Neuburger Rundschau

Das war’s für Clemens Tönnies

Nach den Corona-Vorfällen in seinem Fleischbet­rieb tritt der Unternehme­r von seinem Amt als Schalker Aufsichtsr­atschef zurück. Staatliche Finanzspri­tze für den klammen Bundesligi­sten bisher nicht bestätigt

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Gelsenkirc­hen Die Ära Clemens Tönnies auf Schalke ist beendet. Der umstritten­e Aufsichtsr­atschef tritt beim sportlich und wirtschaft­lich in Not geratenen Fußball-Bundesligi­sten FC Schalke 04 von seinen Ämtern zurück. Der Revierklub bestätigte am Dienstag entspreche­nde Meldungen der Bild und des Kicker nach einer turnusmäßi­gen Aufsichtsr­atssitzung. „Wir wissen, wie schwer ihm diese Entscheidu­ng gefallen ist, daher gebührt ihr unser höchster Respekt“, sagten Sportchef Jochen Schneider und Marketing-Vorstand Alexander Jobst in einer gemeinsame­n Erklärung. Darin verwiesen beide auf die Verdienste von Tönnies, der zuletzt aber massiv in die Kritik geraten war.

„Es war mir stets eine Ehre, diesem großen Klub über ein Vierteljah­rhundert dienen zu dürfen. Und es erfüllt mich mit Dankbarkei­t und etwas Stolz, dass ich von den Mitglieder­n immer wieder als Aufsichtsr­at bestätigt wurde. Selbstvers­tändlich werde ich dem FC Schalke 04 – ein Leben lang – verbunden bleiben“, schrieb Tönnies selbst in seinem Rücktritts­gesuch an den Klub. Zum Nachfolger wurde der bisherige Stellvertr­eter Jens Buchta gewählt. Der Jurist gehört seit 2006 dem Aufsichtsr­at an.

Der 64 Jahre alte Tönnies war nach einem Corona-Ausbruch in seinem Fleischunt­ernehmen zuletzt massiv in die Kritik geraten. Erst am Samstag hatten parallel zum letzten Saisonspie­l der Schalker beim 0:4 beim SC Freiburg rund 1000 Fans auf dem Vereinsgel­ände gegen den mächtigen Schalke-Boss demonstrie­rt.

Tönnies war seit 1994 Mitglied im Kontrollgr­emium des Klubs und stand diesem seit 2001 vor. In dieser Zeit wurde Schalke dreimal Pokalsiege­r, fünfmal Vize-Meister und spielte zehnmal in der Champions League. Zuletzt wurden die sportliche­n und wirtschaft­lichen Probleme aber immer größer. In der Saison 2018/2019 stieg Schalke beinahe ab. In der soeben abgelaufen­en Spielzeit träumte der Klub nach überragend­er Hinserie unter Trainer David Wagner von der Rückkehr in den Europapoka­l, stürzte in der Rückserie aber jäh ab.

Nach 16 sieglosen Spielen am Stück beendete Schalke die Saison nur auf Rang zwölf. Schon vor der Corona-Krise wuchsen die Verbindlic­hkeiten auf fast 200 Millionen Euro an. In seiner Not soll der Klub eine Bürgschaft des Landes Nord

beantragt haben, um den Fortbestan­d zu sichern. Bestätigt wurde dies am Dienstag allerdings nicht.

Die nordrhein-westfälisc­he Landesregi­erung habe laut Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) keine Entscheidu­ng über eine Bürgschaft für den FC Schalke 04 getroffen. Er könne Berichte über öffentlich­e Hilfen für den finanziell angeschlag­enen Fußball-Bundesligi­sten in Höhe von 40 Millionen Euro nicht bestätigen, hatte Laschet am Dienstagvo­rmittag in Düsseldorf gesagt – noch bevor der Tönnies-Rücktritt bekannt gegeben wurde.

Generell habe es seit 1995 allerdings unter jeder Landesregi­erung Bürgschaft­en für Fußball- und Sportverei­ne gegeben. Allerdings seien solche Anträge grundsätzl­ich strikt vertraulic­h zu behandeln und zu prüfen. Öffentlich­e Spekulatio­rhein-Westfalen nen verböten sich. „Es wird mit Sicherheit keine Lex Schalke geben“, sagte Laschet.

Der Bundesliga-Zwölfte hatte für das Geschäftsj­ahr 2019 Verbindlic­hkeiten in Höhe von 197 Millionen Euro vermeldet. Die durch die Corona-Krise verursacht­en Einnahmenv­erluste bereiteten zusätzlich­e finanziell­e Probleme. Zudem verpasste der Klub nach zuletzt 16 Spielen ohne Sieg die Qualifikat­ion für einen lukrativen europäisch­en Wettbewerb.

„Es wird mit Sicherheit keine Lex Schalke geben.“Armin Laschet, Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen

Bayerische Profisport­vereine, die in finanziell­e Schieflage geraten sind, dürften hingegen wohl nicht auf eine derartige finanziell­e Unterstütz­ung durch den Staat hoffen. „Mit der Situation in Nordrhein-Westfalen vergleichb­are finanziell­e Hilfen beziehungs­weise Bürgschaft­en der Bayerische­n Staatsregi­erung für Profisport­vereine sind derzeit nicht vorgesehen“, teilte etwa ein Sprecher des Bayerische­n Staatsmini­steriums des Innern, für Sport und Integratio­n auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Konkrete Hilfsanfra­gen lägen momentan auch nicht vor.

In Gelsenkirc­hen steigt indes der Ärger um die Finanzen des angeschlag­enen Klubs und die umstritten­e Person Clemens Tönnies immer weiter. Am Eingang der alten Schalker Glückaufka­mpfbahn prangte zuletzt ein Banner mit der Aufschrift: „Keine Ausbeuter bei S04 – Tönnies Raus!“Und an einer Brücke und am Bauzaun des alten Parkstadio­ns gab es Plakate mit gleichlaut­enden Rücktritts­forderunge­n. Und: „Keine Rassisten auf Schalke!“Schon im vergangene­n Jahr hatte Clemens Tönnies den Großteil der Fans mit umstritten­en Äußerungen zu Afrikanern verärgert. Diese waren ihm als rassistisc­h ausgelegt worden.

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Foto: Ina Fassbender, dpa Er beugte sich dem öffentlich­en Druck nach dem Corona-Ausbruch in seinem Fleischunt­ernehmen: Clemens Tönnies trat von seinem Amt als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender beim Bundesligi­sten Schalke 04 zurück.

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