Was wird jetzt aus dem Urlaub?
Sommerzeit ist Urlaubszeit. Doch in Zeiten von Reisewarnungen und Risikogebieten ist die Unsicherheit groß. Was nun fürs Buchen wichtig ist
Augsburg Die Bundesbürger buchen wieder deutlich mehr Pauschalreisen ins Ausland. Nachdem vor rund vier Wochen noch fast ausschließlich Deutschlandurlaub gebucht worden sei, verlagere sich das Interesse nun zusätzlich in Richtung Flugreisen ans Mittelmeer, teilte der Deutsche Reiseverband (DRV) mit. Doch bei der Urlaubsplanung in Zeiten von Corona ist einiges zu beachten.
Wie steht es um das Reisen in Länder mit Reisewarnung?
Am 15. Juni hat das Auswärtige Amt für die meisten europäischen Länder die Reisewarnungen aufgehoben. Für mehr als 160 Länder weltweit wurden die Warnungen allerdings – darunter etwa die Türkei – bis zum 31. August 2020 verlängert. Für diese Länder gilt: Eine Reisewarnung ist eine Empfehlung des Auswärtigen Amtes – sie ist aber „kein Reiseverbot“, wie Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg klarstellt. „Wenn ich trotzdem in das Land reisen will, kann ich das machen.“Möglich ist das für Individualreisende, die alle Bausteine einer solchen Reise wie Flüge und Unterkünfte selbst buchen. Pauschalurlaub bieten Reiseveranstalter für Länder mit Reisewarnung dagegen meist nicht an. Wer wissen will, was aktuell für sein Urlaubsland gilt, kann das auf der Internet-Seite des Auswärtigen Amtes nachlesen. Dort sind auch Einreisebestimmungen des jeweils geplanten Reiselandes aufgeführt, darunter Angaben etwa zu Quarantäneregelungen.
Welche Folgen kann das Reisen in Länder mit Reisewarnung haben? Es gibt zum Beispiel Auswirkungen auf eine Reiserücktritts- oder Auslandskrankenversicherung. Letztere kann dann das Bezahlen von Arztkosten im Reiseland verweigern. Und die Rückerstattung von Kosten bei freiwilliger Stornierung ist eingeschränkt. Grundsätzlich gilt: „Wenn ich bei bestehender Reisewarnung buche, habe ich diese in Kauf genommen“, erklärt die Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin. Aktuell will das Auswärtige Amt an seinen Reisewarnungen für viele Länder bis zum 31. August festhalten. Was danach gilt, lässt sich angesichts der weltweit dynamischen Situation nicht vorhersagen – und damit bleibt offen, welche Konsequenzen es haben kann, bereits eine Reise gebucht zu haben, die zum Beispiel im Oktober nach Thailand oder nach Südafrika führen soll. „Es reicht aber laut Rechtsprechung eine Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent aus, dass der Urlaubsort wegen Corona auch nach August 2020 nicht bereist werden kann, um die Reise stornokostenfrei stornieren zu können“, sagt Fischer-Volk.
Kann man eine Buchung also wagen?
können jetzt zum Beispiel für den Oktober in der Hoffnung buchen, dass dann keine Reisewarnung mehr für ihr ausgewähltes Urlaubsland besteht. Gilt die Reisewarnung kurz vor Reiseantritt weiter oder würde die geplante Reise durch verschiedene Einschränkungen erheblich beeinträchtigt, so stehen die Chancen den Experten zufolge gut, stornokostenfrei zurücktreten zu können. Wer sichergehen will, dem rät Fischer-Volk aber dazu, in diesem besonderen Urlaubsjahr 2020 am besten nur Reiseangebote zu buchen, bei denen bis zum Reiseantritt oder kurz davor ausdrücklich ein kostenfreies Rücktrittsrecht besteht. Viele Firmen geben außerdem eine Rückholgarantie. „Manche Veranstalter handhaben es so: Wenn man jetzt bucht, kann man bis zu zwei Wochen vorher kostenfrei stornieren“, bestätigt Verbraucherschützerin Rehberg.
Was passiert, wenn eine neuerliche Reisewarnung etwa für europäische Länder ausgesprochen wird?
Für deutsche Reiseveranstalter ist eine Reisewarnung bindend. Sie sagen Pauschalreisen ab, sobald das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für ein Land ausspricht. „Sollten Pauschalreisegäste bereits in einem solchen Gebiet Urlaub machen, werden sie dann auch auf Kosten des Veranstalters zurückgeholt“, erklärt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV). „Individualreisende dagegen müssen sich im Fall der Fälle selbst um eine Rückreise kümmern und diese auch selbst bezahlen.“Solche Reisenden schützt auch eine eventuell abgeschlossene Reiserücktrittversicherung nicht: Reisewarnungen seien grundsätzlich nicht versichert, so der Bund der Versicherten (BdV).
Bringt mich das Auswärtige Amt im Zweifel zurück?
Darauf können sich Urlauber keineswegs verlassen, sollte sich die Pandemie noch einmal verschlimmern. Die erste große Rückholaktion war ein Kraftakt, der sich nicht wiederholen wird. Das machte die Bundesregierung deutlich. Übrigens: Die Rückkehrer müssen sich durchaus an den Kosten der Flüge beteiligen.
Was hat es mit der Einstufung als Risikogebiet auf sich?
Neben der Liste mit den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes gibt es noch eine zweite Liste mit sogenannten Risikogebieten. Sie verzeichnet Regionen in der Welt, in denen entweder ein erhöhtes Risiko besteht, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, oder in denen die Fallzahlen zwar niedrig sind, es aber zu wenige Testkapazitäten oder etwa unzureichende Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung gibt. Wer aus einem der dort genannten Länder oder Gebiete nach Deutschland zurückkommt, muss damit rechnen, in Quarantäne geschickt zu werden. Letztlich ist das eine Entscheidung des jeweiligen Bundeslandes.
Wie hält es Bayern?
Wer aus einem Risikogebiet einreist, muss sich 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben. Diese 14 Tage beginnen mit der Einreise nach Bayern. Während der Zeit dürfen die Betroffenen ihre eigene Wohnung nicht verlassen, sie dürfen keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht ihrem Hausstand angehören. Die Betroffenen müssen nach ihrer Einreise zudem unverzüglich das zuständige Landratsamt informieren. Darüber hinaus muss eine zusätzliche Information erfolgen, wenn während der Quarantäne Symptome einer Erkrankung mit Covid-19 auftreten. Liegt bei der Einreise ein negativer, ärztlich bestätigter Corona-Test vor, der nicht älter als 48 Stunden ist, entfällt die Quarantäne-Pflicht.
Wer springt ein, wenn ich im Ausland an Covid-19 erkranke? Eigentlich gibt es dafür Versicherungen, die Arztkosten übernehmen oder einen Rücktransport zahlen. Aber: Besteht bei Reisebeginn eine Reisewarnung für das betreffende Land, so schließen die Tarife dieser privaten Auslandskrankenversicherungen in der Regel eine Übernahme von Behandlungskosten aus, wie der Bund der Versicherten erläutert. Gibt es keine Reisewarnung, lohnt sich ein Blick in den jeweiligen Vertrag. Werden darin Pandemien ausgeschlossen, dann bestehe kein Versicherungsschutz im Falle einer Covid-19-Erkrankung. Immerhin sei häufig ein „medizinisch notwendiger Rücktransport“in die Heimat versichert, so der Bund der Versicherten (BdV). Hat man einen besseren Tarif abgeschlossen, kann auch ein zwar nicht notwendiger, aber zumindest „medizinisch sinnvoller Rücktransport“abgesichert sein. Es kann sich für gesetzlich Versicherte lohnen, bei der Krankenkasse nachzufragen. Auch diese kann Behandlungskosten im Ausland tragen: Der BdV spricht davon, dass gegebenenfalls Teilleistungen bezahlt werden könnten – zumindest im EU-Ausland.
Was ist, wenn ich nach meiner Reise in ein Risikogebiet in Quarantäne muss?
Wer kann, muss während der Quarantäne im Homeoffice arbeiten. Wer das nicht kann, für den könnte es finanziell schwierig werden: Wer bewusst in ein Land reist, für das eine Reisewarnung vorliegt oder das als Risikogebiet gilt, der hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Ich wollte im August in die USA. Ist das möglich?
Noch gibt es für Amerika eine Reisewarnung. Doch das ist längst nicht alles. Seit dem 13. März gilt in den USA ein Einreiseverbot für MenUrlauber schen, die sich 14 Tage vor der Einreise in die Vereinigten Staaten in Deutschland oder einem anderen Schengen-Staat aufgehalten haben.
Reisen in mein Urlaubsland sind grundsätzlich möglich. Mir ist trotzdem unwohl. Kann ich meine Reise absagen?
Grundsätzlich besteht nur ein Recht auf den gebührenfreien Rücktritt von der Reise, wenn diese wegen außergewöhnlicher Umstände erheblich beeinträchtigt ist. Das kann im jeweiligen Land allerdings durchaus auch ohne Reisewarnung so sein. „Eine Reisewarnung ist zwar ein starkes Indiz dafür, aber es können auch andere erhebliche Umstände im Zusammenhang mit der Durchführung der Reise vorliegen, die zu einer kostenfreien Stornierung berechtigen“, erläutert Fischer-Volk. Das gelte etwa bei einer gravierenden Änderung der Reiseroute oder wenn vormals gebuchte Hotels, Sehenswürdigkeiten oder Veranstaltungen aus dem Programm geflogen sind. So wird es wohl auch darauf ankommen, wie genau die Reisehinweise für die einzelnen Länder ausfallen werden. Finden sich darin Aussagen, die auf außergewöhnliche Umstände schließen lassen, könnte ein kostenloser Reiserücktritt weiter möglich sein. (dpa/AZ)