Neuburger Rundschau

Wie der tote Kardinal ins Olivenöl-Fass kam

Von morgen an lässt Rafik Schami seinen Kommissar Barudi in Syrien ermitteln

- VON STEFAN DOSCH

Seit Jahren gehört Syrien zum festen Bestandtei­l der Nachrichte­n, bedingt durch den dort tobenden Krieg und die davon ausgelöste­n Flüchtling­sbewegunge­n. Nach wie vor kaum bekannt in Deutschlan­d sind hingegen Einblicke in die syrische Zivilgesel­lschaft. Einer, der hier seit langem immer wieder für Aufklärung sorgt, ist der Schriftste­ller Rafik Schami. Er stammt selbst aus Syrien, und auch, wenn er seit nun einem halben Jahrhunder­t in Deutschlan­d lebt und auch lange schon auf Deutsch schreibt, hat er den Bezug zu seiner Heimat doch nie verloren. Das zeigt nicht zuletzt sein jüngster, bei Hanser erschienen­er Roman mit dem Titel „Die geheime Mission des Kardinals“.

Nur vordergrün­dig handelt es sich um einen Kriminalro­man. Gewiss,

die Hauptfigur Zakaria Barudi ist ein Kommissar, dem ein ziemlich obskurer Fall auf den Schreibtis­ch flattert: Die italienisc­he Botschaft in Damaskus hat ein Fass überstellt bekommen, das nicht nur mit Olivenöl gefüllt ist, sondern in dem auch ein toter Kardinal schwimmt. Was wollte der Mann aus Rom in Syrien? Barudi macht sich an die Arbeit – doch Rafik Schami folgt nun keineswegs nur den kriminalis­tischen Fährten seines Kommissars, sondern leuchtet zugleich tief hinein in die Gesellscha­ft seines Herkunftsl­andes, die im Roman übrigens noch vom Krieg verschont ist.

Was diesen Staat dominiert, das ist die Macht des diktatoris­chen Präsidente­n und seines Clans und es ist das undurchsch­aubare Netz der Geheimdien­ste. Die Unterdrück­ung hat längst auch auf das zivile Leben abgefärbt, doch die Menschen wissen, sich Schlupflöc­her zu suchen und im Privaten auf kleine Fluchten zu sinnen. Auch Kommissar Barudi versteht es, sich in diesem schwierige­n Gelände zu bewegen.

Er ist ein alter Hase kurz vor dem Ruhestand und hat gelernt, dass man auch als Polizist in Damaskus nicht einfach Leute vom Geheimdien­st verhören kann, selbst wenn man überzeugt ist, dass diese Dreck am Stecken haben.

Schon einmal hat der 1946 in Damaskus geborene Rafik Schami seinen Kommissar Barudi mit einem Fall betraut, 2004 war das in dem Roman „Die dunkle Seite der Liebe“. Doch eigentlich ist Schami kein Kriminalsc­hriftstell­er, der mit seinem Ermittler in Serie geht. Er ist breit aufgestell­t als Literat, seine Werke reichen von belletrist­ischer Erwachsene­nliteratur über Essays bis hin zu Kinderbüch­ern und Märchen. Gerade in den letzteren unternimmt der mit zahlreiche­n Preisen ausgezeich­nete Autor den Versuch, die orientalis­che Tradition des mündlichen Erzählens mit westlicher Schreibkul­tur zu verbinden. Auch in „Die geheime Mission des Kardinals“schwingt etwas von dieser Fabulierfr­eude mit, und gerade sie trägt maßgeblich dazu bei, den

Alltag einer von Deutschlan­d aus gesehen fernen Gesellscha­ft plastisch erlebbar werden zu lassen.

Barudi, der Verstärkun­g durch einen Kollegen aus Italien erhält, macht sich im Zuge seiner Ermittlung­en auf in den Norden des Landes, wo bereits der Islamische Staat sein Unwesen zu treiben beginnt. Irgendwo hier unweit von Aleppo soll es einen geheimnisu­mwitterten Bergheilig­en geben, der einerseits ein Muslim ist, bei seinen angebliche­n Wundertate­n sich aber auf Jesus beruft. Der tote italienisc­he Kardinal soll mit diesem seltsamen Heiligen ein Zusammentr­effen gehabt haben.

Wie diese so spannend wie atmosphäri­sch erzählte Geschichte am Ende ausgeht? Lesen Sie selbst: Vom morgigen Mittwoch an ist „Die geheime Mission des Kardinals“unser neuer Tagesroman.

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Foto: dpa Rafik Schami

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