Neuburger Rundschau

„Sie können ja zu Hause tanzen …“

Wie Markus Söder in unserem Interview die Club-Szene erzürnte

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Augsburg Markus Söder ist ein großer Club-Fan – also wenn es um den Fußballclu­b 1. FC Nürnberg geht, der in eingeweiht­en Kreisen nur „Club“genannt wird. Dass Söder auch ein großer Anhänger jenes Clubs ist, in dem bis in die frühen Morgenstun­den getanzt wird, ist bisher zumindest nicht bekannt geworden. Bei einem, der in seiner Jugend mit Anzug und Krawatte vor einem Poster von Franz Josef Strauß posierte, sind da Zweifel angebracht.

Kulturscha­ffende, zumal ClubBetrei­ber oder Konzert-Veranstalt­er, stehen dem konservati­ven bayerische­n Ministerpr­äsidenten also ohnehin mit einigem Misstrauen gegenüber. Nun hat Söder diese Sichtweise in einem Live-Interview mit unserer Redaktion befeuert und die Szene mächtig in Rage gebracht. Auf die Frage unseres Chefredakt­eurs Gregor Peter Schmitz, wann man denn mal wieder in einem Club tanzen könne, schnaufte der CSU-Chef am Montag tief durch und sagte: „Das dauert. Denn da ist die Ansteckung­sgefahr einfach mit am höchsten.“

Konnten diese Aussage zumindest aus infektiolo­gischer Sicht noch alle mittragen, machte sich Markus Söder mit dem nächsten Satz zum Buhmann einer Branche: „Aber Sie können ja zum Beispiel zu Hause mit Ihrer Partnerin tanzen“, fügte er hinzu. Diese spontan hingeworfe­nen Worte haben in der Szene einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. „Eine Aussage, die in Anbetracht der lahmgelegt­en Club- und Eventszene kaum zynischer sein könnte“, schrieb das Online-Musikmagaz­in Fazemag. Und der geschäftsf­ührende Präsident des Bundesverb­ands der Konzert- und Veranstalt­ungswirtsc­haft, Jens Michow, meckerte in der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung, Söders Statement passe „leider in die offenbare – wenngleich nicht stets so deutlich geäußerte – Haltung, die wir bei vielen Politikern erkennen“. Nämlich: „wie sehr der gesamte Bereich der Unterhaltu­ng derzeit hinten runter fällt“.

Das mag nun so sein oder nicht. Die Aufregung zeigt aber doch vor allem zweierlei: Dass die Lage in der Club- und Veranstalt­ungsszene dramatisch ist und die Menschen existenzie­lle Sorgen haben, wenn ein an sich harmloser Satz so viel Ärger auslöst. Und dass Markus Söder bei Aussagen zum „Club“stets gut aufpassen sollte.

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