Der Mann, der die Batterie der Zukunft baut
Herbert Schein hat als Varta-Chef 300 Millionen Euro an Land gezogen, damit Europa in der Schlüsselbranche aufholt. Er ist tief in unserer Region verwurzelt
Was Herbert Schein kennzeichnet, ist sicher Hartnäckigkeit. Als er zu Varta kam, hörte er, dass der Bereich der Batterien für Hörgeräte ausgereift sei. Da sei, salopp gesagt, nicht mehr viel drin. Varta verkaufte damals einige Millionen der kleinen Batterien im Jahr, hatte 13 Wettbewerber und einen Marktanteil von rund einem Prozent. Der Ingenieur gab sich damit nicht zufrieden. Schritt für Schritt verbesserte das Team die Batterien. „Wir brauchen mindestens jedes Jahr eine Innovation auf dem Markt“, erinnert er sich. Heute stellt Varta allein in Ellwangen 1,2 Milliarden Hörgeräte-Batterien im Jahr her, das Feld der Konkurrenten ist auf zwei geschrumpft.
Herbert Schein fällt auf in der deutschen Wirtschaft. Während in einigen Branchen Manager häufig wechseln, arbeitet er seit 28 Jahren für Varta. Ab 2008 stand er an der Spitze von Varta Microbattery, seit 2016 führt er die Varta AG. Das Unternehmen hat einen großen Namen, war Anfang der 2000er Jahre aber krisengeplagt. Heute geht es Varta gut, die Firma expandiert. Die Entwicklung ist eng verbunden mit Schein und seinem Blick auf Batterien. Stück für Stück, das ist seine Überzeugung, werden immer mehr elektrische Geräte schnurlos. In einigen Jahren werde es kaum mehr Kopfhörer oder Bohrmaschinen mit Stecker geben. „Wir haben Varta zum Technologiekonzern ausgebaut, das war anfangs meine Vision“, sagt er. Der jüngste Meilenstein: Varta bekommt 300 Millionen Euro Fördergeld, um in Europa die Batterie-Technologie weiterzuentwickeln. Herbert Schein hatte verschiedene internationale Positionen inne und kennt die amerikanischen und asiatischen Märkte gut. Dabei ist er tief verwurzelt in der Region. Geboren ist er in Oettingen, seine Eltern hatten im nahen Munnigen im Kreis Donau-Ries ein landwirtschaftliches Anwesen. Schein hat das Gebäude saniert und wohnt dort heute mit seiner Familie. Nach dem Studium der Elektrotechnik an der Hochschule Augsburg arbeitete er in der Halbleiter-Branche, wechselte dann schnell zu Varta. Er ist verheiratet, hat zwei Töchter und einen Sohn. Seine knappe Freizeit verbringt er gerne am Rande des Fußballplatzes, wo sein Sohn für den
TSV Nördlingen spielt. Auch seiner Tochter drückt er die Daumen, die im Springreiten aktiv ist. „Familie ist mir sehr wichtig“, sagt der 55-Jährige. „Auf dem Land zu leben, ist ein wichtiger Ausgleich zu der hohen Taktzahl, die unser Beruf bietet.“In einem Interview gab er an, saftiger Sauerbraten oder eine Ente mit Knödeln weckten seinen Appetit eher als ein Kresse-Schaumsüppchen an Teriyaki-Tofu.
Vielleicht ist es gut, privat geerdet zu sein, wenn man beruflich an Zukunftstechnologien arbeitet. „Die Batterie ist eine Schlüsselindustrie, die Europa nicht allein dem asiatischen und amerikanischen Markt überlassen darf“, ist Schein überzeugt. Unterstützung bekommt er: Bald besuchen Ministerpräsident Markus Söder und Staatssekretär Roland Weigert das Werk in Nördlingen. Michael Kerler