Verlieren tausende Mieter ihre Wohnung?
Weil eine Schutz-Regelung ausläuft, droht vielen Menschen die Kündigung. Wer betroffen ist
München Es schien nur noch eine Formalie zu sein: Lange war der Bayerische Mieterbund optimistisch, dass das bundesweite Mieten-Moratorium bis Ende September verlängert wird. So wird der Kündigungsschutz für Mieter bezeichnet, die wegen der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Er gilt seit dem 1. April und läuft zum 30. Juni aus. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet, die Verlängerung der Regelung ist in weite Ferne gerückt. Droht nun tausenden Mietern in Bayern die Kündigung?
Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Bayerischen Mieterbunds, ist alarmiert: „Wenn sich politisch nichts tut, stehen ab dem 1. Juli plötzlich und unverschuldet tausende Mieter ohne Schutz da. Das wäre fatal.“Die Gesetzeslage ist klar: Wer seine Miete zwei Monate hintereinander gar nicht oder nur teilweise zahlt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Schmid-Balzert befürchtet, dass dieses Szenario ohne Moratorium für viele private und gewerbliche Mieter Realität wird. „Das ist eigentlich nur eine Frage der Zeit. Ich rechne Stand jetzt damit, dass es ab August vermehrt zu Kündigungen kommt.“
Dass das Mieten-Moratorium voraussichtlich nicht verlängert wird, ist dem Veto der Union geschuldet. Ein Sprecher des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz erklärt auf Nachfrage: „Bundesjustizministerin Lambrecht (SPD) hat eine Verlängerung des Kündigungsschutzes vorgeschlagen, der unionsgeführte Teil der Bundesregierung hat dem aber nicht zugestimmt. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden.“Heißt: Die Verlängerung ist – zumindest vorerst – vom Tisch. Mietern kann wegen Zahlungsrückständen,
die ab dem 1. Juli 2020 entstehen – auch in Kombination mit eventuellen früheren Zahlungsrückständen aus der Zeit vor April 2020 – gekündigt werden, wenn sie insgesamt mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug geraten.
Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Bayerischen Mieterbunds, hofft zwar auf die Solidarität und Kulanz vieler Vermieter. Jedoch: „Wenn das Mietverhältnis schon davor belastet war und ein Vermieter jemanden schon länger auf dem Kieker hat, könnte das der entscheidende Anlass für einen Rauswurf sein.“Das Auslaufen des Moratoriums trifft nach Einschätzung von Schmid-Balzert vor allem Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, wegen Corona ihre Arbeit verloren haben oder in Gebieten mit höheren Mieten leben. In Bayern wären dies vor allem Städte wie München, Nürnberg oder Augsburg. Der
Deutsche Mieterbundes geht davon aus, dass bundesweit etwa 10000 Mieter wegen der Corona-Krise von einer Kündigung bedroht sind. „Niemandem geht durch das Moratorium etwas verloren, die Mieten müssen früher oder später ja trotzdem gezahlt werden – und das sogar verzinst“, sagt Schmid-Balzert.
Was also sind die Beweggründe der CDU? Jan-Marco Luczak, rechtspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, sagt: „Eine Verlängerung der Sonderregelungen wäre ein völlig verfehltes Signal.“Er verweist auf die Vielzahl sozialer Maßnahmen, die die Bundesregierung bereits getroffen habe. Nur ein „verschwindend geringer Anteil“von privaten Mietern habe bislang von den Stundungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht. Immobilienverbände argumentieren außerdem, dass viele Vermieter auf die Einnahmen angewiesen seien.