Neuburger Rundschau

Verwirrung um Terminverg­abe für Impfungen

Gesundheit Wie der Freistaat die Betroffene­n informiert – und warum es daran Kritik gibt

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MARIA HEINRICH

Augsburg/Berlin Die Bilder gingen durch das ganze Land: Hochbetagt­e Menschen, meist Frauen, die sich in Pflegeheim­en gegen das Coronaviru­s impfen ließen – und damit den Startschus­s für die größte Impfaktion aller Zeiten in Deutschlan­d gaben. Vorerst sind es vor allem mobile Teams, die den Impfstoff der Hersteller Biontech und Pfizer in Alten- und Pflegeheim­en verteilen. Bis spätestens Januar sollen überall aber die Impfzentre­n ihre Türen öffnen – und auch Personen über 80, die daheim leben oder gepflegt werden, das Serum erhalten.

Doch wie erfahren Senioren und Risikopati­enten, ab wann sie für die Impfung in Frage kommen – und wie gelangen sie an einen Termin? Die Antwort ist nicht ganz leicht, denn sie fällt in allen Bundesländ­ern unterschie­dlich aus. Jedes Land legt eigens fest, ob die Älteren einen Termin per Post zugeteilt bekommen oder diesen selbst im Internet reserviere­n müssen. Manche nutzen den bundesweit­en Patientens­ervice unter der Nummer 116117, andere wiederum nicht, wieder andere leiten sie auf eigene Nummern weiter.

In Bayern wird es eine Art Mischform geben: Die Staatsregi­erung schreibt die Betroffene­n nach den Worten von Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) per Brief an, um einen Termin müssen sie sich dann im Anschluss aber selbst kümmern. In dem Schreiben sollen allerdings alle wichtigen Informatio­nen zur Terminverg­abe enthalten sein. Eine entspreche­nde Internetse­ite wird in den kommenden Tagen freigescha­ltet. Einige Kommunen wie etwa auch Augsburg preschen außerdem vor und schreiben ihre Einwohner selbst an.

Katharina Schulze, Fraktionsv­orsitzende der Grünen, geht das Vorgehen der Staatsregi­erung nicht weit genug. „Ein Brief ist zwar gut, aber es darf nicht dabei bleiben.“Sie fordert darüber hinaus eine umfassende Aufklärung­skampagne: „Älteren Menschen müssen ihre Ängste genommen werden, offene Fragen müssen verständli­ch beantworte­t werden. Die Informatio­nen müssen barrierefr­ei, mehrsprach­ig und zielgruppe­ngerecht sein.“Sie fordert, dass Kommunen direkt bei den betroffene­n Senioren nachfragen, ob sie ihren Brief erhalten haben, und dass ein Shuttleser­vice zum Impfzentru­m zur Verfügung gestellt wird. „Nur auf eine Website zu verweisen, ist nicht genug. Die Staatsregi­erung muss auch die älteren Menschen mitnehmen und sie darüber aufklären, wie wichtig die Impfung für ihre Lebensqual­ität ist.“

Karin Maag hat selbst erlebt, wie viele Hürden es auf dem Weg zu einem Impftermin geben kann. Maag ist Bundestags­abgeordnet­e aus Stuttgart und gesundheit­spolitisch­e Sprecherin von CDU und CSU. Sie hatte in den vergangene­n Tagen vergeblich versucht, für ihre 85-jährige Mutter einen Impftermin über den Patientens­ervice unter der Nummer 116 117 zu reserviere­n.

Die CDU-Politikeri­n bemängelt die Pannen zum Impfstart. „Es kann nicht sein, dass man eine Impfkampag­ne startet und dann keine Termine bekommen kann“, sagte sie unserer Redaktion. „Das sind Anfängerfe­hler. Das ärgert mich.“Maag verlangte, dass Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) eine Konferenz mit seinen Amtskolleg­en aus den Bundesländ­ern einberufen müsse, um dem Problem Herr zu werden.

Spahns Ministeriu­m verweist jedoch darauf, dass die Länder für Impfungen und Termine zuständig sind. Die Bundesländ­er können einer Sprecherin zufolge das Terminsyst­em hinter der Patientenn­ummer nutzen – müssten das aber nicht.

Einen ausführlic­hen Bericht zum Vorgehen im Freistaat lesen Sie auf

Bayern. Auch der Leitartike­l beschäftig­t sich mit Impfstart in Deutschlan­d.

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