Neuer Lebensraum in der Donau
Der Neuburger Verein setzt zweieinhalb Tonnen Karpfen, Schleien, Zander und Weißfische ein. Ziel ist ein Auftrieb für gefährdete Arten. Was im Corona-Jahr anders ist und was es mit „Karpfen to go“auf sich hat
Neuburg Ab in die Freiheit: Zweieinhalb Tonnen Karpfen, Schleien, Zander, Barben und Nasen fanden am Samstag in der Donau und ihren Nebenflüssen eine neue Heimat. Der Fischereiverein Neuburg brachte seinen Jahresbesatz ein. Zur Schonung der „Neulinge“ist in den nächsten beiden Wochen das Fischen in der Donau von Bertoldsheim bis Bergheim untersagt.
Frost und Nebel begleiteten die Aktion mit 30 Helfern an der Neuburger Schlösslwiese. Nachdem Fischwirtschaftsmeister Alfred Stier mit seiner Lebendfracht aus dem 240 Kilometer entfernten Bärnau in der Oberpfalz eingetroffen war, musste es schnell gehen: Wasseraustausch, Fische umladen und zu den Stauhaltungen Bergheim, Bittenbrunn und Bertoldsheim fahren. Das THW half bei der Fischverteilung mit seinen Motorbooten. Vor allem die Raubfische bevorzugen weiträumige Reviere.
Der Verein setzte weniger als in den Vorjahren ein. „Im Corona-Jahr 2020 sind uns Einnahmen weggebrochen, wir müssen sparen“, erklärt Gewässerobmann Hans Eser die Lage. Von den 25.000 Euro Besatzkosten dieses Jahres übernimmt die Uniper Wasserkraft GmbH 15.000. Der Kraftwerksbetreiber ist per Rechtsbescheid zu einem Ausgleich für die aufgestaute Donau und für den Schwellbetrieb verpflichtet.
Die Auswahl der Arten und Anzahl der Satzfische orientiert sich flexibel an den ökologischen Rahmenbedingungen. „Wir regeln das einvernehmlich mit den Fischereiberechtigten“, betont Christian Buchbauer, der „Shareholder-Beauftragte“von Uniper Wasserkraft. Zusammen mit einer Kollegin verfolgte er erstmals die Aktion in Neuburg.
Wolfgang Bachhuber, Erster Vorsitzender des Fischereivereins, hatte heuer unter anderem mit einem Hecht von einem Meter Länge Anglerglück. „Natürlich will jeder ehrgeizige Fischer einmal einen
erwischen“, weiß der Vereinschef, „aber unsere Ziele sind auch gepflegte Gewässer mit einer ausgesprochenen Artenvielfalt.“Deshalb setzen die Neuburger nicht nur die begehrten Zander oder Schleien ein, sondern auch die früheren „Brotfische“Brachsen, Barben, Nerflinge, Nasen und Rotaugen. 33 der 75 Fischarten in Bayern sind vom Aussterben bedroht. Für die strömungsliebende Nase hat der Freistaat Bayern ein landesweites Artenschutzprogramm aufgelegt. Weißfische sind mittlerweile rar geworden. Auch Hechte sind heuer kaum zu bekommen. „Es fehlen die Futterfische für die Räuber und das Plankton nimmt ab“, hat Fachmann Alfred Stier beobachtet, „auch die Fischwelt ändert sich.“Der Bürgermeister von Bärnau und Vizepräsi‘Großen’ dent des Landesfischereiverbandes Bayern liefert mittlerweile seit 30 Jahren Fische aus seiner Zucht nach Neuburg.
Die Auswirkungen der Pandemie beuteln auch die Branche im „Land der tausend Teiche“. Zum Osterfest seien so gut wie keine Karpfen verkauft worden, so Alfred Stier, dafür habe es im Sommer überraschende Umsätze gegeben. Die Gastronomie ist wieder geschlossen, in Franken und in der Oberpfalz bieten die Teichwirte jetzt „Karpfen to go“an – paniert und gebraten zum Mitnehmen. Karpfen zu essen hat an Weihnachten oder Silvester Tradition, „jetzt bin ich nur auf dieses Geschäft gespannt“, sagt Teichwirt Alfred Stier. Mit seinen Kollegen in 8000 Betrieben erntet er etwa 6000 Tonnen Karpfen jährlich in Bayern.