Rätsel nach Tod von Rathauschef
Suizid nach Sex-Vorwürfen?
Seoul Nach dem mutmaßlichen Suizid des Bürgermeisters der ZehnMillionen-Metropole Seoul, Park Won-soon, kommen weitere Details zu den Vorwürfen der sexuellen Belästigung gegen ihn ans Licht. Eine Ex-Sekretärin im Bürgermeisteramt der südkoreanischen Hauptstadt hatte vor Parks Tod am Donnerstag Anzeige erstattet. Ihre Anwältin sagte am Montag vor Journalisten, ihre Mandantin beschuldige Park, sie vier Jahre lang regelmäßig bedrängt zu haben. Die Belästigungen hätten auch noch stattgefunden, nachdem ihre Mandantin versetzt worden sei, so die Anwältin. Park habe ihre Mandantin „durch körperlichen Kontakt und Aufforderungen, ihn zu umarmen, sexuell missbraucht“. Auch habe er sie eingeladen, einem geheimen Chatroom auf der Plattform Telegram beizutreten, wo er obszöne Texte und Fotos von sich gepostet habe.
Der 64-jährige Park war am Freitag nach Mitternacht an einem Berg im Norden von Seoul tot aufgefunden worden. Am Donnerstag hatte seine Tochter eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Die Polizei geht davon aus, dass Park sich das Leben genommen hat. Der frühere Menschenrechtsanwalt war seit Oktober 2011 Bürgermeister von Seoul. Er wurde zweimal wiedergewählt.
Vertreterinnen von Frauengruppen riefen auf der Pressekonferenz die Strafverfolgungsbehörden auf, dem Fall auf den Grund zu gehen. Es handle sich um einen typischen Fall von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und einer Demonstration von Macht. In einer verlesenen Erklärung der Ex-Sekretärin hieß es, sie habe sich verletzlich und machtlos gefühlt. Sie habe den Schutz durch das Gesetz gesucht. Die Vorwürfe wurden am selben Tag bekannt, an dem die Trauerfeierlichkeiten endeten, die von der Stadt Seoul organisiert wurden. Bei einer ins Internet übertragenen Zeremonie im Rathaus nahmen wegen der Corona-Pandemie etwa 100 Menschen Abschied von Park Won-soon.