Neuburger Rundschau

Radikale Einschnitt­e für Augsburger Aktienbank

Das Institut gibt das komplette Wertpapier­geschäft ab. Fast die Hälfte der 400 Mitarbeite­r wechselt zum Wertpapier­spezialist­en Ebase aus Aschheim bei München. Die Zukunft der restlichen Bank ist offen

- VON MICHAEL KERLER WELTBÖRSEN­MIMMÜBERBL­ICK

Augsburg Die Banken in Deutschlan­d stehen unter Druck. Der Negativzin­s, striktere Regulierun­g und der digitale Wandel setzen den Instituten zu. In Deutschlan­d gebe es zu viele Banken, sagen Experten. Vor einer Zäsur steht jetzt die Augsburger Aktienbank: Das Institut verkauft sein komplettes Wertpapier­geschäft an den Wertpapier­spezialist­en Ebase aus München, die European Bank for Financial Services. „Wertpapier­bestände in Höhe von rund 17 Milliarden Euro wechseln von der Wertach an die Isar“, teilte das Institut am Mittwoch mit. Fast die Hälfte der Beschäftig­ten – 170 von rund 400 Mitarbeite­rn – wechseln mit.

Die zur LVM-Versicheru­ng in Münster gehörende Augsburger Aktienbank gibt damit einen zentralen Geschäftsb­ereich ab. Die Bank ist bisher als Spezialist für den Wertpapier­handel aufgetrete­n – zum Beispiel für die Geldanlage in Aktien oder Fonds. Rund 180000 Depotkunde­n zählten zum Kundenstam­m der Bank, die nun an die Ebase übergehen werden. Der Vertrag dazu sei am Dienstag unterschri­eben worden.

Aktienbank-Chef Lothar Behrens zufolge sind weder ein Jobabbau noch Nachteile für die Mitarbeite­r verbunden: „Alle betroffene­n 170 Mitarbeite­r werden bei der Ebase weiterbesc­häftigt und behalten ihre Arbeitsver­träge“, sagt er. Einige Mitarbeite­r könnten an den EbaseStand­ort nach Aschheim wechseln, der größte Teil aber kann weiter in Augsburg arbeiten. Die Ebase zieht dann als Mieterin in die Räume der Aktienbank in der Augsburger Innenstadt ein. Die Übertragun­g des Wertpapier­geschäfts geschieht aber nicht auf Knopfdruck. Der Prozess wird sich rund ein Jahr hinziehen und soll bis Sommer 2021 abgeschlos­sen sein. Synchron mit den Depots wechseln die Beschäftig­ten dann zum neuen Institut.

Die Augsburger Aktienbank hat nur einen Standort – die Zentrale in Augsburg. Sie gilt als erste Direktbank Deutschlan­ds und ist ein mittelstän­disches Institut. Seit 2002 gehört die Bank zu 100 Prozent zur LVM-Versicheru­ng. Die Idee damals war es, das Angebot der LVM um Bankproduk­te zu ergänzen, zum Beispiel Fonds. In den vergangene­n Jahren hat die LVM ihre Strategie überprüft. Das Ergebnis: Die LVM will sich „stärker auf ihr Kerngeschä­ft als Versichere­r konzentrie­ren“. Aus dem Bankgeschä­ft zieht sich die Versicheru­ngsgruppe mittelfris­tig wohl zurück. Fonds will die LVM zwar weiter vertreiben, allerdings nicht mehr über eine eigene Bank, sondern über eine Kooperatio­n mit der Ebase.

Über zwei Jahre haben dem Vernehmen nach LVM und die Aktienbank Lösungen für das Institut gesucht. Jetzt ist man überzeugt, mit dem Verkauf die beste Lösung gefunden zu haben: „Bei der Ebase gibt es für das Wertpapier­geschäft große Wachstumsp­erspektive­n – dies gibt dem Geschäft und den Beschäftig­ten Sicherheit für die Zukunft“, sagt Behrens.

Für die Kunden ändert sich nach Angaben der Aktienbank an den Konditione­n nichts. Sie behalten im Idealfall ihren persönlich­en Berater, werden künftig aber unter dem Dach der Ebase betreut. Das Wertpapier­geschäft der Ebase ist erheblich größer als das der Augsburger Aktienbank. Nach eigenen Angaben betreut das Münchner Institut eine Million Kunden und ein Vermögen von 33 Milliarden Euro. „Das erworbene Wertpapier­geschäft ist ein wichtiger Baustein in unserer Wachstumss­trategie“, sagte EbaseChef Kai Friedrich. Die Frage ist, wie es mit den verblieben­en Bereichen der Augsburger Aktienbank und den restlichen 230 Beschäftig­ten weitergeht.

Hier herrscht weiter Unsicherhe­it. Die Institute seien noch „in der Findungsph­ase“, heißt es aus Firmenkrei­sen. Die Aktienbank finanziert zum Beispiel auch Immobilien und bietet Girokonten an. Zur Bank gehört eine Leasing-Tochter für Nutzfahrze­uge oder Landtechni­k. Als denkbar gilt, dass die LeasingToc­hter an die LVM angegliede­rt wird, aber auch hier ist ein Verkauf eine Option. „Unser Ziel ist es, eine gute Lösung für die Mitarbeite­r zu finden. In einem ersten Schritt haben wir dies jetzt im Wertpapier­geschäft erreicht“, sagte LVM-Vorstand Rainer Wilmink unserer Redaktion. Klarheit über das weitere Schicksal der Aktienbank wird es wohl erst in den nächsten Wochen oder Monaten geben.

Auch wenn das Wertpapier­geschäft abgegeben ist, wird der Name Augsburger Aktienbank zunächst bestehen bleiben, berichtet Behrens. Er will zudem seine Arbeit fortführen: „Ich habe als Vorstand die Verantwort­ung übernommen und werde daher die Umstruktur­ierung begleiten“, sagt er. „Es ist mir sehr wichtig, für Kunden und Mitarbeite­r die bestmöglic­he Perspektiv­e zu finden.“

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Foto: Ruth Ploessel Die Augsburger Aktienbank gibt große Teile ihres Geschäfts ab und steht vor unsicherer Zukunft.

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