Neuburger Rundschau

Seit 388 Jahren pilgern die Holzheimer nach Maria Beinberg

Auch heuer – im 500. Jubiläumsj­ahr der dortigen Wallfahrt – machen sich Menschen aus dem Landkreis Donau-Ries auf den Weg

- VON ANDREA HAMMERL

Holzheim/Maria Beinberg Sie lassen sich ihre 388. Wallfahrt nach Maria Beinberg auch heuer nicht nehmen, Corona hin oder her, schon gar nicht im 500. Jubiläumsj­ahr der Beinberger Wallfahrt. „Aufgegeben wird nicht“, sagt Xaver Oßwald, „wir lassen die Wallfahrt nicht aus“. Das taten die Holzheimer noch nicht einmal zur Hitlerzeit. Damals sei es kritisch gewesen, erzählt der 81-Jährige, „da gab es Denunziant­en im Ort, weshalb die Wallfahrer eben um Mitternach­t loszogen statt mittags um 12 Uhr“. Heuer werden es wohl weniger Teilnehmer sein oder sie laufen in verschiede­nen Gruppen, je nachdem was die Corona-Regeln zulassen.

Traditione­ll pilgern die Holzheimer am Vortag des 2. Juli los, um „Mariä Heimsuchun­g“am nächsten Morgen mit einer Frühmesse um 6 Uhr auf dem Beinberg zu feiern. Seit Mitte der 60er-Jahre wurde die Wallfahrt dann auf das Wochenende verlegt, das dem Tag am nächsten liegt. Der mündlichen Überliefer­ung nach geht die Holzheimer Wallfahrt auf die Pest oder eine große Viehseuche zurück, vermutlich während des Dreißigjäh­rigen Krieges.

So wurde 1982 anlässlich der 350. Jubiläumsw­allfahrt ein großes, vom Schreinerm­eister Josef Müller gefertigte­s, circa 50 Kilogramm schweres Holzkreuz mit einem von Kaspar Angerer, genannt Nick Kaspar, geschnitzt­en, gekreuzigt­en Heiland den ganzen Weg bis zur Wallfahrts­kirche

einer Tragbahre mitgetrage­n. Heute hängt das Kruzifix neben der Tür an der Westseite der Kirche.

Seit 1987 geht ein ebenfalls vom Nick Kaspar geschnitzt­es Wallfahrts­kruzifix alljährlic­h den jetzt 28,8 Kilometer langen Weg mit. Zuvor begleitete der Pfarrer mit Ministrant­en den Zug mit einem Kreuz aus der Kirche bis zum südlichen Ortsrand und gab ihnen den kirchliche­n Segen mit auf den Weg – das Kreuz wurde dann wieder in die Kirche zurückgebr­acht.

Traditione­ll treffen sich die Wallfahrer auf dem Hof der Familie Oßwald, direkt gegenüber der Holzheimer Kirche. Im vergangene­n Jahr waren es elf, im Jahr davor 16, von denen 13 auch den Rückweg meisterten, während sich drei abholen ließen.

In den 90er-Jahren war die Gruppe größer. „Pater Waldemar war ein Anziehungs­punkt“, erzählt Manfred Reiter, der 1981 nach Holzheim heiratete, seit 36 Jahren ohne Unterbrech­ung mitpilgert und seit 20 Jahren die Wallfahrt federführe­nd organisier­t. Dazu gehört auch, den Beinberg-Nickel bei den Holzheimer Familien einzusamme­ln, die nicht mitpilgern. Reiter geht 14 Tage vor der Wallfahrt von Haus zu Haus – auch um die Leute zum Mitgehen zu motivieren. Das Opfergeld wird dann vor Ort dem Wallfahrts­pfarrer übergeben.

Während früher die gesamte Strecke zu Fuß zurückgele­gt wurde, werden in jüngerer Zeit Fahrräder mitgenomme­n und eine Teilstreck­e von Wiesenbach bis zur Neumühle auf dem Hinweg und auf dem Rückweg von Pertenau bis nach Hause geradelt. Insgesamt 18 Rosenkränz­e werden unterwegs gebetet, wobei die Wallfahrer zwischen dem freudenrei­chen, dem schmerzhaf­ten und dem glorreiche­n Rosenkranz abwechseln, wie Reiter erzählt.

Der Weg führt vom Oßwaldsche­n Hof Richtung Unterbaar, Wiesenbach und Kühnhausen bis zur Neumühle nach Pöttmes. Dort wurden früher die Räder eingestell­t. Von hier ab ging es zu Fuß weiter über Hörzauf hausen nach Peutenhaus­en, wo man sich in einer Gastwirtsc­haft traf. Dort wurden die Wallfahrer damals auf private Unterkünft­e verteilt, teils wurde in Ställen übernachte­t. „Die Peutenhaus­ener kamen und sagten, wie viele Wallfahrer sie unterbring­en konnten und dann ging man mit ihnen“, erzählt Anton Hammerl, der regelmäßig mitpilgert und schon als Kind mit seinem Vater dabei war.

Es folgte eine Zeit, in der in einer Peutenhaus­ener Gastwirtsc­haft direkt übernachte­t wurde. Doch eines Tages war dort Ruhetag, die Holzheimer standen vor verschloss­ener

Tür. „Der Pächter hatte gewechselt“, erzählt Reiter, „es war nichts abgesproch­en worden, weil es für uns ja selbstvers­tändlich war“. So standen sie ratlos vor der Wirtschaft und beschlosse­n schließlic­h, bei Pater Waldemar anzurufen und ihn zu fragen, ob er die Messe noch am Abend halten könne. Der Pater lud die durchnässt­en Wallfahrer ein, heizte sein Wohnzimmer kräftig ein, bis sie trocken waren und bot ihnen Quartier im Bierstüber­l an, das vergangene­s Jahr aus Haftungsgr­ünden gesperrt wurde. Daher übernachte­ten die Holzheimer auf dem Spargelhof

Koppold in Gachenbach, die Fahrräder stellen sie schon seit Jahren in Pertenau ein.

Wie alt die Holzheimer Wallfahrt tatsächlic­h ist, ist nicht gesichert. Gertrud Langhammer, die Pfarrer Stephan Rauscher bei seiner Diplomarbe­it über das einzige erhaltene Beinberger Mirakelbuc­h unterstütz­t und die ungefähr 2000 Mirakel aus der Zeit zwischen 1727 bis 1787 transkribi­ert hat, verweist auf einen Eintrag aus dem Jahr 1736.

Ein Hanß Strobl von Holza, heißt es da, habe „In aufhebung eines wagens gleich grossen Schmerzen in der Seitten empfunden“. Er habe sich mit einem Kreuzer der Madonna verlobt, wurde den Schmerz aber nicht los, nachdem er zunächst einen „Verworffen­en Kreuzer“in den Stock gelegt. Besser wurde es, nachdem er einen guten Kreuzer spendete, noch besser, nachdem er gelobt hatte, seine Heilung aufzuzeich­nen – was er zunächst nicht tat, worauf die Schmerzen wiederkehr­ten.

Auch wenn es sich hier um eine Einzelpers­on handelt, geht Langhammer davon aus, dass eine ganze Gruppe Holzheimer Wallfahrer damals auf dem Beinberg war, allein schon aufgrund der doch relativ großen Entfernung.

Fast 300 Jahre der Holzheimer Wallfahrt wären damit schriftlic­h belegt. „In der Folge taucht Holza immer wieder auf“, sagt die frühere Schulamtsd­irektorin, die auch den Kirchenfüh­rer für Maria Beinberg erstellt hat.

 ?? Foto: Archiv Xaver Oßwald ?? Am 3. Juli 1982 feierten die Holzheimer der mündlichen Überliefer­ung nach 350 Jahre Wallfahrt nach Maria Beinberg und trugen ein 50 Kilogramm schweres Kreuz zur Wallfahrts­kirche.
Foto: Archiv Xaver Oßwald Am 3. Juli 1982 feierten die Holzheimer der mündlichen Überliefer­ung nach 350 Jahre Wallfahrt nach Maria Beinberg und trugen ein 50 Kilogramm schweres Kreuz zur Wallfahrts­kirche.

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