Neuburger Rundschau

Teures Schauspiel

Die Sanierung des Augsburger Staatsthea­ters könnte zu einem finanziell­en Desaster werden. Doch Stadt und Freistaat wollen daran festhalten

- VON NICOLE PRESTLE

Augsburg Die Theatersan­ierung droht für die Stadt Augsburg zum finanziell­en Desaster zu werden. Wie berichtet, könnte der Umbau des Viersparte­nhauses (Schauspiel, Musiktheat­er, Ballett und Konzert) statt 186 am Ende bis zu 321 Millionen Euro kosten. Eine Summe, die bei der Opposition, aber auch bei Bürgern auf Kritik stößt. Vom Bund der Steuerzahl­er hat die Stadt nun ebenfalls einen Rüffel bekommen – für ihre „miserable Planung“.

Das Millionenp­rojekt war in der Stadtgesel­lschaft von Anfang an umstritten. Ein Grund ist, dass es auch bei anderen städtische­n Gebäuden – vor allem bei den Schulen – einen Sanierungs­stau gibt. So entwickelt­e sich, was oft geschieht, wenn Geld knapp ist: eine Neiddebatt­e. Warum, fragen sich viele, soll so viel Geld in ein Theater investiert werden, wenn die Kinder unter undichten Dächern unterricht­et werden?

Stadt und Freistaat versuchten, diese Diskussion auszuhebel­n: Als 2016 der Grundsatzb­eschluss für die Sanierung des Theaters fiel, erklärte sich der Freistaat bereit, 75 Prozent der förderfähi­gen Kosten zu übernehmen. Gleichzeit­ig verabschie­deten Ministerpr­äsident Horst Seehofer und OB Kurt Gribl (beide CSU) ein 300 Millionen Euro schweres Schulsanie­rungsprogr­amm. Doch dieses Geld ist längst aufgebrauc­ht, obwohl viele der 70 Augsburger Schulen noch immer marode sind.

Die Nachricht, dass das Theater am Ende bis zu 321 Millionen Euro kosten könnte, kommt auch aus anderen Gründen zu einem ungünstige­n Zeitpunkt: Durch die CoronaKris­e fehlen Augsburg wohl allein dieses Jahr rund 50 Millionen Euro an Einnahmen. Hinzu kommt, dass die Stadt auf 416 Millionen Euro Schulden sitzt und die Regierung von Schwaben als Aufsichtsb­ehörde neuen Krediten schon bislang nur noch im Notfall zustimmte. Und so beherrscht dieser Tage eine Frage die Theaterdeb­atte: Kann sich die Stadt die Mehrkosten leisten?

Im Juli soll der Stadtrat sie beantworte­n. Das neue schwarz-grüne Regierungs­bündnis unter Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) steht nach wie vor zum Projekt: Bis zum Jahr 2026 soll das denkmalges­chützte Große Haus saniert und daneben ein Neubau für Theaterver­waltung, Werkstätte­n und eine zweite kleinere Bühne entstanden sein. Ob diese Mehrheit hält, ist allerdings fraglich. Auch in den Reihen von CSU und Grünen gibt es offenbar Stadträte, die die Entwicklun­g inzwischen kritisch sehen.

Gegenwind kommt auch aus der Opposition. Die SPD, die bis zur Kommunalwa­hl im März noch in der Regierung saß und grundsätzl­ich für die Sanierung des Theaters gestimmt hatte, besteht auf einem

Kostendeck­el von 186 Millionen Euro. Die Gruppierun­g „Augsburg in Bürgerhand“(AiB), die mehr Transparen­z und Mitsprache­recht der Augsburger einfordert, will dagegen ein Moratorium: Der Anbau neben dem Großen Haus soll so lange zurückgest­ellt werden, bis es bessere Pläne gibt. Das Theater soll bis zu einer Entscheidu­ng stattdesse­n die beiden Übergangss­pielstätte­n weiter nutzen, die die Stadt gemietet hat. Denkbar ist auch, dass die Bürgervere­inigung am Ende einen Bürgerents­cheid anstößt. Es wäre der zweite zum Thema: Schon zu Beginn hatte es wegen der hohen Kosten einen Vorstoß gegeben, das Projekt durch ein Bürgerbege­hren auszuhebel­n, doch die Initiatore­n bekamen die nötigen Unterstütz­er-Unterschri­ften nicht zusammen.

Allein entscheide­n kann die Stadt beim Theater übrigens nicht mehr: Der Freistaat redet mit, da er das vorher städtische Haus mitten in der Debatte um die Sanierung zum Staatsthea­ter erhob. München besteht laut Kunstminis­ter Bernd Sibler (CSU) nun darauf, dass am beschlosse­nen Konzept eines zentralen Theatersta­ndorts festgehalt­en wird – trotz der Kostenstei­gerungen: „Zusammen mit der Stadt haben wir hierzu Hand in Hand ein Konzept entwickelt. Wir gehen fest davon aus, dass umgesetzt wird, was gemeinsam vereinbart wurde.“Inwieweit der Freistaat sich auch an den nun höheren Kosten beteiligt, lässt Sibler derzeit aber offen.

Die Stadtregie­rung muss sich derweil Kritik an ihrer Kommunikat­ionsstrate­gie gefallen lassen. Zwar hatte sie stets betont, dass in den Kosten noch keine Baupreisst­eigerungen einkalkuli­ert seien. Sie hatte aber nie hochgerech­net, wie hoch diese sein könnten. Der Bund der Steuerzahl­er mit seinem Präsidente­n Rolf von Hohenhau, der bis April 2020 noch für die CSU im Augsburger Stadtrat saß, will das Projekt nun in sein „Schwarzbuc­h“aufnehmen.

Notizen aus der Region

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Im Jahr 2016 beschloss der Augsburger Stadtrat die Generalsan­ierung des Stadttheat­ers für 186 Millionen Euro. 2018 wurde es zum Staatsthea­ter ernannt. Unlängst wurde bekannt, dass sich die Baukosten im schlimmste­n Fall fast verdoppeln könnten.
Foto: Klaus Rainer Krieger Im Jahr 2016 beschloss der Augsburger Stadtrat die Generalsan­ierung des Stadttheat­ers für 186 Millionen Euro. 2018 wurde es zum Staatsthea­ter ernannt. Unlängst wurde bekannt, dass sich die Baukosten im schlimmste­n Fall fast verdoppeln könnten.

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