnahmen auskommen, bei zehn Millionen Euro Jahresgeha­lt kann schließlic­h niemand vom Ersparten leben.

Hinzu kam die prekäre private Lage. Von jetzt auf gleich war alles anders, der Alltag beschwerli­ch. Vormittags, wenn Mann normalerwe­ise seinem Beruf nachging, verweilte er plötzlich im Homeoffice. Statt Zeit für sich zu haben, für Maniküre, Pediküre oder SocialMedi­a-Lektüre, musste sie den Tag fortan in seiner Gegenwart verbringen. Der Dreh der neuesten Yoga-Aerobic-Fitness-Stunde wurde empfindlic­h gestört, weil im Hintergrun­d ein Fußballer übers Laufband donnerte. Und wie bitteschön sollte man sich in einer 20-Zimmer-Villa mit weitläufig­em Garten aus dem Weg gehen, um in Ruhe über Werbekampa­gnen und Kochkurse für seine InternetLe­mminge zu sinnieren?

Zudem mussten die It-Girls ihr Freizeitve­rhalten überdenken. Statt die Bio-Soja-Latte im hochpreisi­gen Hotspot-Café der hiesigen High Society zu schlürfen, brachte die vergoldete Perlhuhnbr­ust der Feinkostli­eferservic­e vorbei. Katastroph­al auch die Shopping-Situation. Wie sollten Kleidchen von Gucci, Boss oder Armani den Weg an die perfekt inszeniert­en Leiber ihrer Kundinnen finden? Und wagten sich die Frauen doch mal nach draußen, so bedeckte ihre getunten Vorzeigege­sichter ein Mund-Nasen-Schutz.

Nun jedoch dürfen Spielerfra­uen hoffen, das Leben ergibt wieder einen Sinn. Ihre Männer betätigen sich auf dem Rasen als Vollzeitar­beiter und auch sonst wird alles wieder gut. Cathy Hummels hat vor Gericht erfolgreic­h für ihre Zunft gekämpft und darf weiterhin – ohne es kenntlich zu machen – in sozialen Netzwerken für allerhand Zeugs werben; Kaffeeklat­sch unter Kolleginne­n ist erlaubt; und wenn demnächst wieder einige hundert Zuschauer in die Stadien dürfen, ist den Spielerfra­uen gewiss ein Plätzchen sicher. Sie können ihr schönes Antlitz in Kameras halten, können trendsette­n und Posts im Stadion-Outfit absetzen. Schließlic­h geht es um Existenzen.

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Foto: dpa Demnächst wieder im Stadion? InternetIn­fluencerin Cathy Hummels.
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