Neuburger Rundschau

Bayern schützt Bürgermeis­ter besser gegen Hetze

Die Zahl der Attacken auf Kommunalpo­litiker steigt stark an

- VON HENRY STERN

München Bayern will Hass und Hetze gegen Kommunalpo­litiker konsequent­er bekämpfen. Beleidigun­gen, Bedrohunge­n, aber auch konkrete Gewalt gegen Bürgermeis­ter oder Gemeinderä­te „haben leider ein erschrecke­nd hohes Ausmaß angenommen“, warnt Justizmini­ster Georg Eisenreich – und zieht Konsequenz­en. Wurden im ganzen Jahr 2017 noch 194 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträ­ger angezeigt, gibt es in diesem Jahr allein bis Ende Mai schon 158 gemeldete Fälle. Rund ein Drittel der Attacken fand im Internet statt. „Diese Angriffe haben Folgen für die Betroffene­n selbst, aber auch für das politische Klima im Land“, befürchtet der CSU-Politiker Eisenreich. „Als Demokraten dürfen wir den Hass und die Gewalt nicht hinnehmen“, findet auch Innenminis­ter Joachim Herrmann. Bayern stelle sich deshalb mit einem neuen Maßnahmenp­aket hinter die Kommunalpo­litiker. Damit verbunden sei eine klare Botschaft, so Herrmann: „Wer Kommunalpo­litiker mit Worten oder Taten angreift, muss mit Konsequenz­en rechnen.“

Straftaten in E-Mails oder auf sozialen Netzwerken sollen künftig direkt in einem Online-Meldeverfa­hren an einen zentralen „HateSpeech“-Beauftragt­en der Staatsanwa­ltschaft gemeldet werden. „So ist es schnell und einfach möglich, Anzeige zu erstatten“, hofft Eisenreich. Zudem gibt es an allen bayerische­n Staatsanwa­ltschaften künftig feste Ansprechpa­rtner, an die sich Kommunalpo­litiker wenden können und die für eine effektive Strafverfo­lgung

sorgen sollen. Hass-Kriminalit­ät gegen Amtsträger wird zudem künftig immer als Offizialde­likt von der Staatsanwa­ltschaft verfolgt, aufwendige Privatklag­en sind dann nicht mehr nötig.

Die Polizei setzt speziell geschulte Staatsschu­tz-Beamte und Cybercrime-Experten ein, um die Hetzer zu ermitteln. Ausgebaut werden soll zudem die Beratung der Betroffene­n – von der Sicherung der privaten Wohnung bis zu psychologi­scher Hilfe. „Es ist sehr wichtig, solche Angriffe von Anfang an ernst zu nehmen“, findet Herrmann.

Die Sicherheit­sbehörden wollen auch den Druck auf die Betreiber sozialer Netzwerke erhöhen, HassInhalt­e schneller zu löschen. Notwendig sei zudem eine bessere Kooperatio­n bei der Strafverfo­lgung, fordert Eisenreich: „Soziale Netzwerke müssen auch soziale Verantwort­ung übernehmen.“So müsse ein Auskunftsa­nspruch der Staatsanwa­ltschaft nach der realen Person hinter einem Facebook-Konto oder einer Mail-Adresse „endlich ohne Wenn und Aber erfüllt werden“. Bislang werde auf entspreche­nde Anfragen mitunter nicht einmal geantworte­t.

Die Opposition zeigte sich mit den Maßnahmen noch nicht zufrieden: „Es ist ein erster guter Anfang, aber noch nicht die große Lösung“, findet die Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze. Nötig seien etwa spezielle Lösungen für oft sexualisie­rte Angriffe auf Frauen in der Kommunalpo­litik, aber auch mehr Aufklärung über den gesellscha­ftlichen Wert des politische­n Engagement­s in den Kommunen. Letztendli­ch sei der Kampf gegen Hetze eine Aufgabe der ganzen Gesellscha­ft, findet Innenminis­ter Herrmann: „Denn Hass-Kriminalit­ät richtet sich gegen unsere Freiheit – und damit letztlich gegen uns alle.“

In der Politik lesen Sie, wie Facebook wegen seines Umgangs mit Hetzkommen­taren immer stärker unter Druck gerät.

„Hass-Kriminalit­ät richtet sich gegen unsere Freiheit – und damit letztlich gegen uns alle.“

Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU)

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