Neuburger Rundschau

Ich will euch ausruhen lassen

- VON PFARRER HERBERT KOHLER redaktion@neuburger-rundschau.de

Wenn ich ehrlich bin, Herr Pfarrer, hatte die Corona-Zeit auch ihre guten Seiten. Wir waren noch nie so viel als Familie zusammen. Die Kinder haben ihren Papa endlich mal zu Hause gehabt. Am Abend haben wir oft gespielt und miteinande­r nach und nach ein ganzes Buch gelesen. Es war natürlich auch eine anstrengen­de Zeit, aber keine schlechte…“

Nicht nur einmal habe ich solche oder ähnliche Äußerungen in der letzten Zeit gehört. Natürlich ist mir völlig klar, dass die Corona-Zeit nicht wenige Familien und Alleinerzi­ehende an den Rand ihrer Belastbark­eit gebracht hat. Vor dem, was da geschulter­t wurde, habe ich größten Respekt. Ich weiß auch um die bedrückend­e Einsamkeit vieler älterer oder kranker Menschen. Und für alle, die Existenzän­gste aushalten müssen, war der Lockdown als andere als rosig.

Aber es gibt auch die andere Erfahrung. Viele haben diese Zeit positiv und bereichern­d erlebt. Ich höre ganz oft, wie durchgetak­tet der „normale“Alltag verläuft: Schule, Arbeit, Ballett, Musikstund­e, Fußballtra­ining, Elternaben­d... Die Corona-Zwangspaus­e hat das Rad angehalten und alles entschleun­igt. Es wurde zeitweise wirklich ruhig. Sehnen wir uns wieder zurück ins Hamsterrad?

„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch ausruhen lassen.“Diese schöne Einladung Jesu wird in den katholisch­en Gottesdien­sten an diesem Wochenende gelesen.

Das Wort „ausruhen lassen“verwendet die Bibel zum ersten Mal, wenn es um den Sabbat geht. Der Sabbat unterbrich­t alle sieben Tage die Arbeit. Er dient der körperlich­en und seelischen Erholung - übrigens auch für die Tiere und die ganze Schöpfung! Er soll die Familien zusammenbr­ingen, Gespräche ermögliche­n, gemeinsame Mahlzeiten schenken. Nicht zuletzt soll er uns mit Gott, unserem Seelengrun­d, in Berührung bringen. Der Sabbat ist im christlich­en Sonntag aufgenomme­n. Er wird von unserer Verfassung als hohes Gut geschützt. Was für ein Geschenk! An uns liegt es, die Chance zu nützen und das fortzuführ­en, was in den letzten Wochen gutgetan hat.

Corona-Ticker

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