Verwirrung um Terminvergabe für Impfungen
Gesundheit Wie der Freistaat die Betroffenen informiert – und warum es daran Kritik gibt
Augsburg/Berlin Die Bilder gingen durch das ganze Land: Hochbetagte Menschen, meist Frauen, die sich in Pflegeheimen gegen das Coronavirus impfen ließen – und damit den Startschuss für die größte Impfaktion aller Zeiten in Deutschland gaben. Vorerst sind es vor allem mobile Teams, die den Impfstoff der Hersteller Biontech und Pfizer in Alten- und Pflegeheimen verteilen. Bis spätestens Januar sollen überall aber die Impfzentren ihre Türen öffnen – und auch Personen über 80, die daheim leben oder gepflegt werden, das Serum erhalten.
Doch wie erfahren Senioren und Risikopatienten, ab wann sie für die Impfung in Frage kommen – und wie gelangen sie an einen Termin? Die Antwort ist nicht ganz leicht, denn sie fällt in allen Bundesländern unterschiedlich aus. Jedes Land legt eigens fest, ob die Älteren einen Termin per Post zugeteilt bekommen oder diesen selbst im Internet reservieren müssen. Manche nutzen den bundesweiten Patientenservice unter der Nummer 116117, andere wiederum nicht, wieder andere leiten sie auf eigene Nummern weiter.
In Bayern wird es eine Art Mischform geben: Die Staatsregierung schreibt die Betroffenen nach den Worten von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) per Brief an, um einen Termin müssen sie sich dann im Anschluss aber selbst kümmern. In dem Schreiben sollen allerdings alle wichtigen Informationen zur Terminvergabe enthalten sein. Eine entsprechende Internetseite wird in den kommenden Tagen freigeschaltet. Einige Kommunen wie etwa auch Augsburg preschen außerdem vor und schreiben ihre Einwohner selbst an.
Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen, geht das Vorgehen der Staatsregierung nicht weit genug. „Ein Brief ist zwar gut, aber es darf nicht dabei bleiben.“Sie fordert darüber hinaus eine umfassende Aufklärungskampagne: „Älteren Menschen müssen ihre Ängste genommen werden, offene Fragen müssen verständlich beantwortet werden. Die Informationen müssen barrierefrei, mehrsprachig und zielgruppengerecht sein.“Sie fordert, dass Kommunen direkt bei den betroffenen Senioren nachfragen, ob sie ihren Brief erhalten haben, und dass ein Shuttleservice zum Impfzentrum zur Verfügung gestellt wird. „Nur auf eine Website zu verweisen, ist nicht genug. Die Staatsregierung muss auch die älteren Menschen mitnehmen und sie darüber aufklären, wie wichtig die Impfung für ihre Lebensqualität ist.“
Karin Maag hat selbst erlebt, wie viele Hürden es auf dem Weg zu einem Impftermin geben kann. Maag ist Bundestagsabgeordnete aus Stuttgart und gesundheitspolitische Sprecherin von CDU und CSU. Sie hatte in den vergangenen Tagen vergeblich versucht, für ihre 85-jährige Mutter einen Impftermin über den Patientenservice unter der Nummer 116 117 zu reservieren.
Die CDU-Politikerin bemängelt die Pannen zum Impfstart. „Es kann nicht sein, dass man eine Impfkampagne startet und dann keine Termine bekommen kann“, sagte sie unserer Redaktion. „Das sind Anfängerfehler. Das ärgert mich.“Maag verlangte, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Konferenz mit seinen Amtskollegen aus den Bundesländern einberufen müsse, um dem Problem Herr zu werden.
Spahns Ministerium verweist jedoch darauf, dass die Länder für Impfungen und Termine zuständig sind. Die Bundesländer können einer Sprecherin zufolge das Terminsystem hinter der Patientennummer nutzen – müssten das aber nicht.
Einen ausführlichen Bericht zum Vorgehen im Freistaat lesen Sie auf
Bayern. Auch der Leitartikel beschäftigt sich mit Impfstart in Deutschland.