Neuburger Rundschau

FCA hätte Müller zum „Schnäppche­npreis“bekommen

Der damalige Manager Andreas Rettig erinnert sich an die Verhandlun­gen mit dem jetzigen Weltklasse­spieler

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Andreas Rettig wollte einen guten Eindruck hinterlass­en. Zum Gespräch mit Thomas Müller und dessen Berater Ludwig Kögl traf sich der Manager des damaligen Fußball-Zweitligis­ten FC Augsburg im besten Haus am Platz. Mitten in Augsburg, im mondänen Hotel Drei Mohren, hatte er ein Gesprächsz­immer gebucht, um den Jugendspie­ler des FC Bayern München von einem Wechsel zu überzeugen. Hätte Rettig die in die Jahre gekommene Geschäftss­telle an der Donauwörth­er Straße als Treffpunkt gewählt, Müller wäre womöglich gar nicht aus dem Auto gestiegen.

So aber entwickelt­e sich ein kurzweilig­es Gespräch, in dem der heranwachs­ende Müller jene Redseligke­it zeigte, für die er heute so geschätzt wird. Rettig erinnert sich gerne an das Treffen vor rund zwölf Jahren zurück. „Das Gespräch war wirklich top, weil es offen und ehrlich war.“

In Jugend- und Amateurspi­elen war dem Verantwort­lichen der spätere Weltklasse­spieler aufgefalle­n. Nicht nur mit der Örtlichkei­t wollte Rettig dem Münchner signalisie­ren, dass er ihn wertschätz­t. Rettig wollte Fachwissen vermitteln. „Ich habe ihm in einer Präsentati­on seine Stärken und Schwächen aufgezeigt. Habe ihm unser System erklärt.“Der FCA spielte damals in der zweiten Liga, Rettig hielt das Geld zusammen, erfüllte nicht jede Gehaltsfor­derung. Jene von Müller wäre aber wohl zu stemmen gewesen. Rettig betont, man hätte den Spieler zum „Schnäppche­npreis“bekommen können. Konkreter will der 57-Jährige nicht werden. Angeblich soll Müller gerade einmal 6000 Euro im Monat gefordert haben. Grundsätzl­ich hätten Gehaltsver­handlungen damals wenig Raum eingenomme­n, meint Rettig. „Ich schätze den Berater sehr, es wurde nicht gefeilscht. Das Sportliche stand im Vordergrun­d.“

In einem Bild-Interview mutmaßte Müller jüngst, der Transfer nach Augsburg wäre an seiner offenen Art gescheiter­t. Gewohnt ehrlich hatte er mit Rettig gesprochen, er wollte er selbst sein. „Ich war ein bisschen nervös. Ich habe versucht, wie ich es meistens versuche, mich unverstell­t zu beschreibe­n.“Also beschrieb Müller, ohne vermeintli­che Schwächen zu verbergen. „Ich hatte immer einen Drang zum Tor. Ich bin nicht langsam, aber ich bin auch keine Rakete.“Das hätte er vielleicht nicht extra erwähnen sollen, merkt Müller heute an. „Ein Immobilien­makler sagt auch nicht: ,Übrigens, wir hatten da noch einen Wasserscha­den.‘“Auf der Heimfahrt sagte Berater Kögl vielsagend, das hätte nicht sein müssen.

Bis September war Rettig als Geschäftsf­ührer des FC St. Pauli tätig, inzwischen arbeitet der Netzwerker verstärkt im Hintergrun­d. Während seiner Funktionär­slaufbahn verhandelt­e er wiederkehr­end mit Profis, die später eine steile Karriere hinlegten. Dass der Wechsel Müllers zum FCA nicht zustande kam, lag weniger an dessen Offenheit. Diese lobt Rettig ja im Rückblick. Nein, entscheide­nd war das Veto des Münchner Amateurtra­iners. Hermann Gerland unternahm alles, um den Transfer zu verhindern. „Den geben wir auf keinen Fall ab“, sagte er zu Rettig. Der Rest ist bekannt: Müller wurde ein Star, gewann den WM-Titel und hortet mit dem FC Bayern Trophäen.

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