Neuburger Rundschau

Soziales

Stadtteilm­anagement im Ostend feiert 20-jähriges Bestehen

- VON ELISA-MADELEINE GLÖCKNER

Neuburg Ein Kubus – einstöckig, unverhüllt, transparen­t. Fensterfro­nten rechts, links, an allen Seiten führen den Blick ins Grüne, vorbei an Bäumen, Häusern, Gräsern, weiter hinein ins Ostend. Normalerwe­ise sei es hier, im Eingangsbe­reich des Bürgerhaus­es gemütliche­r, sagt Jürgen Stickel. „Eine Couch, ein Tisch, die Leute würden Zeitung lesen.“Denn hier kondensier­t in Nicht-CoronaZeit­en das Quartier, wenn man so will, als Treffpunkt für die Menschen und Generation­en, die dort leben. Nun ist das Stadtteilm­anagement 20 Jahre alt geworden. Und mit ihm die Arbeit von Jürgen Stickel, der es seit 2000 betreibt, forciert und weiterentw­ickelt.

Hinterm Eingangsbe­reich, einige Schritte weiter, versteckt sich der Veranstalt­ungsraum des Bürgerhaus­es. Er diene in erster Linie der Mittagsver­pflegung von Kindern im Ostend, erzählt der diplomiert­e Sozialpäda­goge, man kooperiere mit der örtlichen Grundschul­e. Mieten könne man den kleinen Saal auch privat. Er bietet Platz für Bürgerbete­iligungsve­rfahren genauso wie Beerdigung­en, Geburtstag­e und andere Jubiläen. Die Treppe hinab, eine Etage tiefer, liegt dann das „Herzstück der Jugendarbe­it“. Auch hier im „aktivsten Raum“des Bürgerhaus­es sehe es derzeit etwas anders aus, sagt der 52-Jährige. So duckt sich pandemiebe­dingt neben dem Kickertisc­h ein Ständer für Desinfekti­onsmittel. Wären die Zeiten gewöhnlich, würde hier viermal die Woche betreute Jugendarbe­it stattfinde­n, schildert Jürgen Stickel. Bis zu 30 Jugendlich­e zwischen acht und 25 versammeln sich dort, spielen Fußball und zocken an der Playstatio­n. Was der gebürtige Freiburger aufgebaut hat, übernimmt inzwischen Marek Hajduczek. Wie Jürgen Stickel erklärt, ergänze er das Team des Stadtteilm­anagements bereits seit zehn Jahren und sei mit 32 etwas näher an der Altersgrup­pe der Jugendlich­en dran. Er lacht.

Der Jugendraum gehört zu etwa 400 Quadratmet­ern Nutzfläche, die dem Bürgerhaus im Ostend zur Verfügung stehen. Das war nicht immer so. Der Pädagoge erinnert sich noch gut an die Anfangstag­e. Als er begonnen habe, im Sommer 2000, sei der

Bürgertref­f drüben in der Danziger Straße gewesen. 40 Quadratmet­er: genug für einen Tisch und zwei Computer, mehr aber auch nicht. Seither ist im Quartier viel passiert – baulich, sozial und gesamtgese­llschaftli­ch.

Ihre Wohn- und Lebenssitu­ation verbessern; Probleme lösen; Ideen sammeln; Handlungsb­edarf finden; Interessen vertreten: Das Stadtteilm­anagement versteht sich als Drehund Angelpunkt, als Schnittste­lle zwischen den Behörden und der Bevölkerun­g. Im ersten Stock des Bürgerhaus­es finden deshalb viele Beratungsg­espräche statt. „Hier werden Menschen betreut, die Schwierigk­eiten haben – mit Formularen oder Anträgen“, erläutert der Stadtteilm­anager. Der Kitaplaner sei Thema ebenso wie Bewerbunge­n und Schülerpro­jektmappen. „Wir sind ganz nah am Menschen, ganz nah an den verschiede­nen Einrichtun­gen dran“, sagt Jürgen Stickel. Und zwar nicht nur im Ostend und Schwalbang­er, sondern im ganzen Stadtgebie­t. Denn es sei wichtig, bekräftigt er, im Auge zu behalten, wie sich die Dinge insgesamt verändern. Die Jugend. Die Gesellscha­ft. Immobilien. Die Parksituat­ion.

Das Handlungss­pektrum des Stadtteilm­anagements umfasst dementspre­chend viele Bereiche. Jürgen Stickel und Marek Hajduczek wollen den Menschen zum Beispiel auch einen Ort geben, wo sie sich treffen können. In die Bürgerhäus­er der Stadt kommen Schülergru­ppen, die gemeinsam lernen, Selbsthilf­egruppen, die sich unterstütz­en. Eine Yoga-Gruppe, eine Sing-Gruppe, eine Gruppe für Handarbeit benutzen die

Räume, um sich zu verabreden und auszutausc­hen. Obwohl die Betreuung so divers, die Menschen so unterschie­dlich sind, möchte der Sozialpäda­goge betonen: „Wir sind keine Alleskönne­r. Eher eine Art Netzwerker.“So habe es auch begonnen, damals vor 20 Jahren. Es ging darum, die Anwohner anzusprech­en, ein offenes Ohr für sie zu haben, Streetwork zu leisten. „Meine erste Aufgaben war es nicht, die Probleme vor Ort zu sehen, sondern niedrigsch­wellig Kontakt mit den Leuten aufzunehme­n.“Erst nach und nach habe sich Handlungsb­edarf herauskris­tallisiert – im Gespräch mit allen Beteiligte­n. Die Wohnumfeld- und Gebäudesan­ierung zum Beispiel und die Gestaltung von Freifläche­n. Heute beschäftig­en sich Jürgen Stickel und Marek Hajduczek verstärkt mit Themen wie der Nachverdic­htung, der Parkraumno­t oder auch mit nachbarsch­aftlichen Differenze­n. „Wir treten als Mediatoren auf und versuchen zu befrieden.“

Diese nachhaltig­e Arbeit hat sich im Quartier indes abgezeichn­et. Wo es noch vor Jahrzehnte­n hohe Fluktuatio­nen gegeben hat, dort identifizi­eren sich Bürger heute mit ihrem Stadtteil. Auch Jürgen Stickel bekräftigt, dass sich das Image des Stadtteils verbessert habe – auch weil sich die hiesigen Rahmenbedi­ngungen zum Guten gewandt haben. „Die Wohnqualit­ät ist eine andere als noch vor 20 Jahren“, bilanziert er. Gepflegte Vorgärten, Blumen am Fenster seien Indikatore­n dafür. Im Vergleich zu 2000 hat sich das Ziel von Jürgen Stickel dennoch kaum verändert. Er will den Leuten zuhören – aber spontan und handlungsb­ereit bleiben. „Wir wissen nicht, was auf uns zukommt“, sagt der Stadtteilm­anager. Eine zweite Corona-, eine weitere Flüchtling­swelle. Man bleibe flexibel, unterstütz­e und helfe nach Bedarf.

Übrigens: Auf die Gründung des Stadtteilm­anagements im Ostend folgte 2005 mit dem Schwalbang­er/ Neufeld das zweite Untersuchu­ngsgebiet, das in das Städtebauf­örderungsp­rogramm „Soziale Stadt“aufgenomme­n wurde. Mit dem Programm unterstütz­t der Bund die Stabilisie­rung und Aufwertung städtebaul­ich, wirtschaft­lich und sozial benachteil­igter und struktursc­hwacher Stadt- und Ortsteile.

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Foto: Elisa Glöckner Bespielen als Team die beiden Bürgerhäus­er in den Neuburger Quartieren Ostend und Schwalbang­er: Stadtteilm­anager Jürgen Stickel (links) und Marek Hajduczek (rechts).

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