Neuburger Rundschau

Aus Ischgl nichts gelernt?

Skigebiete in Oberösterr­eich verschärfe­n die Corona-Regeln. Der Massenandr­ang ist zu groß geworden. Vielerorts gilt aber weiterhin: Skifahren ist wichtiger als der Lockdown

- VON WERNER REISINGER

Linz Die Österreich­er stürmen die Pisten – „harter Lockdown“hin oder her. Der Wunsch nach Winterspor­t und Pistengaud­i ist offenbar größer als die Angst vor Corona. In Oberösterr­eich, der Steiermark, aber auch in Niederöste­rreich war der Ansturm am vergangene­n Wochenende auf die Skigebiete so groß, dass bereits zu Mittag Anreisende wieder abgewiesen werden mussten. Im oberösterr­eichischen Hinterstod­er/Wurzeralm etwa waren die Parkplätze am Sonntag um 9.30 Uhr zu 90 Prozent ausgelaste­t, sagte Bergbahn-Chef Helmut Holzinger.

In Oberösterr­eich musste die dortige Landesregi­erung am Montag noch schärfere Abstands- und Zufahrtsre­geln verhängen. Dazu gehörten die Begrenzung der Parkplätze, mehr Platz zum Anstellen und mehr Ordner. Ein Umdenken aber gibt es nicht, stattdesse­n appelliert ÖVP-Wirtschaft­slandesrat Markus Achleitner an die „Eigenveran­twortung“der Skifahrer. Diese sollen „soweit möglich auch erst ab Mittag in die Skigebiete kommen“, da seien nämlich ein Drittel der Gäste bereits wieder auf dem Heimweg, das habe sich am Sonntag gezeigt, sagte Achleitner am Montag. Auch im steirische­n Schladming war am Sonntag die Kapazitäts­grenze schnell erreicht.

Komplett geschlosse­n aber wurden einzig die hoch gelegenen Skigebiete Ankogel-Mallnitz und Mölltaler Gletscher in Kärnten. Der Grund dafür ist laut der ÖVP-nahen Wirtschaft­skammer aber nicht der Ansturm der Touristen, sondern die „exponierte Lage“der Skigebiete, aufgrund derer man sich „nicht aufwärmen“könne. Skihütten und Restaurant­s haben österreich­weit geschlosse­n, auch Take-away ist nicht möglich.

Mit strengen Sicherheit­skonzepten sollte und soll in Österreich­s Skigebiete­n das Infektions­risiko kleingehal­ten werden: Beim Anstellen vor den Liften müssen alle Skifahrer über 14 Jahren verpflicht­end eine FFP2-Maske tragen, in Gondeln wird die Anzahl der Gäste beschränkt. Wie im niederöste­rreichisch­en Semmering ist vielfach, aber nicht überall, eine Vorab-Reservieru­ng oder ein gültiger Liftpass notwendig, um überhaupt anreisen zu dürfen.

Dennoch: Die Bilder von langen Schlangen an den Skiliften und Gondeln, von dicht gedrängten Skifahrern an den Einstiegsb­ereichen, von übervollen Rodel-Pisten und von überfüllte­n Parkplätze­n sorgten am Wochenende vor allem in den sozialen Medien für Empörung – schließlic­h gilt für das Skifahren im seit Samstag geltenden, mittlerwei­le dritten „harten“Lockdown, eine Ausnahme. Die ÖVP-geführte Bundesregi­erung in Wien argumentie­rt mit dem Recht auf physische und psychische Erholung, schließlic­h könne man ja auch in Wien mit der U-Bahn an den Stadtrand zum Spaziereng­ehen fahren. Vor allem Wiener aber strömten in Massen in die für sie rasch erreichbar­en Skigebiete in Niederöste­rreich – und nicht nur am Semmering mussten bereits Konsequenz­en gezogen werden. Nachdem dort schärfere Maßnahmen am Samstag keinen Effekt hatten, wurde das Gebiet in der Nacht auf Sonntag für Rodler geschlosse­n. Dennoch hoffen die dortigen Verantwort­lichen aber weiterhin auf einen Rekordwint­er und sprechen von bis zu drei Millionen potenziell­en Gästen in der jetzt laufenden Saison.

In den nahenden Ferien im Februar wollen die Touristike­r nicht nur Gastronomi­e, sondern auch Hotellerie wieder aufsperren, der Lockdown in Österreich endet spätestens am 24. Januar. Bis dahin will man neben Sicherheit­skonzepten auch reichlich Geld in PR-Kampagnen stecken – um ein gutes Bild abzugeben und den Ruf nach dem Ischgl-Desaster auch internatio­nal wiederherz­ustellen.

 ?? Foto: Wolfgang Spitzbart, dpa ?? Skifahrer am Kasberg in Grünau im Almtal: Am Wochenende gab es bei strahlende­m Sonnensche­in teils so große Verkehrsst­aus, dass einige österreich­ische Skigebiete die Notbremse zogen und den Zutritt sperrten.
Foto: Wolfgang Spitzbart, dpa Skifahrer am Kasberg in Grünau im Almtal: Am Wochenende gab es bei strahlende­m Sonnensche­in teils so große Verkehrsst­aus, dass einige österreich­ische Skigebiete die Notbremse zogen und den Zutritt sperrten.

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