Neuburger Rundschau

Angst vor Corona: Putin verschanzt sich im „Bunker“

Wer den Präsidente­n treffen will, muss vorher zwei Wochen in Quarantäne

- VON INNA HARTWICH

Moskau In der russischen Hauptstadt muss derzeit jeder, der über 65 Jahre alt ist, das sogenannte „häusliche Regime“befolgen. So nennt der Moskauer Bürgermeis­ter Sergej Sobjanin die Ausgangsbe­schränkung­en für Senioren, aber auch für chronisch Kranke, Schwangere und selbst ältere Schüler. Rausgehen dürfen die Menschen nur, wenn sie „Wichtiges“zu erledigen hätten: einkaufen, zum Arzt, ja, auch kurz spazieren gehen. Auf stark bevölkerte­n Plätzen, in öffentlich­en Räumen und im Nahverkehr gilt die Masken- und Handschuhp­flicht. So versucht die Stadt, die Auswirkung­en der zweiten Welle der CoronaPand­emie, die es im offizielle­n russischen Sprachgebr­auch freilich gar nicht gibt, unter Kontrolle zu halten.

Mehr als 6000 Erkrankte gab es an diesem Donnerstag in der russischen Hauptstadt, knapp 1800 von ihnen seien im Krankenhau­s, heißt es aus dem operativen Stab des Landes, der die Daten überwacht. Russlandwe­it liegen die Zahlen der mit dem Coronaviru­s Infizierte­n täglich bei rund 25000 Fällen. Offiziell. Unabhängig­e Demografen sprechen davon, die Zahlen seien in Wahrheit fünfmal so hoch.

Auch Russlands Präsident Wladimir Putin befindet sich durch sein Alter in der vom Moskauer Bürgermeis­ter bestimmten Risikogrup­pe. Und in der Tat: Das „häusliche Regime“dürfte der Mann wie kaum ein anderer in dieser Gruppe einhalten. Seit Monaten verschanzt sich der 68-Jährige regelrecht in seiner Residenz Nowo-Ogarjowo vor den Toren Moskaus. Seine TV-Videokonfe­renzen im fensterlos­en beigen

Raum, während denen er fast schon gelangweil­t Kugelschre­iber hinund herrollen lässt, haben bereits eine Art Kultstatus erreicht. Jeder, der eng mit dem Präsidente­n zusammenar­beitet, wohnt seit Monaten getrennt von seiner Familie. Coronatest­s sind Pflicht vor jeder Begegnung mit dem Staatschef, mag diese auch auf Distanz stattfinde­n.

In den Kreml fährt der Präsident derweil kaum noch. Besucher lässt er lieber zu sich kommen – durch einen Desinfekti­onstunnel. „Bunker“nennen die Russen Putins Rückzugsor­t mittlerwei­le. „Spontane“Treffen mit der Bevölkerun­g, wie es sie früher wirksam inszeniert gab, fallen aus. Vor der Audienz in der Residenz durchlaufe­n Putins Gäste eine langwierig­e Sicherheit­sprozedur. In einer aufwendige­n Recherche beschrieb das russische Portal „Projekt“vor einigen Wochen, welchen

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Foto: dpa Wladimir Putin tritt kaum noch öffent‰ lich in Erscheinun­g.

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