Sie warmherzig, er temperamentvoll
Christa und Trutz Baier haben sich vor 71 Jahren kennengelernt. Jetzt sind sie 65 Jahre lang verheiratet und feiern ihre „Eiserne Hochzeit“. Dass sie gemeinsam viel erlebt haben, liegt auf der Hand
Neuburg Sie passen einfach perfekt zusammen: die warmherzige Christa und ihr temperamentvoller Trutz. Kein Wunder, dass das Ehepaar Baier seit mittlerweile 65 Jahren verheiratet ist. Den „Eisernen Hochzeitstag“feiern sie heute im Kreis ihrer Liebsten. Denn für Christa und Trutz gibt es nichts Wichtigeres als die Familie. Wie das Ehepaar sich vor 71 Jahren kennengelernt hat, bezeichnet Trutz als eine Fügung des Schicksals.
Ein gemeinsamer Lebensweg war vor über sieben Jahrzehnten nämlich alles andere als wahrscheinlich. Dass die beiden ausgerechnet in Minkwitz aufeinandertrafen, verdankten sie einem Umzug und später auch dem Kriegsende. Christas Eltern waren 1933 in den kleinen Ort in Sachsen gekommen, als das Mädchen zwei Jahre alt war. Mit Christa und deren älterem Bruder lebte die Familie auf einem riesigen Hof, schließlich war Christas Vater Landwirt. Das Mädchen besuchte die Volksschule, dann das Gymnasium und war vier Jahre in einem Internat untergebracht. Christa quälte zu dieser Zeit das Heimweh, schon Sonntagnachmittag wollte sie keinen rechten Appetit mehr haben, bevor der Vater sie mit dem Pferdewagen wieder ins Internat fuhr. Alles endete abrupt, als im Jahr 1945, während des Zweiten Weltkriegs, Dresden angegriffen wurde. Danach beschloss Christa, nicht mehr in die Schule, sondern stattdessen als Hauswirtschafterin in die Lehre zu gehen.
Nach dem Krieg erreichte auch Trutz schließlich den kleinen Ort Seine Familie kommt ursprünglich aus Schlesien, dort wurde er 1929 geboren. 1945 reiste Trutz mit den Eltern und zwei Brüdern nach Westen. Mit Pferde- und Ochsenkarren fuhren sie bis zu einem Gehöft in Minkwitz - nur wenige Meter von Christas Elternhaus entfernt. Christa sieht Trutz zunächst nur, wenn dieser mit dem Rad an Christas Elternhaus vorbeifährt, damals sein täglicher Schulweg. Trutz macht zu dieser Zeit sein Abitur nach. Durch einen zufälligen Besuch der Eltern lernte sich das spätere Ehepaar schließlich kennen und bald auch lieben.
Doch das Paar hat es in der folgenden Zeit nicht leicht. Trutz beginnt sein Studium als Bauingenieur in München, Christa bleibt in Sachsen. Die Teilung Deutschlands machte Treffen zunehmend schwierig. Dreimal schlich sich Christa heimlich über die Grenze in den Westen, durch einen Bekannten kennt sie einen versteckten Pfad. Bei Nacht und Nebel macht sie sich auf, um ihren Freund in München zu besuchen. Erst 1954 durfte die junge Frau mit einer offiziellen Genehmigung zu ihrem Trutz reisen.
Zusammengeschweißt durch die kleine Odyssee folgte 1955 die Hochzeit von Christa und Trutz Baier. Am 10. Dezember gaben sich die beiden standesamtlich das JaWort. Für den besonderen Anlass hatte sich Christa extra einen hübschen Hut und einen schicken Mantel von ihrer Schwägerin ausgeliehen. Gut zwei Wochen später, am 28. Dezember, folgte dann die kirchliche Trauung im kleinen famiMinkwitz. liären Kreis. Gerade einmal 25 Gäste waren bei der Feier auf dem heimischen Hof dabei. Die einzige Besonderheit: Eine Kochfrau, die auch zum putzen und schneidern engagiert wurde, zauberte ein köstliches Essen. Doch Trutz und Christa sind glücklich. Sie brauchen nicht mehr als sich und ihre Familie. Auch eine Hochzeitsreise wird nicht geplant. Schließlich muss Trutz nach Neujahr wieder in die Baufirma zurück.
Gemeinsam zog das Paar mehrmals um, immer wenn die Firma einen neuen Standort eröffnete, an dem Trutz gebraucht wird. 1957 wohnen die beiden in Amberg, hier kommt die gemeinsame Tochter auf die Welt. Zwei Jahre später wird ihr Sohn geboren, die Familie lebt zu dieser Zeit gerade frisch in Neuburg. Trutz arbeitete als Leiter bei der Firma Schulz, wo auch Christa immer wieder aushalf. Gemeinsam zogen sie in Neuburg in ein großes Haus. „Das war unser Traum“, sagt Christa heute, „denn wir wollten viel Platz haben, um unsere Familie oft einladen zu können.“
Auch heute kommen die Kinder regelmäßig zu Besuch, die drei Enkelkinder sind der ganze Stolz von Christa und Trutz. Durch die lange Verbundenheit, alle Erlebnisse und natürlich die gemeinsame Familie fühlen sich die Eheleute oft wie zwei Puzzlestücke, die nur zusammen ganz sind. „Ohne Christa gibt es hier für mich nichts mehr“, sagt Trutz und lächelt seine Frau glücklich an. In ihrem Haus sind mittlerweile Treppenlift und Rollatoren eingekehrt, doch für die fast 90-jährige Christa und ihren 91-jährigen Mann ist es die Hauptsache, dass sie immer noch zu Hause wohnen können. „Ich backe mit meinen Enkeln gerne Plätzchen und wir haben viel Kontakt zu unseren wunderbaren Nachbarn“, freut sich Christa.
Wenn die beiden auf ihre Ehe zurückblicken, beginnen ihre Augen zu strahlen. „Wir haben schon verrückte Dinge erlebt“, sind sie sich einig. Dass sie die vielen Jahrzehnte gemeinsam durchstanden haben, schreibt Christa einer einfachen Formel zu: „Man muss gegenseitig Rücksicht nehmen und sich nach jedem Streit aussprechen.“Und man solle auch mal nachgeben, fügt ihr Mann mit einem Augenzwinkern hinzu. Was seiner Meinung nach der Schlüssel zu der glücklichen Ehe mit seiner Frau ist? „Wir wollten einfach immer zusammen sein. Man muss es wirklich wollen, dann klappt es auch.“